Geschichten:Bis dass dein Tod uns scheidet Teil 8
Baronie Bärenau, Wildermark:
Die junge Frau hatte es geschafft. Sie hatte einigermaßen unbeschadet das Tor des Wehrgehöftes erreicht. Nachdem die Wachen von den Mauern das Feuer auf ihre Verfolger eröffnet hatten, waren diese recht schnell wieder in den Wäldern verschwunden, dabei wüste Flüche ausrufend.
Bernfried und Walgrim waren, nachdem die vermeindliche Gefahr beseitigt war, zum Tor der Anlage geeilt. Die beiden wachhabenden Kameraden waren rasch beschwichtigt, und so öffneten sie die Mannluke. Eine weibliche Gestalt in abgerissener Kleidung stand zitternd und schluchzend vor dem Tor.
„Hallo, meine Hübsche, so komm doch herein. Hier drinnen bist du vor deinen Verfolgern sicher“, versuchte Bernfried die junge Frau zu beruhigen. „Nun zier dich nicht so, wir haben hier genug Platz, und für ein so hübsches Ding wie dich reicht es noch alle male.“ Die Frau blickte die beiden Männer im inneren der Anlage etwas verschüchtert an. Dann fing sie erneut an zu schluchzen.
Die beiden Söldner traten auf sie zu. Als sie merkten, dass sie zurückwich, versuchte Bernfried sie weiter zu beruhigen. „Nun sei doch nicht so bang, meine Kleine. Hier drinnen bei uns bist du vor deinen Verfolgern sicher. Komm schon, zier dich nicht so und komm herein. Hier draußen holst du dir noch den Tod.“
„Seid, seid i`r sisch… sicher, dass ich euch nicht zur Last falle?“ fragte die Frau zögerlich.
„Aber wo denn, so ein Unsinn. Komm mit mir mit, ich bringe dich ins Warme. Du bekommst eine Decke, etwas zu essen und irgendwo finden wir noch ein Plätzchen zum schlafen für dich.“
Da meldete sich Walgrim: „Sicher, das sollte das geringste Problem sein, hähähä.“ Ein finsterer Blick seines Kameraden traf ihn und er verstummte.
Der Söldner Bernfried führte die blonde Frau, die ihr langes Haar zu einem leicht verklebten Pferdeschwanz gebunden hatte, durch die Mannsluke herein. Dabei bedachte er die beiden Torwachen mit einer Geste, dass sie diesen kleinen Zwischenfall nach Möglichkeit nicht melden sollten. Ein verheißungsvoller Blick des Söldners versprach ihnen dafür eine angemessene Entschädigung. Währenddessen betrachtete der andere die junge Frau genauer. Sie trug das schlichte Gewand einer Magd, ihr Gesicht und die Haare waren leicht verdreckt, was aber nicht verbergen konnte, dass dieses junge Geschöpf wahrlich von Rahja gesegnet war. Er konnte seine Blicke kaum von ihr lassen. Das zarte Gesicht, diese Augen, die vollen roten Lippen, diese makellose Figur. Er malte sich aus, was sie wohl unter dem Mieder trüge. Nun, er war recht zuversichtlich, dass er sich in Kürze davon persönlich überzeugen könnte.
Bernfried gab einem anderen Söldner, der ihm noch einen Gefallen schuldete, noch Bescheid, dass er seinen Wachdienst übernehmen sollte, dann begab er sich gemeinsam mit der schönen Frau in die Wohnstube des Gutshofes. Die ehemaligen Bewohner waren längst vertrieben worden, und seine Hauptfrau, Calina Firnbaum, die hier normalerweise residierte war nicht da, da sie sich auf einer Reise zum Hauptquartier in Puleth befand, um dort Rapport bei der Obristin zu erstatten. Sein Freund Walgrim positionierte sich derweil vor der Türe.
Bernfried gab der Frau etwas vom Eintopf in einer Schüssel, die Reste vom Abendessen. „Hier, nun iss erstmal was. Du bist ja immer noch ganz durch den Wind.“
„Da..danke, ho..hoher Herr“, antwortete sie.
