Geschichten:Auf Jahr und Tag – Nachspiel
Burg Scharfenstein, am Abend des 19. Rondra 1044 BF
„Die Sturmherrin hat entschieden“, hob Drego von Altjachtern mit lauter Stimme unter dem zustimmenden Jubel der seinen an. Er hatte nicht nur Hermine von Alka im Angesicht Rondras besiegt und einen Abzug der Waldsteiner erwirkt, nein, er hatte mehr noch unter Beweis gestellt, dass sein Anspruch auf den Baronstitel nicht nur vollkommen legitim, sondern dass er dem auch absolut würdig war. „Sie hat die Plünderer für ihre Plünderungen gestraft und...“ Einen Moment hielt er inne, weil er gegen das zustimmende Geschrei seiner Männer und Frauen ohnehin nicht angekommen wäre. „... uns allen deutlich gezeigt, was sie von so einem niederträchtigen Verhalten hält. Weil aus Unrecht niemals Recht werden kann!“
Wieder pflichteten ihm die seinen jubelnd und grölend bei.
„Frau von Raukenfels“, kündete er mit lauter Stimme, „Euch berufe ich zur Vögtin von Schwarztannen und Dich Albur, mein guter und treuer Freund, berufe ich zum Vogt von Scharfenstein und...“ Baron Drego verteilte noch weitere Ämter und Posten. Und auf jedes Mal musste man auf das neue Mitglied am Hofe den Becher erheben und trinken. So kam es, dass ich so viel trank, wie noch nie in meinem Leben.
„Blasius“, rief der Baron dann irgendwann, „Komm zu mir.“
Und der Page kam zu seinem Pagenvater. Einen Moment lang schaute er ihn aus großen Augen an und Drego erwiderte seinen Blick. Dann fiel er vor dem Baron auf die Knie.
„Du hast Dich Deiner Aufgabe würdig erwiesen. Du hast unter Beweis gestellt, dass Du würdig bist, den nächsten Schritt zu tun. Daher werde ich dich nun mit einem Tritt in deinen neuen Stand befördern.“
Der Knabe ließ das Prozedere geduldig über sich ergehen, sogar ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. Erst gab es Gelächter, dann Jubel. Wieder tranken wir.
„Fortan wirst Du mir als Knappe dienen, Blasius“, schloss der Baron und ließ den Knaben ziehen.
Anschließend rief Drego seine Knappin zu sich: „Eylrun, tritt vor.“
Die Knappin trat vor ihren Schwertvater und sank auf die Knie, „Du hast mir in der kurzen Zeit stets treu als Knappin gedient. Empfange nun den letzten Schlag, den Du unerwidert hinnehmen werden musst.“
Er schlug ihr mit seinem Schwert auf die linke Schulter. Es war kein richtiger Schlag, es war eine Geste. Wieder jubelte die Menge. Dieses Mal zu Ehren der frisch den Ritterschlag erhaltenen Erlenfallerin. Wieder trank man.
„Und nun, Hohe Dame von Erlenfall, erhebt Euch. Fortan werdet Ihr Euch gegen jeden Schlag gefälligst zur Wehr setzten.“ Sie erhob sich sichtlich stolz. „Und weil Ihr mir in der Vergangenheit bereits treue Dienst erwiesen habe, so wünsche ich, dass Ihr dies auch weiter an meinem Hof tun werdet.“
„Das will ich gerne tun, Hochgeboren“, erwiderte die Ritterin und trat zur Seite.
Die Menge war gerade wieder im Begriff sich der zuvor geführten Gespräche und dem Essen wieder zuzuwenden, da erhob der Baron erneut seine Stimme und alle blickten auf.
„Und Ihr, Sternguckerin?“, wandte er sich da nun an mich, „Euch berufe ich zu meiner Hofkaplanin.“