Geschichten:Bündnistreue – Der Ruf des Verbündeten

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Burg Zweifelfels, Baronie Zweiflingen, 20. Tsa 1043 BF:

Als Leomar von Zweifelfels zusammen mit seinen getreuen Rittern Bernhelm von Zweifelfels, Gishelm von Falkenstein-Sturmfels und Thallion von Greifstein, sowie den beiden Knappen Morgana von Sennenberg-Ruchin und Radulf von Bärenau den oberen Burghof der Feste Zweifelfels erreichte, war dieser, zu Leomars Überraschung, leer. Kein Aufmarsch der Zweiflinger Grenzwächter, kein Kräftemessen der Zweifelfelser Hausritter, nichts. Was war hier los, fragten sich die Ankommenden und sahen sich verwundert an.

Der Kronvogt von Neerbusch, der in der großen Fehde die in den garetischen Landen wütete qua Amt zur Neutralität verpflichtet war, kam mit seiner Entourage aus der blutenden Goldenen Au um sich dort selbst ein Bild vom Verlauf der Fehde zu machen. Seit einem Mond mischten auch Waldsteiner Ritter, die so genannten Traditionalisten am Grafenhof, aufgepeitscht von Seneschall Coswin von Streitzig und Hofkaplan Gutfried von Weißenstein, mit. Der Streitzig und der Prälat der Praios-Kirche hatten die Unzufriedenheit einiger Waldsteiner Ritter geschickt auszunutzen gewusst und für ihre Agenda eingesponnen. Was seinen Erzfeind Coswin antrieb konnte Leomar nur erahnen. Vermutlich wollte diese nun selbst zur Grafenkrone greifen.

Die Herrschaften stiegen ab und überließen ihre Pferde heraneilenden Stallknechten. Unterhalb des trutzigen Bergfriedes, Arngrimms Wacht genannt, entdeckte Leomar unter einer alten Eiche den Erzieher der höfischen Kinderschah Folmian Grimmbart. An seiner Seite die beiden Pagen Amara und Rondrik. Offenkundig stand gerade Schreibunterricht auf dem Lehrplan des Gelehrten.

„Dem Land zur Ehr, Meister Grimmbart“, begann der Kronvogt mit dröhnender Stimme, „wo kann ich meinen werten Neffen finden?“

„Begebt Euch in den Thronsaal und Eure Fragen werden beantwortet werden. Dem Land zum Dank und gehabt Euch wohl!“, rief der immer noch jugendlich wirkende Gelehrte und blickte nun wieder zu seinen beiden Schülern.

„Ihr wartet draußen“, fauchte Leomar etwas ungehalten in Richtung seiner Gefolgschaft und strich mit seiner Hand über sein Schwert Seelensäufer, eines der alten Schwerter der Goldenen Au, „ich gehe alleine rein!“


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Schnellen Schrittes lief Leomar den langen Kreuzgang zum Thronsaal entlang. Vorbei an den Wappen der Vasallen seiner Familie. Dort angekommen, sah er das Oberhaupt seiner Familie, Nartara, auf den Eichenthron sitzen. Es schien, als bemerkte sie seine Ankunft gar nicht. Ihr Körper war regungslos und ihre giftgrünen Augen starrten durch ihn durch. Vor dem Thron kauerten zwei etwa sieben Götterläufe alte, puppenhaft aussehende Mädchen. Ihre glatten, weißblonden Haare hingen bis zu ihren Hüften herab. Auch sie schienen Leomar nicht zu bemerken.

„Nartara, wo ist mein Neffe?“ Die Worte hallten in der großen Halle nach. „Er ist doch noch Baron dieser Lande, oder?“

Während Nartara, die auch die Hexe im Kettenhemd genannt wurde, regungslos blieb, starrten die schwarzen Augen der totenblassen Mädchen Leomar unvermittelt an. Es war ein komisches Gefühl, denn eine dieser Kreaturen war seine Tochter, doch er wusste nicht welche von beiden. Nartara hatte sie sich gleich nach der Geburt, bei der die Mutter, Leomars Frau, starb, zu sich geholt. So blickte er also in im fremde, ausdruckslose Augen, bis die beiden Mädchen im Gleichklang und mit sonderbar verzerrter Stimme zu ihm sprachen.

