Geschichten:Auf Reshminas Spuren - Teil 15
Mühsam versuchte Malina ihre Gedanken zu sammeln. Die Unterredung mit ihrem Landvogt, dem Kartographen und ihr selbst war alles andere als erfreulich gewesen. Aldron von Firunslicht hatte sich zwar wie immer nichts anmerken lassen, aber sie hatte sich von den Gesprächen mit den Baronen irgendwie mehr erhofft. Auch die Lage hier hatte ihn nicht entmutigt. Er war wohl fest überzeugt mithilfe der Barone alles zur Zufriedenheit des Markgrafen erledigen zu können. Sollte es stimmen, und bislang schon mehrere Versuche dieses Land hier mit ordentlichen Grenzsteinen zu versehen, gescheitert sein, dann war das mehr als beunruhigend. Gut, dass sie erst jetzt davon gehört hatte, sonst hätte sie am Nachmittag A’urel womöglich erst besinnungslos gehauen, bevor sie ganz wach geworden wäre.
Von ihm hatte sie den Tag über nichts mehr gehört. Nervös zog sie an ihrer Bluse herum und knöpfte die enge Weste zu. Kritisch blickte sie an sich herab. Besser ging es nicht, schließlich waren sie hier nicht auf Burg Angareth. Das Essen hatte sie ausfallen lassen, und sich mit der Entschuldigung zurückgezogen, dass es ihr nicht gut ginge. Sayid hatte ihr dabei merkwürdige Blicke zugeworfen, die sie beunruhigt hatten. Hoffentlich zählte er nicht zwei und zwei zusammen. Die Freudengesänge A’urels waren ihr noch immer in den Ohren und ließen sie schmunzeln. Doch jetzt war es zu spät- sie hatte sich entschieden. Sorgfältig strich sie noch einmal das feuchte Haar hinter die Ohren und spähte aus dem Zelt heraus. Würde er sie hier abholen? Ein Kribbeln der Vorfreude machte sich ganz in der Nähe ihres Magens breit und sie musste Lächeln.
Malina mußte sich auch nicht lange gedulden, als auch schon ein Nebachote an ihr Zelt trat und freundlich um Einlass bat. Malina, die der Bitte des Kriegers entsprach kannte jenen zwar nicht und wunderte sich über dessen Erscheinung und Aussprache. Zweifellos war er ein Krieger Brendiltals, was der Schnitt und die Farben seiner Kleidung deutlich machten. Dennoch schienen diese auch irgendwie einladender, fast freundlicher zu wirken und auch seine Haltung deutete von nicht viel Kampferfahrung. Unsicher erschien ihr de Mann aber nicht, mehr wie jemand, der das Reden gewohnt war. Auch die Aussprache des Boten war nicht ganz so hart wie bei A’urel oder den anderen Nebachoten. Ebenso schien es, dass jener hier zwischen dem Du und dem Euch unterscheiden konnte und es auch tat.
„Hohä Damä, ich bin Rashid. Mein Härr A’urel han Beshir a’Danal sendet mich um Euch abzuholen und zu geleitän. Wollt Ihr mir folgen?“ Malina, die immer neugieriger und – sie musste es sich eingestehen – immer aufgeregter wurde, willigte schließlich ein und folgte dem Mann. Dieser führte sie geschickte durch das Lager, ohne dass sie groß jemandem begegneten, waren doch fast alle beim Essen. Vor dem Lager erwartete die beiden wiederum ein weiterer Reiter und Malina stellte freudig fest, dass es sich hierbei um A’urel handelte.
