Geschichten:Das Erbe Simyalas – Schatten über dem Einhornsee
Am Ufer des Einhornsees, Rondra 1044 BF:
Mit ernsten Blick und blutverschmierten Gesicht trat Laraya an das Ufer des Einhornsees – oder Alwa-sa, wie die Elfen ihn nannten. Wiedereinmal hatte es eine übermütige Truppe Gesetzloser versucht sich dem See zu nähern. Diese Feinde des nurdra waren an den alten Relikten interessiert, die am Ufer mitunter zu finden waren. Relikte aus längst vergangen Zeiten, denn unten auf dem Grund des See ruhten die Ruinen der untergegangen hochelfischen Stadt Faldavanya. Es waren die Überbleibsel dieser Zeit, die immer wieder zwielichtiges Gesindel, wie versprengte Reste der Rubinbrüder, anzogen. Die Mitglieder der Morgentau-Sippe, deren Dorf am Ufer des Sees lag, kannten mit diesen Kreaturen keine Gnade. So auch Laraya nicht, die mit dreißig Sommern eine der jüngsten Kämpferinnen der Sippe war und erst seit wenigen Sommern zum Kreise der Erwachsenen gehörte. Wäre es nach ihrer Mutter Valaria gegangen, dürfte sie noch immer nicht durch die Wälder streifen. Zu sehr hatte diese Angst, dass Laraya zu oft in Kontakt mit Menschen kommen und so das badoc mit in ihre Sippe tragen würde. Laraya konnte die Angst ihrer Mutter nicht nachvollziehen. Die junge Elfe war voller Neugier auf die Welt da draußen außerhalb ihrer Siedlung, gar außerhalb des Waldes gewesen. So zog sie dann auch in die Welt hinaus, um sich menschliche Städte aus Stein anzusehen. Diese Neugier hatte sie von ihren Vater Imion, der wanderte als Waldläufer und Abenteurer umher. Im Dorf war er nicht mehr gerne gesehen und wurde gemieden, da viele ihn für badoc hielten. Laraya kehrte auch nur noch selten in ihr Dorf zurück. Ihr letzter Besuch sollte schon mehrere Sommer zurückliegen.
Wenige Dutzend Meter von Laraya entfernt wuchsen die Pfahlhäuser ihres Dorfes wie Pflanzen vom Ufer in den See hinein. Es waren filigrane, geschwungene Bauten mit eigentümlichen Formen, die mit Tier- und Pflanzenornamenten verziert waren. Blühende Blumenranken gaben den Häusern noch mehr den Anschein belebt zu sein.
Laraya wollte sich gerade das Blut aus dem Gesicht waschen, also ein Elfenjüngling auf sie zugelaufen kam."Laraya, du bist wirklich hier?"
"Felerian, bist du es?", fragte die Angesprochene ungläubig mit einem kecken Lächeln. "Das letzte Mal als ich hier war warst du noch ... ."
"Ja, du bist einfach zu selten hier", antwortete der junge Elfe mit hochgezogener Augenbraue, die den anklagenden Unterton verriet.
"Ich weiß, ich weiß ... aber die Welt da draußen ... außerhalb des Waldes." Larayas Stimme überschlug sich fast. "Ich habe die steinernden Städte der Menschen gesehen ... viele ... und noch mehr Menschen."
"Valaria wird nicht erfreut sein ... aber ich freue mich. Ich bin jetzt auch in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen worden." In den Augen Felerians blitzte Stolz auf.
"War meine Mutter auch dagegen? Ach, das ist nicht mehr wichtig. Ich freue mich sehr für dich."
"Waren sie wieder da?" Felerian deuete auf Larayas blutverschmiertes Gesicht.
"Ja, irgendwelche Menschen der Rubinhexe."
"Sie kommen immer öfter ... ich habe auch schon einen erlegt." Wieder lag Stolz in der Stimme es jungen Elfen, die mit einem Schlag wieder ernster wurde. "Glaubst du die wollen das Goldene Grauen befreien?"
"Ich weiß es nicht ... auch an anderen Orten hörte ich Geschichten von diesen Menschen ... sie sind zerza."
"Aber jetzt erzählt mir alles von den Menschenstädten." Felerian sprang aufgeregt von einem Bein auf das andere.
"Nur Geduld, wie ich sehe hat sich nicht alles verändet. Ich werde mich erstmal waschen."
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