Geschichten:Barbenwehr in neuer Hand - Ich bin die Herrin auf Barbenwehr

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Vor der Festung Barbenwehr

Fridega hatte darauf bestanden, dass ihre Vasallen vor der Festung Aufstellung nehmen sollten. Hofstaat, Burgbesatzung und vor allem die Grenzreiter der Zwickenfell und das Eliteregiment von Oberst Sturmfels waren ebenfalls versammelt worden, weshalb sich jetzt alles Volk hinzugesellt hatte, das von der großen Amtsübernahmezeremonie gehört hatte, zu der die neue Reichsvögtin geladen hatte. Unter den Zuschauern – es mögen fast tausend gewesen sein – waren auch zahlreiche Nebachoten, die sich halbwegs friedlich verhielten, obwohl sogar verfeindete Sippen zusammengekommen waren.

Vier Junker hatten in der vorderen Reihe Stellung genommen, wobei zwischen Brinian von Schurr und Haldora von Brunden möglichst viel Abstand war, der von Junivera von Sturmfels und Gerbald von Meidersee plaudernd gefüllt wurde. Etwas zurückgesetzt standen wie aufgelistet die Edlen und Ritter der Reichsvogtei: Maral von Koramsmär, Raulbart von Waltern, Yasemine von Franfeld, Jendara von Brunden und die jüngst bestallte Marisa von Zillingen, Tochter des geschassten Reichsvogtes Bendan.

Alles wartete darauf, dass auf dem Hochgerüst etwas geschehen würde: Eine Plattform war errichtet worden, etwa schulterhoch, auf der der Hofstaat sich wie im Chor aufgestellt hatte, dirigiert und ausgerichtet von der Burgvögtin auf Barbenwehr, der resoluten Winna Gurnhild von Isppernberg-Pranteln, von der die bisherige starke Frau der Burg verdrängt worden war. Samia von Gaulsfurt war nirgends zu sehen.

Auch ein Richtblock war aufgebaut – gut sichtbar – und versprach noch ein wenig blutiges Spektakel, auf das sich alle freuten. Die riesige Henkersaxt lehnte erwartungsvoll daneben.

Ein Raunen ging durch die Menge, als ein Trupp Soldaten eine Gefangene brachte, die neben dem Richtblock Aufstellung nehmen musste.

Kurz darauf erschien die neue Reichsvögtin: Fridega von Isppernberg hatte das Haar hochgesteckt, trug einen leichten Wappenrock in den kaiserlichen Farben, der fast wie ein Reitkleid geschnitten war, und ritt auf einem Rappen aus nebachotischem Gestüt. Sie sah nicht wie eine Kriegerin aus, aber auch nicht wie eine Reisende oder eine Balldame. Vielleicht wollte sie aussehen – wie eine Herrscherin?

Sie stieg direkt vom Pferderücken auf das Podest, nickte ihrem Hofstaat zu und lächelte die Gefangene kurz an, die sogar zurücklächelte. Erwartete sie, heute begnadigt zu werden? Immerhin: Die Macht, nicht zu strafen, war nur wahrhaft Herrschenden gegeben.

Die Reichsvögtin stellte sich vorn an die Kante, beide Beine fest am Boden, den Rücken durchgedrückt, die Schultern gerade. Sie stemmte die Hände in die Seite und erhob ihre Stimme.

„Gerbenwald! Ich bin Fridega! Reichsvögtin auf Barbenwehr. Ich trage der Kaiserin Krone!“

Sie machte nicht den Fehler, zu laut zu sprechen – sie wusste, dass ihre Stimme dann etwas Kieksendes bekommen konnte wie viele Frauenstimmen. Auch vermied sie lange Sätze. Ansprachen vor hunderten Menschen auf freiem Feld durften kein Palaver sein. Oder wie es der Cantzler gesagt hatte: „Langer Weg, kurze Sätze – kurzer Weg, lange Sätze.

„Ich habe die Macht über Euer Blut und Euer Bett. Ich befehle Euch und Euren Kindern! Ich bin die Herrin auf Barbenwehr!“

Sie trat zum Richtblock. Die Menge hielt den Atem an: Würde die schmale Gestalt jetzt die riesige Henkersaxt ergreifen? Würde sei zur Henkerin werden und das blutige Mordwerkzeug schwingen? War sie stark genug?

„Ich richte über Leben und Tod!“ Mit diesen Worten zog sie eine lange Haarnadel aus ihrer Frisur, präsentierte sie kurz der Menge und wendet sich zu Walda Schreckhaupt, die irritiert zurückblickte. Und mit einer kräftigen Geste stach sie der Schreckhaupt die Nadel durch das Auge ins Hirn. Schlaff sank sie zu Boden.

„Ich richte!“, rief Fridega laut. „Tod dem Verrat! Bei Rondra, so sei es!“

Und das war der Beginn der Herrschaft der Fridega von Isppernberg über die kaiserliche Feste Barbenwehr als Reichsvögtin von Gerbenwald. Und jeder, der ihr an diesem Tag nahe kam, um einen Eid abzulegen oder sei einfach nur aus der Nähe zu sehen, zählte die langen Haarnadeln in ihrer Frisur.



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16. Hes 1040 BF zur mittäglichen Praiosstunde
Ich bin die Herrin auf Barbenwehr
Im Land der Wilden


Kapitel 5

Tante Doranthe
Autor: BB