Geschichten:Das Land am Arvepass - Kräftemessen

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Burg Angareth, Markgräflich Arvepass, 30. Rondra 1046 BF

"Bwahaha! Du kleiner Mann! Du mir nichts befehlen!", rief der kalhgeschorene Trollzacker aus und baute sich vor dem Mann, der angetan war in den Farben der Vogtei, auf und funkelte ihn wild an. Dieser versuchte sich zwar ebenfalls aufzubauen, doch im Vergleich mit dem Trollzacker wirkte er beinahe schmächtig. Dabei war Torbian keines Wegs von kleiner Statur, er hatte schon das ein oder andere mal mit Garrald im Wettstreit gerungen und war hin und wieder als Sieger hervorgegangen. Doch diese Barbaren die seit kurzem auf der Burg weilten? Das waren andere Kaliber... Wild und unzivilisiert, er kannte die Geschichten über dieses Volk und was viel wichtiger war, er hatte schon das ein oder andere Mal seine Klinge mit ihnen gekreuzt! Einige der Trollzackersippen hatten sich einst den schwarzen Landen angeschlossen und nun standen eine Handvoll von ihnen in diesen Hallen und führten sich auf, als ob sie ihnen gehörten!

"Euer Platz ist dort! Hier vorne sitzen die Soldaten der Bombarden!", entgegnete Torbian energisch, während seine Hand unwillkürlich zum Schwertgriff ging. Er war dem Trollzacker vielleicht von der Körperstärke unterlegen, doch ganz bestimmt nicht in Geschwindigkeit. Wenn er sich konzentrieren würde, könnte er den ersten Schlag setzen und wer weiß, vielleicht würde das ja reichen?

Die beiden Männer starrten sich gegenseitig an und keiner der beiden schien einfach so kleinbei geben zu wollen. Da sprang die Tür zum Speisesaal auf und Landvogt Bärfried von Hardenstatt schritt herein, dicht gefolgt von Hauptmann Firunslicht sowie den zotteligen und jeden in Körpergröße überragende Rhadrosh. Irgendwer musste, als der Streit anfing, so geistesgegenwertig gewesen sein und den Landvogt gerufen haben. "Sofort auseinander! Brazul, zwei Schritte zurück! Torbian ebenfalls!", rief der Hardenstatt aus und schritt zwischen die beiden Männer. Er musterte sie kurz, lies seinen Blick durch den Saal schweifen und drehte sich dann zu dem Trollzacker mit Glatze, welcher vor den anderen drei stand.

"Was ist das Problem? Eure Plätze sind dort", er zeigte auf zwei leere Bankreihen etwas weiter hinten im Saal. "Das war meine Entscheidung, wenn ihr also damit unzufrieden seid müsst ihr das mit mir klären!", seine Stimme war laut und deutlich, so dass jeder im Saal verstehen konnte, was Bärfried gerade sagte. "Also... Müssen wir das klären?!", sein Blick ruhte auf Brazul und schien diesen zu durchbohren. Der zögerte für einen Moment, blickte in Richtung des Einäugigen und schüttelte schließlich den Kopf ehe er sich abwandte und zu den leeren Bänken ging. Gefolgt von den anderen drei Trollzackern. Dann wandte sich der Landvogt an den Saal, "die Vorstellung ist vorbei! Wer hier nichts mehr zu tun hat geht nun wieder auf seinen Posten!", befahl er der Menge an Gesinde und markgräflichen Gardisten. Diese zögerten kurz, was Oswin dazu veranlasste das Wort zu ergreifen, "ihr habt seine Hochgeboren gehört! Auf jetzt!".


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Bärfried legte die Füße hoch, streckte sich und atmete tief durch. Sein Schreibzimmer roch nach Papier, Leder, verbranntem Holz und Tinte. Er war erschöpft. Der Zwischenfall am heutigen Mittag war nur einer von vielen. Die Trollzacker eckten oft an, sei es wegen ihrer direkten Art oder weil viele der Burgbewohner gewisse Vorbehalte gegen dieses Volk hatten. Einige hier hatten einst mit Vertretern der Trollzackbarbaren ihre Klingen gekreuzt oder kannten Freunde, Verwandte die von früheren Kämpfen erzählten - oder eben nicht mehr... Er konnte es ihnen nicht verübeln, vielleicht wäre es besser gewesen wenn er die fünf Trollzacker weggeschickt hätte, als diese zu ihm kamen. Doch waren sie nicht ein Teil dieses rauhen und widrigen Landes? Ein weiteres Bindegleid zwischen den Menschen und dem Land? Sie kannten die Trolle, sahen in ihnen besondere Wesen. Nicht alle von ihnen hatten einst auf seiten der Schwarzen Lande gekämpft, er hatte von Stämmen - war das überhaupt die richtige Bezeichnung? - gehört, die sich an Überfällen auf die Schergen der Schwarzen Lande beteiligt hatten.

Es würde Bärfried einiges an Arbeit kosten, das Band zwischen den Trollzackern und den übrigen Bewohnern der Burg zu knüpfen. Doch er würde sich dieser Aufgabe stellen, das war er den Leuten hier schuldig. Nein, das war er dem Land schuldig! Wie könnte er der Verbindung zwischen dem Land und seinen Bewohnern dienen, wenn er es nicht mal schaffte die Bewohner untereinander zu vereinen? Er musste irgendeinen Weg finden, dass die beiden Streitparteien sich aussöhnen würden. Doch wie könnte so ein Weg aussehen? Ein Wettstreit untereinander könnte die Gräben vertiefen; aber wenn er es richtig anstellte wäre dies vielleicht tatsächlich eine Möglichkeit? Doch wie würde ein solcher aussehen? Sein Blick schweifte zum Schreiben des Großfürsten. Ein Turnier war sicherlich der falsche Rahmen für sein Vorhaben, doch vielleicht etwas ähnliches?

Er seufzte, vielleicht würde der anstehende Hoftag des Großfürsten ihm ja neue Ideen bringen? Immerhin musste dieser ebenfalls ganz unterschiedliche Persönlichkeiten vereinen. Der Einäugige nickte zufrieden, das würde er machen! Etwas tjosten und sich ansonsten von dem Geist des Großfrüsten anstecken lassen. Es wäre immerhin nicht das erste Mal, dass ein Ausflug nach Garetien ihm Gutes bringen würde.


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Praiodora von Beilunk blickte auf den Altar des Götterfürsten, der Schein des Praiosmals wurde von dem Kandelaber sowie den beiden Turibula reflektiert und spiegelte sich in den Augen der Geweihten. Sie dankte ihrem Gott in einem stummen Stoßgebet für das, was ihr die junge Knappin berichtet hatte. Die Barbaren aus den Bergen, welche seit kurzem in diesen von Praios geweihten Hallen hausten, hatten sich abermals einen Fauxpas geleistet! Ihre neuste Verfehlung war ein Streit in der Messe mit Angehörigen der landvögtlichen Wache. Erst das Einschreiten des Landvogts sowie des Kommandanten der Burg konnte die Wogen glätten.

Solche Streitereien waren keine Seltenheit und allzuoft steckten diese Wilden dahinter! Sie machten nichts als Ärger und brachten Chaos in die ansonsten so geordnete Burg. Praiodora atmete tief durch und sog den Geruch der verbrannten Praiosandeln in sich auf. Sie war davon überzeugt, dass es sich bei den Barbaren um Götzendiener handelte! Doch sie brauchte Beweise und Verbündete, wenn sie diesen ihre gerechte Strafe zuteil werden lassen wollte...