Geschichten:Anaxios und Rahja

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Kürzlich verfasster Brief des Anaxios Illosos von Ochs an die Tempelvorsteherin des Rahja-Tempels zu Punin, vor Absendung lektoriert und genehmigt durch Chaliba von Brendiltal:

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Hochwürden Galandi,

liebe Madalena,
 
 
 
 
Viele Götterläufe ist es nun her, dass Ihr mich mit Eurem Fachwissen dabei unterstützt habt, meiner geliebten Chaliba ein in Rahjas Augen (einigermaßen) guter Ehemann zu sein. Ihr erinnert Euch sicherlich an Euren gelehrsamen, jedoch auch durch sehr dogmatisches Denken abgelenkten Schüler Anaxios. Ich darf Euch berichten, dass meine liebste Chaliba vor einigen Jahren zwei wundervolle Kinder (Ruben und Yasmina) zur Welt gebracht hat, von denen eines (Yasmina) Madas Segen empfing. Diese Kinder bereichern unser Leben sehr und ich möchte Euch sagen, dass Ihr durch Eure unnachgiebigen Lehrmethoden maßgeblich zu diesem Glück beigetragen habt. Ich danke Euch (auch im Namen meiner liebsten Chaliba) dafür sehr.

Darüber hinaus möchte ich Euch über die jüngsten Entwicklungen betreffend die Friedensbemühungen unserer geliebten Kaiserin in Kenntnis setzen. Diese betreffen auch die zwölfgöttlichen Kirchen, welche gut daran täten, die künftigen Entwicklungen genauestens zu beobachten.

Ich begab mich mit meiner liebsten Chaliba zum Convent zu Burg Devendoch. Dort verhandelten die Vertreter des Mittelreichs und des Horasreichs über die Aufrechterhaltung des Friedens und es galt zudem, die Festivitäten für die Feier zum Gedenken der Opfer der vor 25 Jahren ausgefochtenen Schlacht zu organisieren. Wir schlossen uns dem Festkomitee an und mussten recht schnell feststellen, dass es dort nicht mit rechten Dingen zuging. Während viele Anwesende versuchten, ihre eigenen Agenden einzubringen und eine größere Delegation von Rahja-Geweihten intensiv versuchte, eine Feierstimmung zu etablieren, bemühten wir uns, an den Ernst der Lage zu erinnern und eine Botschaft an die aktuelle und künftige Generation unterzubringen, dass die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden sollten, wenn dauerhaft Frieden herrschen soll.

Doch unsere Bemühungen wurden durch destruktive Umtriebe sabotiert. Wir wussten zunächst nicht, wie uns geschah. Eine Rahja-Geweihte, die einen Segen sprechen wollte, brabbelte plötzlich unverständliches Zeug, verschiedene Anwesende – ich selbst eingeschlossen – konnten plötzlich nur noch dann kommunizieren, wenn sie reimten, etc. Ich erinnerte mich an Eure Lektionen und bemühte mich redlich, kunstvolle Reime zu bilden, um mich verständlich zu machen. Erst bekam ich keinen Ton heraus, da ich Euren Lehren folgen wollte, indem ich das korrekte Versmaß befolgte, um einen künstlerischen Wert zu schaffen. Aber ich litt zunächst unter einer künstlerischen Denkblockade. Man sollte doch meinen, dass ein Magus, der seine Zaubersprüche ständig in Reimform ausspricht, in der Lage sein sollte, auch außerhalb der Zauberei zu reimen. Aber Pustekuchen - ich war einigermaßen frustriert, da ich aus der Not eine Tugend machen wollte und dies scheiterte. Als dann auch noch die Integrität meines Verstandes in Zweifel gezogen wurde, besann ich mich auf Eure Unterweisung der Gelassenheit und brachte tatsächlich einen gereimten Satz mit relevantem Inhalt zustande. Ich sagte: „Ich bin durchaus bei klarem Verstand – allein meine Rhetorik geriet außer Rand und Band“. Nun ja, kein ausgesprochenes Meisterwerk, aber immerhin begriffen die Umstehenden, dass ich sehr wohl noch gedanklich klar war und ich durfte bleiben. Erneut danke ich für Eure Unterweisung. Sodann animierte mich der ebenfalls vom Reim-Fluch befallene Praios-Geweihte, ein Praios-Gebet aus seinem Gebetsbuch zu rezitieren. Auch dieses Gebet war in Reimform geschrieben, sodass ich es auch aussprechen konnte. Ich muss Euch sagen, dass dieses Praios-Gebet hinsichtlich des künstlerischen Aspekts wirklich wirklich wirklich grauenvoll war. Allerdings – und auch dies gehört zur Wahrheit – war es äußerst hilfreich, da es nach einigen Widerholungen bewirkte, dass die Zauberwirkung ein Ende hatte und ich wieder normal reden konnte. Es war dann doch eine ziemliche Erleichterung, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass dieses Gebet einen größeren künstlerischen Wert gehabt hätte … man kann halt nicht alles haben.

