Geschichten:Begegnungen - Endlich Ruhe
Irgendwo zwischen Brendiltal und Haselhain, Travia 1037 BF
Selo genoss die Stille. Das zwitschern der Vögel, das Rauschen der Baumblätter eines nahen Hains die sich langsam auf den Winter einspielten. Das ruhige Getrappel der Pferde und was leise Rasseln und Klappern des Rüstzeugs seiner Rittleute hinter ihm.
Die Ruhe ließ ihn sich wieder selber wahrnehmen, nach den 3 lauten Tagen hinter ihm. Denn nach der schwierigen Begrüßung war es nicht unbedingt einfacher zugegangen, aber vorallem laut und voller Eindrücke, die er gar nicht alle des Abends in seinem Zimmer hatte niederschreiben können.
Ganz zu schweigen von den Unterredungen mit dem Baron und Heerführer. Die erste gleich zu Anfang war am schwierigsten gewesen. Selo war verärgert gewesen. Der Baron aber schien weder enttäuscht noch amüsiert oder gar wütend ob Selos Auftreten. Es schien eher desinteressiert und hatte da gelegen auf seinen zahllosen Kissen und sich von leichtbekleideten Dienerinnen mit Leckereien füttern lassen.
Und so war wieder eine Zeit lang nichts passiert, hatte Selo anfangs gemeint, doch dann hatte er begonnen die vielen Eindrücke, das Treiben, die Gerüche, die Gestik, die Worte, den Lärm des Trubels, alles in sich aufzusaugen bis er völlig in seine Gedanken und Erkenntnisse vertieft war, so dass er gar nicht bemerkt hatte wie der alte aber immer noch athletische Mann sich aufrechter hingesetzt und die Dienerinnen verscheucht hatte: „Ihär kommt szu miär und wollt ainä Fragä stellän und dann sitzt Iähr nur da und sakt kainen Ton, Iähr ställt maine Szait, Selo von Pfiffenstock.“ Der Baron hatte ihn absichtlich auf Garethi und mit dem garethischen Namen seiner Familie angesprochen, hielt er den Mann vor ihm doch auch eher für einen Raulii bzw. Garettii.
Selo hatte das bemerkt als er mit einem kleinen Schreck aus seinen Gedanken hochgefahren war. Und dann noch diese Bemerkung. ER sollte etweas gewollt haben? Der Brendiltaler hatte ihm doch einen Boten gesendet. Selo war wütend gewesen, hatte dann aber seinen Zorn gemäßigt und versucht eine blumige Antwort in nebachotischer Zunge zu formulieren: „Großer, erhabener Al’Shuar der die weitbekannten und vielgerühmten Reiter der 4 Stämme der Nebachoten in die Schlacht führt – ich war der Meinung eurer Einladung gefolgt zu sein und wollte nicht sprechen bevor ihr mir nicht das Wort gegeben habt, Euer Hochgeboren.“ – Dachte er gesagt zu haben. Doch der beinahe angewidert drein blickende Mann vor ihm war daraufhin drauf und dran gewesen sich die Hände auf die Ohren zu pressen: „Um Aier nebachotischäs Erbä stäht äs schlimmär als ich dachtä, das ist ja nicht zu ärtragän wie ihr sprächt…“, Selo hatte sich seinen Teil zum Thema Linguistik und Nebachoten gedacht bevor Eslam fortgefahren war: „…also sprächt doch bässer in Airer Szungä, Garrettii.“ Dann hatte der der Baron eine bereitwillige Geste gemacht um ihn (nochmals) anzuhören.
Selo hatte sich fest auf die Lippe beißen müssen um nicht beleidigt aufzuspringen und fluchend den Raum zu verlassen. „Nun, Euer Hochgeboren, ich bin hier weil ich um die letzten Worte meines Bruders, des größten Nebachoten seiner Zeit und ein wahrer Held, wissen möchte, soweit ich weiß hütet Ihr diese für mich.“, war seine bewusst gesetzte Antwort, die sein Ziel nicht verfehlte, er sah Eslam schlucken und sich etwas zu schnell erheben. Die kleine Spitze hatte gesessen, aber Eslam wollte oder konnte ihr auch nichts entgegensetzen, wollte er doch den Ruf seines grade verstorbenen Freundes nichts anhaften lassen. So hatte es nur in seinen Augen gefunkelt. „Simold där Ainändä, der großä Al’Hatim, dässän Ruhm sogar die Größtän sainär Familiä iberstrallt bat mich mit sainän letztän Wor’tän in sainär Waishait, die ich niä anszwaifeln wirdä, darum Aich dän Schutz sainäs Näffän und Ärben anzuvertrauän.“, weitere Worte hatte der Baron mit großer Mühe hinuntergeschluckt. Selo hatte sich ebenfalls erhoben „Auf Augenhöhe…“ hatte er sich gedacht, dann war ihm die Kinnlade kurzzeitig hinuntergefallen: „Ich? Den Sohn meiner Schwester? Warum nicht sie?“
Eslam hatte daraufhin die Augen verdreht: „Ihr müszt noch viäl lernän, Selo Al’Raulii und glaubt miär ich wolltä Simolds Äntschaidung wäre mir vär’stnändlich, abär daran zwaifäln wärdä ich nicht. Aire Schwestär siä hat in Haranija andärä Värpflicht’ungän und nun diä Tradition will äs, dass där Nachfolgär bai ainäm Mann aufwächst und zwar auf Hassal’han Ammayin. Ich häbä selbst genug zu tun, main 1. Sohn ist todt, ain Krieg stäht vor där Tir und main Ärbe muss noch viäl lernän, so wiä Iähr. Abär ich värsprach äs mainäm sterbändän Freind, där ainen Blick in diä Färna hattä wiä äs mir nie vergennt war, also wärdä ich dies akzeptieren und an där Saitä von Aich und sainär erwähltän Vegtin stähän, Ihr werdät äs brauchän. Abär said Aich im Klarän dariber, dass auch ich ain Ougä auf Aich haben wärde.“ Mit diesen Worten hatte der große Eslam das erste Gespräch zwischen ihnen beendet und war abrupt gegangen und hatte ihn allein mit all dem gelassen ohne einen Hehl daraus zu machen was er davon hielt, ganz gleich wie seine Worte gewesen waren. Lange hatte Selo noch so da gestanden während sich seine Gedanken überschlugen. Doch zu einem Ergebnis war er nicht gekommen, auch die Folgegespräche zwischen ihm und Eslam waren nicht besser verlaufen, aber zumindest war man dabei übereingekommen, dass Selo fürs erste in Haselhain bleiben würde, auch wenn in ihm alles nach Flucht schrie und in Eslam sich alles gegen diesen Möchtegern-Nebachoten sträubte. Glücklich war keiner von ihnen mit dieser Entscheidung, aber beide standen im Schatten von Simolds Tod, dieser hatte eine neue Zeit herauf beschworen ob sie wollten oder nicht.