Der junge Krieger hatte den restlichen Tag genutzt und sich für den Abend vorbereitet. Nach einem ausgiebigen Bad hatte er sich ausgiebig eincremen und einkleiden lassen. Seine schwarz-goldene Reiterkleidung war jetzt einer weiten, weißen Hose und einem ebenso luftig geschnittenem, weißen Hemd gewichen, über dem er eine dunkelrote, kurze Weste trug, die vorne offen war und farblich zu seinem Tuch, dass er um seine Hüfte trug passte. Über dem Tuch hing sein Schwertgürtel, an dem er jedoch alle unnötigen Taschen entfernt und stattdessen einen prunkvollen Säbel, sowie einen krummen Dolch befestigt hatte. Seine Stiefel waren ebenfalls weiß, während das turbanartige Tuch um seinen spitz auslaufenden und polierten Helm abwechselnd dunkelrot und weiß war. Schließlich umrahmte ihn der ärmellose, aus kurzem Fell bestehende nebachotische Mantel ein, der ebenfalls im Dunkelrot eingefärbt war. Malina war sprachlos. Derart kostbare Kleidung würden nicht mal alle ihre Familienmitglieder gemeinsam aufweisen können. Sie stammte eben aus einer niederadligen Vasallenfamilie. Sie kam sich neben ihm hässlich und unscheinbar vor. Natürlich hatte die Hauptfrau ihre beste und gleichzeitig auch einzige verbliebene saubere Hose, nebst einer blaugrünen Bluse angezogen, und sogar ihre noch feuchten Haare mit einem Duftöl geglättet, aber dennoch war es nichts mit dem, was A’urel für einen Anblick bot. Ihre braune Weste, mit schweren silbernen Verschlüssen und den ebenfalls braunen Beinkleidern verlieh ihrem Äusseren eine weiblichere Note, als es sonst der Fall war. Die Farben schmeichelten ihr. Auch Korisande hatte A’urel zurecht machen lassen. Während er sie ausgiebig gestriegelt und ihren Schweif sowie ihre Mähne gebürstet hatte lassen, hatte er kleine Glöckchen und weiß-rote Bänder in ihre Mähne eingeflochten. Als A’urel die beiden kommen sah, saß er ab und begrüßte Malina mit einer tiefen Verbeugung.
„Du siehst bä’zaubernd aus Malina.“ Sanft hauchte A’urel ihr den nebachotischen Begrüßungskuss auf beide Wangen bevor er wieder zurück trat und ihr ein kleines Kästchen entgegen reichte. Als ob es nichts selbstverständlicheres gäbe erwiderte sie seine Begrüßung und lächelte ihn glücklich an.
„Äs wirdä misch freuän, wuenn Du diesä klaine Aufmerksamkeit annähmen wirdest.“ Sie folgte seiner Geste. Damit öffnete der junge Mann ein Kästchen und Malina sah eine silberne Kette in deren Mitte ein silberner Anhänger hing der wiederum von zwei Perlen eingefasst und an Ort und Stelle gehalten wurde. Der Anhänger selbst zeigte zwei steigende Rösser, die um einen runden Rubin zu tanzen schienen. Ohne lang eine Antwort abzuwarten, nahm A’urel die Kette heraus, stellte sich hinter Malina und legte ihr die Kette an. Große blaue Augen hatten entsetzt zugesehen, was er tat. Ungläubig befühlte sie den Anhänger mit klammen Fingern. Wäre der Diener nicht gewesen, konnte sich A’urel gut vorstellen, hätte sie sein Geschenk vermutlich versucht auszuschlagen, wenn er ihr Mienenspiel richtig deutete. Inzwischen verstand er es besser in ihrem Gesicht zu lesen. Jetzt schaute sie ihn nur verwirrt an, während er ihr auf Phejanka half. „Wohin werden wir reiten? Ich habe Weibel Sayid zwar gesagt, dass er die Verantwortung trägt solange ich nicht da bin, aber unser Verhältnis ist nicht das Beste…! Er hat gesehen wie du aus meinem Zelt gekommen bist, und auch, dass ich wenig anhatte.“ Sie lächelte A’urel beim Gedanken an seinen letzten Besuch bei ihr entschuldigend an.
Dieser lächelte freudestrahlend zurück und saß selbst auf. „Ich hoffä, duas Du wägen mir kainen Ärger bekomen wirst.“ Gab er ehrlich zu und entließ Rashid mit einem Nicken. „Abär wir wärd’n nischt wait raitän, vertrau mir.“ Das freudige Lächeln wich jetzt mehr einem stolzen und wissenden Lächeln ehe er Korisande antrieb und Malina ihm folgend, beide in einen leichten Trab wechselten.