„Der salzene Prinz, so jung und doch so alt, er schon lange verweilt am verwunschenen Hof der Elfengräfin. Warum bist du gekommen, Säufer der Seelen?“

„Wo sind unsere Truppen?“ Leomar versuchte unbeeindruckt zu wirken. „Im Königreich herrscht die große Fehde und durch unsere Lande ziehen die Schergen des Seneschalls.“ Der Kronvogt spie die letzten Worte nahezu aus. „Unsere Ländereien in der Goldenen Au fallen. Wir haben bereits Hoheneichingen verloren und die Lettichau sieht sich immer wieder Angriffen marodierender Söldner ausgesetzt.“

Wieder waren es die schrill-verzerrten Stimmen der puppenhaft aussehenden Mädchen die ihm antworteten. „Das Land, in Blut getränkt, wird sich erheben. Faule Äste werden fallen. In Blut wiedergeboren wird das Land wieder auferstehen.“

„In Blut getränkt …“, wiederholte Leomar die Worte der beiden Hexenschwestern, „Zwei unserer engsten Verbündeten drohen sich an die Gurgel zu gehen, das könnte auch unsere Bündnisse bedrohen.“

„Ein Bund geschlossen an den Zwiefelsen ist heilig. Füge zusammen, was getrennt und der Bund wird sein für immer da.“

Leomar hatte die Antwort, die er gesucht hatte. Es schien ihm sinnvoll, keine weiteren Fragen zu stellen, denn Nartara und ihre Kreaturen hielt selbst er für gefährlich und unberechenbar. Ohne noch ein Wort zu sagen, verließ er den Thronsaal. Diese Audienz würde Leomar in Erinnerung bleiben.


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Wieder im Burghof, lief er in Richtung der alten Eiche.

„Meister Folmian, währt Ihr so gut mir Pergament und Tinte auszuborgen?“

Diese nickte bereitwillig.

An seine Getreuen gerichtet: „Ich werde jetzt zwei Briefe anfertigen und dann verschwinden wir hier.“


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Meine treuen Freunde,
 
 
 
 
der heutige Tag, der 20. Tag des Tsamondes, gemahnt uns an die freudige Wiederenthüllung des heiligen Altares der gerechten Herrschaft zu Korgond zu erinnern. Doch das Land ist in Aufruhr, Brüder kämpfen gegen Brüder, Schwestern gegen Schwestern. Betrübt musste ich während meiner Reise durch die blutende Goldene Au feststellen, dass sich zwei meiner treusten Freunde nunmehr feindselig gegenüberstehen.

Vielstimmig ist der Chor der Wahrheiten, besonders in dieser Zeit. Ich gemahne in freundschaftlichster Manier Zurückhaltung zu üben und mich anzuhören. Wie einst beim guten Kaiser Alrik den Ritterlichen, sollen Ausgleich und Stabilität der Maßstab unseres Handeln sein. Ein Bund, im Namen des ehrbaren Tugendhaften und des nährenden Landes geschlossen, ist heilig und es unsere Pflicht, diesen Bund zu erfüllen.

In freudiger Erwartung lade ich meine beiden treuen Freunde am achten Tage des Perainemondes zu den heiligen Zwiefelsen, von alters her Ort der Verständigung, auf das wir sorgenfrei und geeint in die Zukunft blicken mögen.

Dem Land zur Ehr!

Eurer treuer Freund,
 
 
 
 
Leomar von Zweifelfels

gegeben am 20. Tage des Tsamondes auf Burg Zweifelfels


PS: Amara und Rondrik geht es ausgesprochen gut.