In der Folge beriet ich mich mit den auf der Burg Devendoch anwesenden Magiern (aller drei Gilden) und wir entschieden, dass magische Analysen der betroffenen Individuen vonnöten waren. Auf mich entfiel die Aufgabe, die Rahja-Geweihte, deren Brabbeln-Fluch ebenfalls inzwischen geendet hatte, zu einer Zusammenarbeit zu bewegen (aus einem mir unerfindlichen Grund scheuten sich die anderen Magier, diese Aufgabe zu übernehmen). Ich suchte also die Rahja-Geweihte auf und bot ihr an, sie zu analysieren. Sie antwortete mir keck und mit laszivem Augenaufschlag, dass sie sich darauf freue, von mir „analysiert“ zu werden und fragte mich, ob wir zu diesem Zweck auf ihr Zimmer gehen wollen. Ich entgegnete, dass ich ein spezielles Analyse-Zimmer besäße und noch einige weitere Interessierte anwesend seien. Darüber schien sie in einer Weise erfreut zu sein, deren Intensität ich zunächst nicht durchschaute. Wir begaben uns daher zu meinen Collegae. Beim Eintreten in das Zimmer schien sich plötzlich eine Enttäuschung in ihr schönes Gesicht zu verirren und ich begriff. Ich erinnerte mich an Eure Unterweisung in der Deutung von Emotionen. Ich bat daher die Rahja-Geweihte um Verzeihung für dieses (fast schon phexgefällige) Missverständnis, konnte mich beim nachfolgenden Blick jedoch nicht des Eindrucks erwehren, sie werde in Bälde als Wiedergutmachung einen intensiven rahjanischen Dienst bei mir einfordern. Diese Erkenntnis muss mir wohl die Röte ins Gesicht getrieben haben, denn die Umstehenden kicherten etwas unkontrolliert und die Rahja-Geweihte schien wiederum mit dieser Erkenntnis zufrieden zu sein. Ich benötigte eine Weile, um mich wieder zu sammeln und zum Ernst der Lage zurückzukehren.

