Geschichten:Boronias dunkle Schatten – Spurensuche in den Gassen von Gareth
Reichsstadt Alt-Gareth, Ende Travia 1046 BF:
In bedeckter Kleidung stromerten Salix Borontreu von Zolipantessa, Wulthos von Pandlaril und Tolmario Silem von Aralzin durch die pulsierenden Gassen von Gareth. Besonders Wulthos Augen leuchteten, er liebte die Kaiserstadt und das, was sie zu bieten hatte. Tolmario war wie gewohnt der stille Beobachter, dem nichts entging, sich allerdings von den Eindrücken der Stadt nicht mitreißen ließ. Salix war immer noch etwas angefressen, dass sie ausgerechnet auf seinen Gefährten Tolmario hören sollten – den Jüngsten im Bunde. Es gönnte es ihm, denn er liebte ihn, dennoch sah er sich in dieser Runde als klare Führungsfigur.
Die Suche nach dem Börnländer gestaltete sich anfangs schwierig. Im Hotel Garetien war er nicht aufzufinden. Auch nicht in der Arena. Wulthos hatte die Eingabe, in der Schänke „Zur Tribüne“ einzukehren. Das besonders von Thorwalern gerne frequentierte Etablissement war unter Hand für illegale Sportwetten bekannt. Nach diskreten Nachfragen und dem Wechsel von der ein oder anderen Silbermünze, wurden sie ins Hinterzimmer der Schänke geführt. Dort erwartete sie ein großgewachsener Mann, mit langen blonden Haaren und Bart – der um einiges jünger war, als die Drei erwartet hatten.
„Bei den Gefliegelten, welch Augenweiden schickt mir denn der Aimar-Gor diesmal ins Haus.“ Der Kirschhausen, der in einem breiten bornischen Akzent sprach, grinste breit.
„Woher wisst ihr …“, stammelte Wulthos los.
„Es sind immer die schenen Burschen, die der Aranier schickt. Zu schen für die dunklen Gassen der Stadt. Aber lasst mich aich ansehen. Wie es scheint, haben sich hier die Heiratswilligen der Burggräfin versammelt.“ Der Bronnjarensohn aus der bornischen Mark lachte laut.
„Wie meinen?“, fragte Salix etwas irritiert.
„Ihr nicht, aber die anderen beiden Hiebschen wurden als potenzielle Heiratskandidaten für Burggräfin Yrsya von Gareth gehandelt. Ja ja, so habe ich es gehert. Ich war auch im Rennen, aber was soll ich mit einer Burggräfin? Das verträgt sich nicht mit meiner Leidenschaft fürs Spiel.“ Wieder dröhnte das Lachen des Bornländers durch den Raum.
„Weswegen wir eigentlich hier sind!“ Mit unbewegter Miene warf Tolmario dem bärtigen Mann den kleinen Lederbeutel mit Bernsteinen zu, den dieser gekonnt auffing und öffnete.
„Ah, Steine der Sonne aus dem hohen Norden. Die finden sich dieser Tage zuhauf hier, noch dazu zu erschwinglichen Preisen.“
„Wie kann das sein, schließlich hat doch die Praios-Kirche das Handelsmonopol darauf?“, wollte Salix wissen.
„Schmuggel, im großen Stil. Aus dem Westen. Wie ich herte aus dem Horasreich.“
„Aber der Bernstein kommt doch offensichtlich aus Glyndhaven“, warf Wulthos ein.
„Ja normalerweise iever die Bernsteinkarawane. Doch das kommt aus dem Horasreich, also zumindest von dortigen Händlern erstanden … und wir reden dabei von illegaler Ware … die schwämmt nahezu nach Gareth. Man munkelt von Diebesgut von ieberfallenen horasichen Schiffen.“
„Nicht nur Bernstein?“, fragte Tolmario bewohnt knapp.
„Nein, auch Schwarzstahl der Shakraga und gar Theriak.“ Die sonst so dröhnende Stimme des Bornländers wurde sehr viel gedämpfter.
„Wir benötigen Beweismaterial. Könnt Ihr uns etwas von den Genannten besorgen?“ Tolmarios Augen blitzen auf. Da sprach der Alchimist in ihm.
„Tolmario“, zischte Salix. Doch dieser ließ sich nicht beirren und hielt dem festen Blick Mjeskos stand.
„Das wird nicht ganz billig werden.“ Ein wölfisches Grinsen umspielte die Mundwinkel.
Tolmario schob dem Bronnjaren eine kleine Schatulle rüber. „Das ist für Euch, mit den besten Grüßen meines Herrn und der Inhalt dieses Beutels sollte alles weitere in die Wege leiten.“
„Der kleine Liebfelder gefällt mir. Ihr habt Schneid.“ Der Bornländer zwinkerte Tolmario zu. „Ich werde etwas Zeit brauchen. In drei Tagen treffen wir uns an einem Ort, den ich euch noch nennen werden.“
Tolmario nickte stumm, während Salix und Wulthos ihren Freund verwundert anschauten. So hatten sie ihn noch nie erlebt.