Geschichten:Brandspuren - Nur Geduld
Feidewald, 18. Boron 1043 BF
Die Nacht wird kalt werden. Ich stehe auf, um noch mehr Holz für das Feuer in meiner winzigen Hütte neben dem Meilerplatz herbeizuholen, um meine Gedanken zu ordnen, um meinen Plan zu schmieden. Weit brauche ich nicht zu gehen. Die ersten Klafter von neuen schrittlangen Scheite lagern, kürzlich von den Holzhackern gespalten, bereits unter den offenen Schindeldächern und warten auf den nächsten Sommer, wenn das Brennen wieder beginnt.
Mein alter Meister hatte gesagt, nur Geduld, Ästchen, irgendwann kommt der Moment der Vergeltung. Und dann hat sich Meister Ardo selbst einmal nicht an die eigene Lehre gehalten und zu einer überstürzten Handlung hinreißen lassen. Mit seinem Leben bezahlt hat er dafür, zusammen mit seinen hochherrschaftlichen Freunden. Das soll mir eine Warnung sein!
Die Gesellen hingegen, die jedes Jahr im Frühling hierher hinauf in die Bergwälder kommen und denen ich seither zur Hand gehe, waren eine bessere Schule in Geduld: erst die Meiler aufschichten, das getrocknete Holz entzünden und dann tage- und wochenlang, den aus dem großen zuerst mit Reisig und Erde abgedeckten Holzhaufen hervorquellenden Rauch beobachten, ohne je ein Auge zu schließen, und die Luftlöcher je nach Bedarf öffnen oder schließen, bis schließlich nur noch die begehrte Holzkohle oder Pech und Teer übrig bleiben.
Ich nehme den Arm voll Holz und stolpere in meinen klappernden Pantinen durch die Dunkelheit an den untergestellten Pferden und dem die Tiere bewachenden Mädel vorbei zurück zu meiner Hütte. Richtig gruselig ist die mit ihren schlohweißen Haaren, ich hab's genau gesehen, obwohl sie die unter ihrer Kapuze versteckt. Aber nur nicht hinschauen - vielleicht hat die auch den bösen Blick - und schnell wieder durch die knarrende Tür ins Warme.
Der, der nun dort drinnen brandweinsaufend am Feuer sitzt, stolz und rücksichtslos inmitten seiner waffenstarrenden Gefolgsleute, hat damals das Schwert gegen meinen Meister geführt. Jetzt werde ich ihn seinem Schicksal zuführen und so eine doppelte Vergeltung üben, nach der mich so verlangt. Er ahnt nichts, der edle Herr. Er denkt, er hätte einen einfachen Köhlerburschen vor sich, dessen ach so traviagefällige Gastfreundschaft er ausnutzen kann. Und der darüber hinaus die Reiter gesehen hat, die er sucht, und den Weg, den sie nahmen. Oh, ich kenne die Reiter und ihre Wege nur zu gut. Blut ist schließlich dicker als Wasser. Es wäre mir ein leichtes, ihn auf eine falsche Fährte zu locken, so viel geht in diesen Tagen in Feyderichs Wald um. Doch nein! Geradewegs zu ihnen werde ich ihn schicken. Wenn ich es richtig anstelle, wird er damit das Urteil über sich selbst sprechen und zugleich das Werkzeug meiner Vergeltung sein. Einst haben sie mich verstoßen und in der Wildnis zum Sterben zurück gelassen. Nicht besser soll es ihnen nun selbst ergehen! Nur noch ein wenig Geduld.
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