Die magische Analyse der Betroffenen förderte zu Tage, dass wir durch Zauberei schwarzschelmischer Repräsentation (inklusive eines Vergessenszaubers) verzaubert worden waren und zusätzlich ein Dämon vor Ort sein Unwesen treiben musste. Dies war eine Erkenntnis, welche selbst die Rahja-Geweihte in betrübtes Grübeln stürzte – aber nur für kurze Zeit. Wir entschieden, die Komiteeleiterin einer Untersuchung zu unterziehen. Diese hatte sich zuvor in Widersprüche verstrickt und es war durch Deduktion ermittelt worden, dass sie offenbar die Gabe besaß, Magie zu verhüllen (Ein gefächerter odem arcanum einer Collega auf die Räumlichkeit erkannte keinerlei Magie an ihr, kurze Zeit später wurde ihr ein magisches Artefakt abgenommen, welches sie während des odem arcanum bei sich getragen hatte). Da ihre Untersuchung unter Beachtung der geltenden Gesetze und unter Berücksichtigung ihres Rangs nicht ganz trivial war, haben wir zu einer gar phexischen List gegriffen. Die Rahja-Geweihte und ich baten den Hüter des Boronschreines, die Komiteeleiterin unter einem Vorwand zum Schrein zu bitten, da wir uns vorstellten, dass ein Dämon diesen heiligen, doppelt gesegneten Boden nicht betreten kann, ohne erheblichen Schaden zu nehmen. Als die Komiteeleiterin dann den Schrein ohne Nebenwirkungen betrat, baten wir sie noch vor Ort um ihre „Mithilfe“. Sie hatte zuvor berichtet, dass sie das magische Artefakt von zwei zwielichtigen Gestalten konfisziert hatte, welche sich über die Sabotage des Festes unterhalten hatten. Wir gaben – etwas naiv tuend – vor, diese zwielichtigen Gestalten suchen und dingfest machen zu wollen. Die Komiteeleiterin wiederum gab vor, sich nicht mehr genau erinnern zu können. Diesen Umstand nutzten wir dann wiederum aus, um zu argumentieren, dass möglicherweise sie selbst Opfer eines Vergessenszaubers geworden sein könne, welchen wir durchaus in der Lage wären zu brechen. Unter dem strengen Blick des Hüters des Boronschreins sagte sie dann zu, sich im Anschluss an die aktuelle Sitzung des Komitees einer magischen Untersuchung zu unterziehen. Wir warteten daher den Schluss der Sitzung ab. Dann klärte ich sie in Anwesenheit aller Delegierten auf gesetzesmäßige Art und Weise auf, welche Zaubersprüche nun Anwendung finden sollten (zunächst einen odem arcanum sowie einen analys arcanstruktur durch mich und sodann einen Berherschung brechen vom Collegen aus Lowangen). Sie schien während meines Aufklärungsvortrages zunehmend ungeduldig. Als ich dann zum ersten Zauber ansetzen wollte, schleuderte sie plötzlich einen dämonischen Zauber auf eine anwesende, lokale Autoritätsperson, welcher diesen auf der Stelle tötete. Sodann bewegte sie sich grazil tänzelnd und sich drehend mit einer überderischen Geschwindigkeit durch den Raum, wirkte dadurch einen abgewandelten Transversalis Teleport und verschwand. All dies geschah derart schnell, dass niemand der Anwesenden sie zu stoppen vermochte. Ich frage mich bis heute, ob ich ihr Fliehen, wenn ich nicht so überrascht gewesen wäre, hätte unterbinden können. Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass selbst ein Bewegung stören, wenn ich diesen Zauberspruch denn ordentlich beherrschen würde, angesichts ihrer großen magischen Macht aussichtslos gewesen wäre.

Kurze Zeit später wurde dann die echte Komiteeleiterin betäubt und übel zugerichtet in ihrem Domizil gefunden (die geflohene Übeltäterin hatte sich offenbar eines Gestaltwandelzaubers bedient). In unmittelbarer Nähe fand man auch eine kleine Kiste, welche eine astrale Reststrahlung emittierte. Die magische Analyse dieser Kiste in Anwesenheit eines Praios-Geweihten hat mir im sprichwörtlichen Sinne „den Hut vom Kopf gefegt“. Den Kisteninhalt „zierte“ ein verrauchter, sechsfach kaskadierender invocatio minor in schwarzschelmischer Repräsentation zu Daimones aus den Sphären der Gegenspieler der Herrin Travia sowie der Herrin Hesinde. Das war das widerwärtigste, was ich mir jemals in meinem langen Leben habe ansehen müssen. Mir kräuselt sich noch heute mein Haupthaar bei dem Gedanken daran. Wir öffneten sodann die physisch ungefährliche Kiste und fanden - neben dem unheiligen Zaubermanuskript nebst Paraphernalia zu vorbezeichneter Invocatio - die Originalbriefe von höchstgestellten Persönlichkeiten (u.a. unserer geliebten Kaiserin) an die zu Komiteemitgliedern ernannten Diplomaten (u.a. an mein hochgeschätztes Familienmitglied Leobrecht von Ochs). Diese Briefe waren offenbar abgefangen und durch Fälschungen ersetzt worden. Die Originalbriefe waren geprägt von Wohlwollen und Konstruktivismus, während die Fälschungen, welche die Delegierten schlussendlich erhalten hatten, leicht abgewandelte Versionen waren, welche dazu dienten, sie zu konfrontativen und spalterischen Forderungen zu verleiten. Hier endeten dann auch die astralen Spuren der gewirkten Vergessenszauber, welche verhindern sollten, dass die Delegierten ihre Fehler bemerken. All dies war ein äußerst komplexes Blendwerk, welches Unmengen an astraler Kraft benötigt und Energie verbraucht haben muss. Es war äußerst schlau erdacht und absolut dämonisch in der Willensrichtung.