„Ach was, hoher Herr, ich bin nur ein einfacher Soldat, wenn auch einer mit über 12jähriger Diensterfahrung. Nenn mich einfach Bernfried. Aber nun verrate mir auch deinen Namen mein schönes Kind.“
Er lies seinen Blick über den Körper der jungen Frau wandern, er hätte sich niemals träumen lassen, solch einer Schönheit jemals so nahe sein zu können. Heute müsste sein Glückstag sein. Erst würde er es sanft probieren - ohne selber Gewalt anwenden zu müssen machte es ihm selbst auch mehr Spaß - doch wenn sie sich weigern würde, würde sie schon bald merken, dass sie nicht nur aus purer Menschenfreundlichkeit bei ihm Aufnahme gefunden hatte. Gierig leckte er sich über die Lippen.
„Mein... mein Name ist Fenya. Isch…ich lebe in einem Dorf, ein paar Meilen westlich von hier. Ein paar bewaffnete Schurken kamen gestern zu uns und haben…haben..“ Sie brach in Tränen aus.
„Schhhht, schon gut!“ tröstete sie der Mann. „Iss erstmal, dann sehen wir weiter.“ Er lächelte sie an, so freundlich er es nur konnte. Und ganz zaghaft erwiderte Fenya sein Lächeln.
Sein Blick fiel auf ihre Hände. Er stutzte: „Oh, du hast dort einen…“
„Ja, es war ein Unfall vor ein paar Jahren. Beim `olz… Holzhacken hab ich mir versehentlich einen Finger abgeschlagen. Es tat fürchterlich weh, aber ich habe zur Herrin Peraine gebetet, dass sie mich nicht daran sterben lassen möge, und ich hatte Glück dass die Wunde so gut verheilt ist.“
Der Söldner war recht angetan von dem was er hörte. Er nahm die Hand der Frau in die seine und staunte nicht schlecht darüber, wie perfekt die Wunde doch verheilt war. Auch waren dies nicht die Hände einer Magd, dafür waren sie viel zu filigran und sanft. Doch er war zu sehr von der Unschuld und der Reinheit der schönen Frau angetan, als dass ihn das stutzig hätte machen können.
Als sie fertig gegessen hatte streichelte er sie sanft über den Rücken und über die Seite. „Willst du es dir hier nicht ein bisschen bequemer machen? Ich würde dir auch Gesellschaft leisten.“
Fenya lächelte ihn schüchtern an: „Ich will Euch hier nicht zur Last fallen, wisst ihr? Ich bin auch mit einem Eckchen im Stall zufrieden.“
„Ach was, hier sind wir ganz ungestört. Na los, wir sollten den schönen Abend noch ein wenig genießen, meinst du nicht auch?“ Dabei löste er ihr die Schnüre ihres Kleides am Rücken.
Sie wehrte ihn sanft aber bestimmt ab: „Nein, das… das möchte ich nicht, bitte.“
„Aber ich möchte es sehr gerne, meine Kleine. Und ich mag es nicht, wenn man meine Gastfreundschaft nicht so zu schätzen weis.“ Er pfiff kurz nach seinem Kameraden, der draußen vor der Türe stand. Dieser betrat darauf den Raum. „Ich könnte hier ein wenig Hilfe gebrauchen. Unser Gast weiß scheinbar nicht, wie man sich für unser Entgegenkommen entsprechend revanchiert.“
„So was, so was!“ entgegnete der neu hinzugekommene.
„Gut, du zuerst. Dann bin ich dran.“
Er trat energischen Schrittes auf die Frau namens Fenya zu und packte sie grob an den Armen und versuchte sie zu Boden zu zwingen.
„Nein, bitte nicht! Ich fleh euch an, tut dies nicht!“ rief sie. Doch die Männer ließen nicht von ihrem Vorhaben ab. Während Walgrim sich hinter sie kniete und ihre Arme hielt, machte sich Bernfried an ihren Beinen zu schaffen, schob ihr den Rock hoch und versuchte, ihren Unterrock herunter zu reißen.
In diesem Moment hörte Fenya auf sich zu wehren. Sie flüsterte ein paar Worte, in einer Sprache, die die Söldner nicht verstanden. Von fern erklang leise eine betörende Melodei. Walgrim ließ seinen Griff etwas lockerer: „Was… was hat das zu bedeuten?“ rief er. Ihm wurde irgendwie anders. Auch Bernfried stutze. Sein Blick fiel auf die halb entblößten Beine der jungen Frau, doch was er sah ließ ihn inne halten. Um den linken Oberschenkel war eine Beinscheide gebunden, in denen ein dünner gewellter Dolch, eine so genannte Basiliskenzunge, steckte, während sich an ihrem anderen Bein ein Halfter befand, in welchem sich eine Art Schusswaffe befand, jedoch von einer Machart, die Bernfried noch nie zuvor gesehen hatte. Auch ihm schwanden die Sinne, er konnte die Sphärenklänge nun klar und deutlich vernehmen. Sie versetzten ihn in leichte Verzückung. Sein Gefühl sagte ihm, dass hier etwas nicht stimmen konnte, doch war er nicht in der Lage, sich dagegen zu wehren. Was in aller Dämonen Namen ging hier vor?
