Geschichten:Das Große Kabinett - Rondras Werk und Phexens Beitrag
Schloss Auenwacht, Kaiserlich Gerbaldsmark:
Voller Spannung fieberten nicht nur die Beteiligten dem Halbfinale der Kabinettstjoste entgegen, denn es gab einige Überraschungen die das Teilnehmerfeld betrafen. So hatte wohl niemand damit gerechnet, dass es der eslamsgrunder Junker Hartor Sesemurm zu Birkenweiher bei seiner ersten Turnierteilnahme bis ins Halbfinale schaffen würde. Sicher war dem Neuadligen beim Losglück Phex hold gewesen, aber hatte er doch ebenfalls einen der Marschallskandidaten aus dem Turnier geworfen. Nun aber musste der Neuling gegen den weit erfahreneren Greifenfurter Urion von Reiffenberg antreten – ebenfalls ein Kandidat für den Marschallsposten. Würde der Eslamsgrunder auch diesmal siegreich sein?
Diese Überlegungen führten bei einem weiteren Halbfinalisten dazu, das Gespräch mit seinem Gegner zu suchen, etwas abseits des Turnierfeldes versteht sich. Denn bei dieser Tjoste ging es bei weitem nicht nur um den Sieg zu Ehren Rondras, sondern hauptsächlich um die hohe Politik, die heuer eher Phexens Domäne zuzuordnen ist und dem Kronvogt von Neerbusch war der Schutzgott des Königreiches ohnehin viel näher als die stürmische Leuin.
„Hochgeboren, wie mir scheint, sind uns Rondra und Phex in diesem prestigeträchtigen Turnier zu Ehren König Bodars hold gewesen. Meine Hochachtung!“ Leomar deutete eine Verbeugung an, während der ehemalige kaiserliche Marschall nur zustimmend nickte. „Wie Ihr aber wisst, geht es bei diesem Turnier um mehr als nur um Ehre, sondern der Sieger hat die ehrenvolle Aufgabe, den Ratsschluss des großgaretischen Adels der Kaiserin mitzuteilen. Ein jeder von uns verfolgt seine eigenen Interessen, so will es das Spiel der hohen Politik und somit ist es nicht unerheblich, wer den Ratsschluss der Kaiserin überbringt. So werdet Ihr ein Interesse daran haben die hohe Anzahl an Landwehrregimenter für die Markgrafschaft Perricum zu reduzieren, auch mögt Ihr gar Präferenzen für den Marschallskandidaten aus Eurer Heimat haben, oder aber eine Vorliebe für einen der hohen Herren, die dem Schroeckh als garetischen Staatsrat nachfolgen wollen. Ich für meinen Teil habe in den letzten Tagen intensiv und sehr erfolgreich für den Ausbau des Elfenpfades geworben, wie ich auch meinen bescheidenen Anteil daran hatte, die dreiste Forderung der Reichsstadt Perricum aus dem Ratsschluss zu tilgen, was Euch sicherlich auch sehr entgegengekommen sein dürfte. Das alte Recht unseres Standes muss mit allen Mitteln verteidigt werden. Was nun noch bleibt, ist die Frage, wer großgaretischer Marschall wird.“
„Wohl wahr, Hochgeboren und für Euren Einsatz bei der Wahrung der Interessen des perricumer Adels möchte ich Euch auch noch einmal meinen tief empfundenen Dank aussprechen. Aber verzeiht mir dir Frage, was hat das mit unserem Lanzenritt zu tun?“ Wallbrord war sich nicht sicher, worauf der Zweifelfelser hinaus wollte, das politische Parkett war einfach nicht seine Welt.
„Nun, um der Wahrheit Genüge zu tun, müsst Ihr zugeben, dass die Chancen für Aldron von Firunslicht Marschall zu werden, stetig sinken. Die Sache wird wohl zwischen dem Greifenfurter und dem Streitzig entschieden werden.“
Wallbrord überlegte einen Augenblick, aber wie er es auch drehte und wendete, der Kronvogt von Neerbusch hatte Recht. Es war mittlerweile höchst unwahrscheinlich geworden, dass sich der Adel für den von ihm favorisierten perricumer Heermeister aussprechen würde, dennoch wusste er immer noch nicht, was das mit dem bevorstehenden Lanzengang zu tun haben sollte.
Leomar, der das Unverständnis seines Gegenübers förmlich in dessen Gesicht ablas, wurde deutlicher. „Die Vorbereitung für unser Aufeinandertreffen auf dem Turnierfeld kostet uns beide sehr viel Zeit, Mühe und Kraft. All das fehlt einem von uns dann für das Finale und dem anderen für andere wichtige Verpflichtungen. Daher, so wir uns auf eine gemeinsame Linie einigen könnten, wäre es doch sinnvoller, wenn wir unsere Ressourcen bündeln würden. Um es auf den Punkt zu bringen, wenn Ihr mir zusichert, im Falle eines Turniersieges für den Streitzig zu stimmen, dann werde ich mich, sagen wir mal so, bei unserem Lanzengang nicht so sehr anstrengen.“ Ein Blitzen lag in Leomars Augen.
Wallbrord, sichtlich überrascht von dieser Offerte, schnappte erst mal nach Luft, bis er sich wieder gesammelt hatte. Dass sein Gegner im Halbfinale ihm den Sieg für ein gewisses Entgegenkommen quasi auf dem Silbertablett zu servieren bereit war, war so ziemlich das Letzte, was er erwartet hatte. „Hochgeboren von Zweifelfels, mir war nicht bekannt, das Ihr freundschaftliche Beziehungen zu dem Hause Streitzig unterhaltet.“ Gerüchte über einen schwelenden Zwist zwischen den Zweifelfelsern und den Streitzigs um Einfluss in Waldstein war auch dem ehemaligen kaiserlichen Marschall zu Ohren gekommen.
„Nun, man könnte annehmen, ich hätte ein gewisses Interesse, dass die Aufmerksamkeit des Streitzigs woanders gebündelt werden wird, außerdem könnte man annehmen, dass der ehrenhafte Posten des großgaretischen Marschalls mit einer hohen Sterblichkeit verbunden sein könnte. Ich möchte es aber lieber so ausdrücken: Trotz aller Zwistigkeiten mit den Steitzigs bin ich doch zu allererst eins – ein Waldsteiner! Haben wir also eine Abmachung?“
Der Vellberger dachte kurz nach. Einerseits behagten ihm derlei Ränke zwar überhaupt nicht, andererseits fühlte er sich Leomar gegenüber für dessen Einsatz wider die frechen Forderungen der Reichsstadt Perricum auch ein wenig in der Pflicht. Zudem böte sich ihm im Falle des Turniersiegs die einmalige Möglichkeit, doch noch die von Aldron und ihm gewünschte Reduzierung der Anzahl der von Perricum zu stellenden Landwehrregimenter zu erreichen. „Einverstanden.“, antwortete Wallbrord knapp. Wirklich zufrieden wirkte der Oberst dabei jedoch nicht.
Garetien-, Greifenfurt- und Perricum-Con 2012
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