Das Komitee war erheblich betroffen ob dieser Erkenntnisse. Selbst der Praios-Geweihte zeigte sich äußerst kleinlaut angesichts des Umstandes, dass auch er durch diese Boshaftigkeit „hinters Licht geführt“ worden war. Die Rahja-Geweihte und ich behielten jedoch die Fassung und warben intensiv dafür, dass sich alle Anwesenden zusammenreißen und sich bei der Organisation des Festes nicht beirren lassen. Das Fest solle wie geplant stattfinden und das Böse solle nicht dadurch siegen, dass man jetzt einen Rückzieher macht. Damit war das Komitee dann einstimmig einverstanden.

Der erste Teil des Festes war in Folge dessen mit dem nötigen Ernst gesegnet und in seiner Ausführung und Wirkung sehr ergreifend. Selbst die Nebel, welche bisher das ortsnahe Heiligtum Boronia verhüllt hatten, lichteten sich und offenbarten die herrliche Macht des Herrn Boron. Auch die Botschaft, das vergangene Leid nicht zu vergessen, um künftigen Generationen die Möglichkeit zu eröffnen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, stattdessen standhaft und gemeinschaftlich auf der Seite des Lichts zu wandeln, wurde mehr als deutlich. Danach folgte der rahjagefällige Teil des Festes. Und auch dieser zeigte eine deutliche Wirkung. Nachdem zunächst den Verstorbenen gedacht worden war, feierte man nunmehr das Leben auf berauschende Art und Weise. Ihr hättet wirklich dabei sein müssen. Das Gefühl der Freiheit und des Glücks war überwältigend.

Die Rahja-Geweihte, mit welcher ich zuvor zusammengearbeitet hatte, nahm sich in diesem Zuge auch meiner liebsten Chaliba und mir an. Sie leitete mich beispielsweise an, meine liebste Chaliba mit Komplimenten zu bedenken. Eine ihrer Übungen war es, dass ich die physischen Vorzüge meiner liebsten Chaliba bezeichnen sollte. Sie soufflierte, ich möge ihre Augen und ihr Lächeln loben. Dies tat ich dann und vergaß auch nicht, ihre weiblichen Rundungen zu betonen. Letzteres führte allerdings zu leichten Irritationen, da meine liebste Chaliba dies als Kriegerin wohl eher auf ihre ausgeprägte Muskulatur bezog und davon sehr angetan war. Sie bat daraufhin die Rahja-Geweihte, mir ein wenig Romantik beizubringen und gab ihr auf, darauf zu achten, dass ich etwas von „gemeinsam auf einem Schlachtross mit dem Schwert in der Hand in den Sonnenuntergang reiten“ sage. Nunja … diese Floskel hat ihre Wirkung schlussendlich nicht verfehlt … es folgte eine gar wilde Nacht, von der ich heute nicht mehr zu sagen vermag, wer … wo … wie … nun, Ihr wisst, was ich meine …

Nun ja, das war alles sehr aufregend. Aber ich möchte noch einmal auf den Anfang meines Briefes zurückkommen. Ich möchte diesen – abseits der rahjagefälligen Inhalte – als Warnhinweis begriffen wissen. Der Feind liegt auf der Lauer. Er wird nicht ruhen noch rasten, bis die zwölfgöttliche Ordnung zusammenbricht. Es braut sich erneut etwas zusammen. Es ist unser aller Pflicht, jedem Hinweis auf dunkle Umtriebe konsequent nachzugehen. Ich weiß, dass dies einigermaßen unbequem und unerquicklich klingt. Aber ich hoffe, Euch von der Wichtigkeit dieses Unterfangens überzeugt zu haben. Wachsamkeit ist leider der Preis der Freiheit.

Ich hoffe, Euch bei meinem nächsten Besuch in Punin wiederzusehen und verbleibe in ewiger Dankbarkeit
 
 
 
 
Euer Anaxios Illosos von Ochs

Post scriptum: Meine liebste Chaliba brennt schon darauf, Euch kennenzulernen und Euch

unsere Kinder vorstellen zu dürfen.