Geschichten:Ausgeschwärmt – Praios
Dämonenbrache, 25. Boron, am Mittag
„Warum machen wir das Ganze noch gleich?“, warf die Skaldin auf, da waren sie schon einige Zeit unterwegs und hatten recht schnell jeglichen Kontakt zu den anderen kleinen Jagdgesellschaften verloren. Damit hatten sie natürlich schon gerechnet, aber nicht damit, dass es so rasch gehen würde. Die Brache war unwegsam. Sie kamen nur sehr langsam voran. Aber sie hatten es nicht sonderlich eilig. Einen für die Pferde sicheren Weg zu finden, war nicht immer leicht, aber es gelang ihnen zumeist.
„Weil wir lebensmüde sind?“, schlug die Geweihte lachend vor.
„Wohl eher weil wir total bescheuert sind“, stellte Scanlail da klar, „Zumindest trifft das auf unsere Orknase hier zu. Immerhin erledigen wir gerade die Arbeit des Mersingers. Warum kümmert der sich eigentlich nicht selber – restriktiv alleine – drum? Sind doch seine eigenen Probleme. Was haben wir damit zu schaffen?“
„Weil sein eigener Arsch ihm der nächste ist“, mischte sich nun Ailsa ein, „Warum denn wohl sonst...“
„Und jetzt springen wir für den in die Bresche?“, stichelte sie weiter, „Und riskieren unseren Hintern?“
„Ja“, kam Ailsas Antwort prompt, „So ist es.“
„Und was haben wir davon?“
„Das auch er sich eines Tages für uns in die Bresche wirft...“
„Das glaubst Du doch nicht wirklich!“, lachte die Skaldin da kehlig, „Warum sollte er das tun?“
„Weil es die anderen tun werden und wenn die anderen es tun, dann wird er denen in nichts nachstehen können, denn sonst wird er es sein, dem niemand mehr beisteht und das kann auch er – obwohl seine Familie über reichlich finanzielle Mittel verfügt – sich hier an der Brache einfach nicht leisten.“
„Hoffst Du“, vermutete Scanlail.
„Ja, das hoffe ich“, nickte Ailsa nachdenklich, „Das hoffe ich wirklich.“
Einen Moment schwiegen sie sich an.
„Und nichts zuletzt müssen wir die Menschen an der Brache schützen“, merkte die Ritterin da an, „Und wenn wir auch nur eines dieser Untiere erledigen, so kann dieses eine schon kein Unheil mehr anrichten und das gereicht uns allen zum Vorteil – nicht nur dem Mersinger, sondern auch uns. So sollten wir das sehen. Es ist nicht nur etwas, dass wir für den Reichsjunker tun, sondern für uns alle. Vielleicht konnten wir damit eines oder gar mehrere Leben retten, wer kann das schon sagen? Doch ganz gewiss ist es auch etwas, dass wir für die Götter tun. Sie haben so lange Zeit schützend ihre Hand über uns gehalten und nun sind wir es, die für sie zu streiten haben. Für sie ziehen wir in den Kampf und in ihrem Namen begegnen wir dem, was für uns bestimmt ist. Und vielleicht schaffen wir es so, den Menschen um die Brache herum wieder die zwölf Götter nahe zu bringen, von denen sie so unglaublich weit entfernt scheinen. Denn wenn nicht wir in sie vertrauen, warum sollten sie es dann tun? Die, die seit Götterläufen unter der Brache zu leiden haben? Und sich auf eine verquere Art und Weise mit ihr arrangiert zu haben scheinen. Die Götter haben uns diese Aufgabe anempfohlen, auf dass wir sie in ihrem Sinne zu Ende bringen.“ Sie hielt einen Augenblick inne. „Lasst uns also eines dieser Biester zur Strecke bringen!“
Da stimmte die Geweihte ein Gebet an: „Götterfürst. Für Dich streiten wir. In Deinem Namen kämpfen wir. Für die Menschen. Für Gerechtigkeit. Für Deine Ordnung. Weil Du uns an diese Stelle gesetzt hast. Weil Du uns diese Aufgabe zugedacht hast. Sieh gnädig auf uns herab und stehe uns bei. Erleuchte uns mit Deinem Licht und treibe die Finsternis aus unseren Herzen!“
„Denn der Tod ist der schnellste Reiter...“, hoben die drei Schwester nun zusammen an, „... und das Haus Rían reitet mit ihm.“