A’urel führte Malina quer über das Land, die sich jetzt etwas Zeit nehmen konnte um das Land wirklich zu betrachten. Herrlich lag es in den Abendstunden da mit seinen saftiges Wiesen, ideal für die riesigen Pferdherden die hier grasten, den Schatten spendenden kleinen Wäldchen, den üppigen Hügel, an deren Hängen Weinstöcke an Weinstöcke angepflanzt waren und schließlich den großen ‚Bienenweiden‘ wie A’urel die riesigen mit Blumen und Klee übersäten Heiden nannte, über die verstreut dutzende und aber dutzende Imkerstände zu sehen waren. „Honig ist näben den Pfärden, däm Wain und dän Errungenschaftän des Määres eina Spezialität Beshir’a Danals.“ Erläuterte A’urel stolz.
Schließlich führte der junge Krieger Malina auf einen kleinen Hügel. Bereits von weitem konnte sie sehen, dass ein großes, nebachotisches Zelt in schwarz/gold auf der Kuppel des Hügels aufgebaut war. A’urel schien die Zeit und den Weg genau abgepaßt zu haben, sah das Zelt – im rot der untergehenden Sonne – doch fast so aus als würde es von Alveran selbst kommen. Still beobachtete der Nebachote Malina, um ihre Reaktionen einschätzen zu können.
Als sie am Zelt ankamen, wurden die beiden Reiter bereits wieder von Rashid erwartet. Der Diener mußte, während A’urel einen Umweg genommen hatte, direkt zum Zelt geritten sein, um alles weitere für den Abend zu veranlassen.
„Äs ist bereits angerichtet.“ Verkündigte er kurz, während er die Pferd in Empfang nahm.
Auch wenn es nicht nötig gewesen wäre, half A’urel aus einer Geste des Zuvorkommens und der Höflichkeit Malina aus dem Sattel und führte sie in das ‚Innere‘ des Zeltes. Die Zeltwände waren alle soweit hochgeklappt, so dass Malina und A’urel einen herrlichen Blick auf das umliegende Land und – Malina war überrascht wie nah es doch war – das Meer hatte. Das ‚Innere‘ des Zeltes war mit großen und weichen Teppichen und Kissen übersät in deren Mitte ein – nach tulamidischer Art - niedriger, mit allerlei duftenden und für Malina fremdartigen Köstlichkeiten geschmückt Tisch stand. Neben Orangen, Traube und Erdbeeren konnte Malina süßes Gebäck, frische Brote, und herrliches Gemüse sehen. Der Duft von gebratenem Wild stieg ihr in den Duft, während Rashid – der sich mittlerweile geschwind um die Pferde bemüht hatte – bereits wieder da war und die ersten Getränke reichte.
Dabei handelte es sich um einen leichten Rotwein, in dem anscheinend eine Art Kräuterlikör gemischt wurde und einzelne Früchte schwammen. „Isch hoffä, äs gefällt Dir, sichärlisch wirst Du hungrig sain!“ Nervös, wie Malina reagieren würde, wippte A’urel auf den Fußspitzen. Es war eindeutig, dass er hoffte es würde der Frau gefallen.
„Gefallen? Du musst verrückt sein A’urel. Sie drehte sich um sich selbst im Kreis herum und deutete auf all die unglaublichen Dinge. „Ich weiß nicht, womit du dein Geld verdienst, oder sollte ich sagen dein Vater, aber das hier ist…unglaublich.“ Sie grinste vergnügt und doch noch immer ungläubig. Erfreut stelle der junge Nebachote fest, dass Malina ihn endlich beim Vornamen nannte und nicht auf irgendwelche Titel auswich. Ein gutes Zeichen, wie er fand.
Fast übertrieben abwertend antwortete er daher. „Ach wuas, duas ist noch nichts.“ Gleichzeitig führte er Malina zu einem Seitenbehang. „Huast Du hieär die Stickeraiän gäsehen? Sie zaigän mainän Vatär wie uns zu dän Baburän gefiert und wir die Verräterin Dimiona bäsiegt hattä.“
Der Abend entwickelte sich ganz so, wie es A’urel sich ausgemalt hatte. Malina war an jenem Ort nicht mehr die pflichtbewusste Hauptfrau, deren ganze Aufmerksamkeit und Sorge den Belangen ihres Auftrages galt. Sie ließ sich ganz von dem Moment und der Anwesenheit des jungen Mannes berauschen.
