Geschichten:Blut ist und bleibt Blut - Rückkehr zu den eigenen Wurzeln
Letztlich hatte sich Bardo dazu durchgerungen, einen ersten Kontakt zu wagen. Lange hatte er über der Formulierung gebrütet, doch letztlich hatte er ein Brief in die alte Heimat geschickt. Zu seiner Überraschung hatte er eine schnelle Antwort erhalten, zu seinem großen Erstaunen war ihm darüber hinaus auch ein Treffen in Gareth angeboten worden. Zum Familienrat wollte man sich während der Kaiserturnei in Gareth zusammenfinden und beratschlagen. Sofern er wollte, so könnte er hier sein Anliegen persönlich vortragen. Es hatte ihn überrascht und anfänglich ein wenig verschreckt, hatte er doch viel lieber ein langsames Abtasten und Kennenlernen im Briefwechsel vorgezogen, anstatt ins kalte Nass springen zu müssen. Ein Halm zum Greifen nahe und dennoch war sich Bardo anfänglich nicht sicher gewesen.
Im Vertraulichen Rahmen hatte sich Bardo letztlich mit jenem Teil seiner Familie getroffen, den sein Vater vor langer Zeit hinter sich gelassen hatte. Ein aufschlussreiches Gespräch mit vielen Überraschungen hatte auf ihn gewartet. Natürlich war sein Gegenüber mit einem gewissen Misstrauen in das Gespräch gestartet, stand doch zu befürchten, dass er womöglich ein Betrüger war, der nur an Gold interessiert war. Genau aus diesem Grund hatte er in seinem Brief alles zur Familie und zu den Stammlanden niedergeschrieben, was er von seinem Vater wusste, ein Versuch, eine vertrauensvolle Grundlage zu schaffen. Das Vertrauen einer Frau, die so alt war wie sein jüngstes Kind! Und sie sollte das Oberhaupt seiner Familie sein? Oh, wie jung sie doch war und zudem war auch noch mit einem anziehenden Äußeren gesegnet, aber besaß sie auch die Reife und Weitsicht, die er für seine Familie hier in Garetien brauchte? Nachdem sie sicher war, tatsächlich mit einem Blutsverwandten zu sprechen, war Vea Timerlain von Vairningen für seine Worte aufgeschlossen, und schnell bemerkte Bardo, dass er nicht enttäuscht wurde, charmant und blitzgescheit begriff die junge Baronin schnell seine Absichten, seine Sorgen und zeigte Verständnis. Gleichzeitig machte sie ihm aber auch klar, dass sie bei Verhandlungen hart wie Stahl war und zugleich auf Phexens Pfaden wandelte. ‚Voran, ins Licht!‘ So lautete seit jeher der Wahlspruch der Familie. Das Antlitz in den ordnungsliebenden Schein der Praiosscheibe getaucht, im Rücken jedoch warteten die phexgeheiligten Schatten. Genauso so zeigte sich Vea. Sie zeigte ihm, dass - wenn er die Unterstützung der Familie in Anspruch nehmen wolle - ihn das etwas kosten würde. Der Preis war klar: Loyalität. Sein Verdienst hingegen konnte vielgestaltig sein. Ein gutes Wort hier, eine Empfehlung da oder, wenn es denn sein musste, auch schlicht und einfach schnöde Dukaten. Ihre Beziehung musste nicht offen sein, das wollte Bardo zum jetzigen Zeitpunkt auch überhaupt nicht, doch musste er damit rechnen, Gegenleistungen zu erbringen. Würde er also zu jenen werden, die behaupten, die Nordmarken zu hassen und sie im Verborgenen dann doch unterstützen?
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