Geschichten:Das Land am Arvepass - Von Mondmacht und Ahnenrufer
Strutzz' Höhle, Baronie Trollnase, 12. Peraine 1045 BF
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Da stand er nun also, vor der Residenz des einzigen Trollbarons im Mittelreich - vielleicht der gesamten 12-göttlichen Lande. Bärfried von Hardenstatt stemmte die Arme in die Seite, der Aufstieg hatte ihn einiges an Kraft gekostet und doch ergriff ihn das Gefühl von Tatendrang. Seitdem er, gemeinsam mit dem Hauptmann der Burgwache und einer Handvoll Bewaffneter, aus Burg Angareth aufgebrochen war, wuchs mit jedem Schritt seine Anspannung. Erst als er, in den frühen Morgenstunden, aus Cravolds Haag die letzte Etappe seiner Reise in Angriff genommen hatte, spürte er mit jedem Schritt, wie diese verflog.
Der Einäugige drehte sich um und blickte in das Tal, welches sich vor ihm ausbreitete. Hier oben wirkte alles so fern und unwirklich. Kurz versicherte er sich, dass das Geschenk, an den Baron, den Aufstieg unbeschadet überlebt hatte, dann strich er seine Kleidung glatt und trat an den Eingang der Höhle heran. Er war gespannt, was er darin finden würde, wie lebte ein Troll? Würde es Möbel geben? Oder würden sie auf glatten Steinen sitzen? Würde Strutzz überhaupt verstehen, mit welchem Anliegen Bärfried an ihn herantrat?
Der Landvogt auf dem Arvepass hatte an einer langen steinernen Tafel Platz genommen. Seine Befürchtungen, dass sie hier auf dem Boden sitzen würden, bewahrheiteten sich nicht. Tatsächlich verfügte der Trollbaron über eine Handvoll an Mobiliar, wenngleich das Meiste aus behauenen Stein bestand, der hier und da mit Fell überzogen war.
Ganz besonders waren dem blonden Adligen jedoch die vielen Figürchen aufgefallen, die sich ohne erkennbare Ordnung über die gesamte Höhle erstreckten. Kleine Figuren aus unauer Porzellan (oder das, was Bärfried dafür hielt), standen Seite an Seite mit Schnitzereien aus einfachem Holz oder Bein. Der neueste Zugang für Strutzz’ Sammlung stellte eine Figur aus grünem Marmor dar, die die Form eines Greifs hatte. Der trollische Baron hatte sich überaus erfreut über dieses Geschenk gezeigt und sowohl sich, als auch seinem Gast ein süßes Gebräu eingeschenkt. Serviert hatte er es in Humpen (im Falle Bärfrieds war es wohl eher ein Krug) aus Holz.
Nachdem sie beide angestoßen hatten, kam der Landvogt auf den Grund seiner Reise zu sprechen, wobei der Troll ihm bedächtig zugehört hatte. Nun aber schwiegen sich die Beiden an und langsam beschlich den Einäugigen das Gefühl, dass sein Gastgeber mit offenen Augen eingeschlafen sein könnte. Da erklang ein Grollen und Strutzz schüttelte sich.
“Ich kennen Trosch. Er haben Höhlen überall in Berg, bewegt sich über alte Pfade von Trolle”, der massige Kopf nickte ein paar Mal, wie zur Bestätigung. “Die Mondmacht stark in ihm, er Ahnenrufer meines Volks und viel Wissen über Land und Wesen”. Der Baron kratzte sich, mit seiner massiven Hand, nachdenklich am Kinn und nahm noch mal einen Schluck aus seinem Humpen.
Bärfried blinzelte etwas verwirrt. Ahnenrufer? Mondnacht? Was erzählte dieser Troll ihm da gerade? “Verzeiht Euer Hochgeboren, doch was ist diese Mondmacht? Und was meint ihr mit den alten Pfaden eures Volks?”.
Der Angesprochene hielt in einer Kratzbewegung inne und blickte seinen Gast eindringlich an. Es dauerte abermals einige Augenblicke, bis er zur Antwort anhob, “Mondmacht ist Gabe von Matscha. Sie geben Ahnenrufern die Macht, um ganze Täler zu verstecken! Durch sie wir können durch die Urklüfte reisen. Ahnenrufer sein Trolle welche Mondmacht nutzen”.
Bärfried nickte verstehend. Die Mondmacht musste die Magie der Trolle sein und diese Ahnenrufer waren demnach Troll-Schamanen, über welche er schon die ein oder andere Geschichte gehört hatte. Das erklärte auch, weshalb der Troll im Hesinde scheinbar im Nichts verschwunden war. “Ich verstehe, doch was meinte dieser Trosch, als er von der Verbindung zwischen mir und dem Land sprach? Wie kann ich diese lernen?”.
Strutzz schien kurz nachzudenken, nickte dann aber zufrieden. “Trosch dir aufgetragen, wie Aldron zu machen. Du herstellen Verbindung von Land und Herrscher. Nur Krone tragen nix reicht”, ein Grummeln entwich der massigen Brust des Trollbarons. “Du finden Grollgump und bitten um Hilfe. Sagen dass wir gesprochen und ich dich geschickt. Er verstehen wird”. Scheinbar zufrieden mit seiner Antwort lehnte sich Strutzz zurück und faltete die Hände auf seinem Bauch zusammen.
Bärfried wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Er wusste nun zwar, dass es sich bei dem Troll, den er im Hesinde getroffen hatte, um einen Schamanen der Trolle handelte, doch wer war dieser Grollgump denn nun? Offensichtlich ein weiterer Troll, bei dem Namen konnte er nichts anderes sein. “Verzeiht die Frage, doch wo kann ich die Heimathöhle des Grollgumps finden?”.
Die roten Augen des Barons blickten abwechselnd von seinen Humpen zu dem blonden Adligen. Schließlich atmete der Troll hörbar ein und aus, “junger Grollgump wohnen nahe Gunnishaag. Du Weg finden wirst, ich mir sicher. Und du nehmen Instrument mit, ja? Er das mögen”. Zufrieden und als ob er seinen Worten Nachdruck verleihen wollte, nickte Strutzz seinem Gast zu und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Humpen.
Bärfried blinzelte verunsichert, hob schließlich ebenfalls seinen Humpen an und prostete seinem trollischen Gastgeber zu. Er würde wohl nach Gunnishaag reißen müssen und dort seinen weiteren Weg suchen. Vielleicht konnte Garrald oder jemand der Dorfbewohner ihm eine genauere Beschreibung des Wegs geben? Außerdem musste er zuvor noch irgendein Musikinstrument auftreiben, vielleicht lag in Angareth ja noch irgendwo eine Fanfare oder Trommel herum?