Geschichten:Angespült - Zwei Zacken
Burg Trollwacht, Baronie Zackenberg, Rondra 1042 BF:
Orlana saß mit ihrer Mutter Efferdana am langen Eichenschreibtisch ihres Vaters. Während seiner Abwesenheit kümmerte sich ihre Mutter um die Amtsgeschäfte der Baronie und Orlana ging ihr dabei zur Hand. Sie waren ein eigenartiges Gespann – Mutter und Tochter. Die Ältere - eine eingefleischte Darpatin, traviafromm und ein wenig festgefahren in ihren Ansichten – hatte so ihre liebe Mühe mit der Jüngeren – eine junge, idealistische Geweihte des Götterfürsten, die zudem noch den Braniboriern nahestand und sich auch nicht scheute das Wort gegen Verfehlungen des Adels zu erheben. Baron Zivko – Gemahl und Vater – amüsierten die kleinen Reibereien „seiner Maiden“ insgeheim und so lächelte er immer nur vielsagend, wenn die einer der anderen vorwarf starrsinnig zu sein, oder eben zu vorlaut. Zivko liebte beide so wie sie waren.
Da saßen die beiden ungleichen Frauen nun gemeinsam und sahen die überschaubare Korrespondenz des Barons durch.
„In Holzen sind die alten Streitigkeiten zwischen den Holzfällern wieder ausgebrochen“, las die Baronin kopfschüttelnd aus einem Schreiben der Edlen Junivera von Bugenbühl, „fast wäre der Dorfschulze Auanger bei einer Schlägerei erschlagen worden.“
„Die Bugenbühl wird das schon richten“, erwiderte Orlana nicht ohne Bewunderung für die Absenderin des Schreibens, „sie weiß was ihre Leute brauchen und wie sie mit ihnen umzugehen hat.“
„Ich weiß beileibe nicht warum du an der Frau einen Narren gefressen hast!“ Effedana schüttelte wieder verständnislos ihren Kopf.
„Mutter!“ Der ermahnende Unterton prallte wie gewöhnliche bei der älteren Frau ab. Zerknirscht nahm sie den Brief der Edle von Holzen entgegen.“Orwin war in die Schlägerei verwickelt? Nein, nicht nur das, er soll sie auch angezettelt haben?“
„Ja, dein Bruder hatte wohl mal wieder einen über den Durst getrunken.“
„So kann das doch nicht weitergehen mit ihm“, empörte sich Orlana. „Der beschmutzt nicht nur unser gutes Ansehen, er … .“ Doch weiter kam sie nicht.
„Euer Vater wird sich darum kümmern. Er will Orwin umgehend in Perlenblick sehen um ihm die Leviten zu lesen.“ Die Baronin öffnete derweil einen weiteren Brief. „Ah die Junkerin von Trollkamm erbittet die Unterstützung für den Ausbau des Zackenstieges, damit dieser auch im Winter passierbar bleibt. Das ich nicht lache … .“
„Ich finde das ein sehr unterstützenswertes Anliegen, es fördert den Handel und den Wohlstand unserer Untertanen.“ Die junge Praiotin hielt viel von der zupackenden Art von Junkerin Kora von Hengefeldt.
„Ach Mädchen, die will doch nur die Handelsroute gen Hengefeldt ausbauen, damit ihre Base, die Baronin auf dem Berg, ihre Einkünfte verbessern kann und die Händler nicht mehr durch unsere Stammlande müssen.“ Die Mutter kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus.
Orlana wollte etwas erwidern, doch die Zeilen die sie überflog, ließen sie inne halten. „Oh Mutter, der Hardenstatt bietet Vater seine Dienste an. Er wird in Kürze hier vorstellig werden.“
„Hardenstatt? Wahrlich eine gute Nachricht. Doch haben wir Verwendung für ihn?“
„Ich glaube, ich habe da eine Idee… .“ Orlana lächelte ihre Mutter vielsagend an.
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