„Bernfried…“ er horchte auf. „Bernfried..“ Er blickte der Frau, vor der er kniete, ins Gesicht, und glaubte das Antlitz eines überderischen Wesens zu schauen.
„Was tust du da?“ hörte er eine Stimme, die nicht von dieser Welt zu stammen schien. „Ich.. ich weiß es nicht mehr…“, kam die Antwort. Auch sein Kamerad wog sich nur noch hin und her, bezaubert von den Klängen, zu wundervoll und rein, dass sie nicht aus dieser Sphäre stammen konnten. Er lies diese fleischgewordene Göttin los und blickte sie voller Verzückung an. Ihr güldenes Haar glitzerte zauberhaft im Feuerschein des Kamins.
„Bernfried, nimm den Dolch!“ erklang eine betörende Stimme. Bernfried zog langsam den Dolch aus der Scheide. „Schau ihn dir gut an…“ Bernfried tat ohne zu zögern wie ihm geheißen. „Und nun: stich deinem Freund den Dolch ins Auge!“
Der Söldner sah den Dolch, sah seinen sich hin und her wiegenden Kameraden… sah noch einmal den Dolch, fasste ihn fester und dann stach er zu. Die Klinge drang tief in die Augenhöhle seines Kameraden ein, und mit einem lauten Stöhnen brach der andere Söldner zusammen. „Was…was hab ich da gemacht?“ fragte sich Bernfried in Gedanken.
„Es war richtig so“, vernahm er wieder die beruhigende Stimme. „Nun zieh den Dolch heraus, führe ihn an deinen Hals und schneide deine Kehle durch! Hörst du?“
„Meine Kehle durchschneiden?“
„Ja, ich führe dich an einen besseren Ort, Bernfried. Vertraue mir nur.“
Bernfried sah nur noch dieses gottgleiche Wesen neben sich knien. Sein Blick fiel auf seinen toten Kameraden und er zog die Klinge heraus. Seine Gedanken schweiften zu dem verheißungsvollen Ort hin, zu dem er bereits vorgegangen sein musste. Langsam führte er die blutige Basiliskenzunge an seine Kehle…
Da durchbrach ein lautes Geräusch die Harmonie. „Bei allen Dämonen, was ist denn hier passiert?“ polterte eine energische Stimme. Die Tür war aufgeflogen und im Raum stand eine große recht grobschlächtige Frau mit kurzen braunen Haaren, die Bernfrieds Sinne schlagartig zurückkehren lies.
Doch die blonde Frau kam ihm zuvor. „Sie… sie wollten misch vergewaltigen. Doch sie gerieten in Streit darüber wer anfangen dürfte, und der eine stach den anderen nieder. Oh, bitte glaubt mir! Ich konnte es nicht verhindern!“ rief die Frau, die sich Fenya nannte.
Bernfrieds Gedanken überschlugen sich. „Was? Aber das ist eine Lüge, Hauptfrau! Ihr müsst mir glau…“ in diesem Moment traf ihn der schwere Streitkolben der inzwischen wütenden Frau vertikal von oben, so dass er schwer nach hinten stürzte.
„Du vögelst hier keine Dorfschlampen ohne meine Erlaubnis, klar, Kerl?“ brüllte sie ihn an, während sie ihren Streitkolben mehrfach niedersausen lies. Nach wenigen Herzschlägen konnte sich Bernfried nicht mehr rühren und blieb blutüberströmt und reglos auf dem Boden liegen.
Die Frau namens Fenya hatte sich inzwischen ängstlich in eine Ecke gekauert und schluchzte in ihren Schoss. Als die Hauptfrau fertig war, kam sie immer noch wütend auf sie zu und zerrte sie auf die Beine. „Mitkommen, du kleine Schlampe. Du wirst mir erstmal ein paar Fragen beantworten. Und keine Mätzchen, klar? Sonst werd ich richtig böse!“ Grob zerrte sie die zierliche, blonde Frau mit sich mit und schleppte sie in ein provisorisches Verhörzimmer.
„Merde!“ dachte sich Simiona. „So `atte isch mir das nischt vorgestellt!“
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