Die Stunden vergingen im wie im Fluge, doch mit einem Mal schreckten sie beide auf, als sie hörten wie sich ein Reiter schnell näherte und ihr vor dem Zelt sein Ross – aus vollem Galopp – zum stehen brachte. Ihnen blieb kaum Zeit aufzuspringen und die Waffen zu ergreifen, da hörten sie auch schon wie Rashid aufschrie und dann ein Krachen zu hören war, als würde etwas zusammenbrechen. A’urel hatte gerade noch ausreichend Zeit sich schützend vor Malina zu stellen – er wußte zwar, dass sie sich selbst verteidigen konnte, eventuell sogar ihn noch mit hinzu, aber dennoch gebot es ihm der Ehre wegen es zumindest zu versuchen – als die Zeltplane am Eingang zurückgeschlagen wurde und Ra’oul das Zelt betrat. A’urel fuhr beim Anblick seines älteren Bruders zusammen, als sich dieser in voller Montur vor ihm aufbaute und aus zornigen Augen anfunkelte, bevor er sich betont langsam im Zelt umblickte. Sein Blick blieb dabei länger als nötig auf Malina haften, die jetzt nichts außer ihrem Schwert und die Kette A’urels trug, bevor er sich wieder A’urel zu wand.
„Vatär wird Dir das Fäll ibär die Ohrän zieh’än, wuenn er erfährt, duass Du sain Zelt genommän hast.“
Wie gefaßt und willens sich nicht vor Malina bloß zu stellen, entgegnete der Jüngere fast trotzig. „Är muß äs ja nicht wissän.“
„Du, du huast ihr Muttärs Kätte geschenkt?“ Warf Ra’oul A’urel vor. „Sie wuolltä, dass sie aines Tagäs die Muttär Dainer Kindär gehert.“ Automatisch wanderte Malinas Linke zu dem Geschmeide um ihren Hals. Kühl und doch nicht fremd lag es unschuldig in der Beuge wo sich Hals und Brustbein trafen. Jetzt drehte A’urel seinen Kopf zu Malina. Sein Blick war wieder sanfter geworden. Leise, fast flüsternd sagte er nur. „Ja, ich weiß.“ Ihr fehlten die Worte bei diesem Blick. „Kinder?“ schoß es ihr durch den Kopf. In ihrem Ohren begann es zu tosen und Blut schoss ihr in die Wangen.
Doch Ra’oul war anscheinend gerade in Fahrt und nicht willens schon mit seinem Ärger aufzuhören, sondern wand sich jetzt ebenfalls an Malina. „Und Du? Ist Dir klar, duass unsär Vatär ihn ver’stuoßen wird, wuenn er hiervon ärfährt? A’urel wird duann keinen miden Hellär mehr besitzän, als duas was är bei sich trägt.“ Malinas Aufmerksamkeit galt immer noch voll und ganz A’urel. Sie hatte zwar gehört, was er gesagt hatte, aber sie schien nicht willens zu sein A’urels Worte einfach so hinzunehmen.
„RA’OUL!“ Wollte der Jüngere dazwischen fahren, doch brachte ihn eine kurze Geste seines Bruders zum inne halten, so dass sich dieser weiter an Malina wenden konnte. „Willst Du ihn duann immär noch, wuänn ä rain armär Schluckär ist?“
Die Hauptfrau ließ nun endlich ihren Blick zu A’urels Bruder wandern. Seine Lautstärke hatte ihre Starre gelöst. Undeutlich war sie sich ihrer Nacktheit bewusst. Dennoch legte sie erst langsam das Schwert beiseite und griff sich erst danach zumindest ihre Bluse. Rasch zog sie diese über ihren Kopf bevor sie weiter sprach. Die Schnürung vernachlässigte sie zunächst, es musste hier und jetzt wohl einiges ausgesprochen werden, was sich nackt schwerlich in Würde tun ließ. Unsicher blickte sie den ihr weitestgehend fremden Mann an. Ihre blauen Augen hielten seinen fragenden Blicken stand, als sie antwortete.
