Geschichten:Aufbruch gen Dragenfels - Teil 6
Immer weiter suchend, stießen die Waldläufer schließlich auf die Kellertreppe. So ganz geheuer war Alissa diese ganze Aktion nicht, aber was sollte sie tun? Der Junker sollte schließlich für seine Schandtat büßen. Die paar Waldläufer, die noch übrig geblieben waren, schlichen nun also die Kellertreppe hinunter. Alissa und Leta gingen mit ihren Bögen am Schluss der kleinen, ansonsten nunmehr mit Schwertern bewaffneten Gruppe. Es roch recht modrig in dem alten Kellergewölbe, und kurz vor dem Ende der Treppe versperrte eine schwere Tür den Weg.
Hagen sollte zunächst versuchen, diese Tür zu öffnen, was ihm auch ohne größere Schwierigkeiten gelang. Alrik hatte inzwischen eine Fackel entzündet und versuchte, in die gähnende Leere dahinter zu leuchten. In der schier undurchdringlichen Finsternis vernahmen die Waldläufer um Alissa die verschiedensten Geräusche: Einmal war es ein Scharren auf dem Boden, ein anderes Mal klirrte etwas und ging zu Bruch. Aber niemals hörten sie Stimmen. Nur vermochten sie ab und an ein brummen und fauchen zu vernehmen. Auf Alissas Geheiß wagte sich Alrik etwas weiter und erleuchtete nun den größeren Teil des hinter der Tür liegenden Raums: In diesem Keller muss vorher ein riesiges Labor eingerichtet gewesen sein, denn überall standen Gerätschaften aus Glas herum. Die Tische waren voll von Phiolen, Bechern und kleinen Kupferkesseln, während die Regale voller Behälter mit den verschiedensten Ingredienzien standen.
In dem Moment, als Alrik das Licht in den Keller hielt, wurde jedoch "Etwas" auf die Erlenstammer aufmerksam. Mit lautem Gebrüll drehten sich drei fürchterliche Bestien zu den Waldläufern um. Ein merkwürdiges geflügeltes Wesen stürzte sich mit wildem Gekreische auf die ersten Waldläufer und verwickelte sie sogleich in einen harten Kampf. Alissas Blick fiel gleich darauf auf eine riesige Schlange, die sich zischend auf sie zu bewegte. Das dritte Biest war eine Art Spinne, die bereits wie eine Furie klebrige Fäden durch die Gegend schoss.
"Rückzug!", brüllte Alissa in die Runde, und sogleich zog sich der kleine Trupp hinter die schwere Tür zurück und schlug sie zu. Für den Moment waren sie noch mit dem Schrecken davon gekommen. Es Polterte kurz an der Tür, und die Waldläufer stemmten sich mit aller Kraft dagegen. Doch diese unheiligen Kreaturen hatten offenbar kein Interesse an den Flüchtenden, solange diese sie in Ruhe ließen. Oder sie waren einfach (noch?) nicht hungrig.
Alissa blickte in die Runde, und sie las das blanke Entsetzen in den Gesichtern ihrer Leute. Am liebsten hätte sie sich nur hingesetzt und geheult, aber ihre Truppe brauchte sie und sie brauchte sie stark. Also riss sie sich zusammen, überlegte kurz und meinte dann: "Wir räuchern die Bestien aus. Hagen und Leta, ihr kehrt - vorsichtig! - zum Lager zurück und holt - ebenso vorsichtig! - das Hylailer Feuer. Wir sichern indes die Tür."
Nach einer Zeit, die Alissa wie eine Ewigkeit vorgekommen war, kehrten Hagen und Leta zurück. Sie waren außer Atem, aber wohlauf. "Keine Spur vom Heckenschützen von vorhin", meinte Hagen nur, und fuhr kurz fort: "Er muss geflohen sein." Leta übergab in der Zwischenzeit die zerbrechliche Kugel an Alissa. Doch diese winkte ab: "Gib sie Hagen. Er ist der Kräftigste von uns. Er wird die Kugel mit aller Kraft in den Raum schleudern. Dann rennen wir alle, was das Zeug hält, bis wir in Sicherheit sind. Wir können später sehen, was aus den Monstern geworden ist."