„Mir war nicht klar, dass euer Vater der Marban A’urel wegen dieser Nacht verstoßen könnte, nein. Ich dachte das Zelt würde eurer Familie zur freien Verfügung stehen. Das war wohl naiv von mir.“ Sie sah A’urel tadelnd an, aber ein kleines Grinsen stahl sich in ihre Mundwinkel. „A’urel sagte mir, dass eurem Vater allein das Glück seiner Kinder wichtig ist, unabhängig davon, mit wem sie es finden. „Ich, wir…wie soll ich sagen, wir lernen uns doch gerade erst kennen. ICH spiele hier keine Spielchen und ich habe mir es gut überlegt, ob ich mich überhaupt mit jemanden in einer solchen Position einlassen möchte. Mir wäre es im Gegenteil lieber, wenn er ein einfacher Soldat, Offizier eben etwas Ebenbürtigeres wäre, als der Sohn eines Barons. Wie man hier sehen kann, bringt das nur Probleme mit sich.“ Sie zeigte in einer weit ausholenden Geste auf ihre kleine Versammlung. „Es geht hier nur um A’urel und mich und nicht um den Baronet und die Landlose Vasallin. Ich habe mir meine Position am Arvepass hart erarbeitet, und ich bin mir sicher, dass A’urel bei seinen Fähigkeiten wenn es sein müsste seinen Lebensunterhalt auch selbst verdienen könnte. Vielleicht auch auf Burg Angareth, wenn wir merken, dass wir eine gemeinsame Zukunft möchten, und euer Vater damit nicht einverstanden ist.“ Die letzten Worte hatte sie nicht mehr an seinen Bruder gerichtet, sondern hatte sich wieder zu A’urel umgedreht. Diese Worte waren ihr deutlich schwer gefallen, und er sah, dass sie unsicher war, wie er auf ihre Aussagen reagieren würde. Sprachlos und den Atem anhaltend blickte er sie an.
„Ich will mich aber auf keinen Fall zwischen dich und deine Familie stellen. Du weißt, dass ich so etwas schon einmal erlebt habe….“ Ihre Stimme war sehr leise geworden, fast brüchig gegen Ende. Damit ging sie langsam von ihm weg um sich nach ihren Kleidern zu bücken. Es fröstelte sie, und sie hatte das dringende Bedürfnis von diesem Zelt und den beiden Brüdern weg zu wollen. Ihr Instinkt hatte sie gewarnt, doch wieder einmal hatte sie geglaubt, dass es anders ein würde als damals, in Rommilys.
„Wartä!“ Wieder war es der ältere der seinem Bruder zuvor kam. Seine Stimme machte deutlich, dass er es gewohnt war, Befehle auszusprechen. In diesem Fall schien sein Zorn jedoch verflogen zu sein. Fast freundlich wiederholte er daher. „Wartä!“ Mit Stolz gerecktem Kinn drehte sich Malina zu Ra’oul um, der jetzt lächelte. „Duas wolltä ich hörän. Blaib hiär, A’urel hatte die Wahrhait gesprochän, als er von Vatär und däm Glick sainär Kindär sprach.“ Ra’oul sagte nichts weiter. Sagte nicht, dass Rashid ihm Bescheid gegeben hatte, nachdem sich dieser hier zurückgezogen hatte. Sagte nicht, dass Rashid dies tun mußte, da er ihn dies befohlen hatte. Er sagte auch nicht, dass er A’urel und auch Malina nur prüfen wollte und dass sie sich selbst die Gefühle für den anderen eingestanden. Er sprach auch kein Wort darüber, dass er dies ‚damals‘ nicht getan hatte und heute noch darunter litt.
Auf den Absätzen drehte er sich um, wand sich am Zelteingang jedoch nochmals an die beiden. „Verzaiht die Stehrung. Al’Shara, fualls man Dich im Lagär suchän wird, werdä ich sagän, duass Du auf mainen Wunsch hin nuochmal die Gränze abraitest. Du solltäst morgän dann aus diesär Richtung kommän.“
„Wie ihr meint Hochgeboren!“ Ihre Stimme klang hart. Militärisch fast. Sie drehte sich um, er sollte nicht sehen, wie Wut in ihrem Blick hoch loderte. Er gab ihr Befehle! Ihr wurde ganz heiß. Das würde sie ihm nicht so schnell vergessen.