Geschichten:Das Verbot der Nandus-Kirche - Zwei abgehalfterte Boltanspieler unter sich
Kloster St. Ancilla, 23. Ingerimm 1036 BF
Die Abstimmung war gerade vorüber und nach diesem Ergebnis herrschte auch einiges an Tumult. Der Abt des Klosters hatte grade verkündigt, dass die Gäste zwar weiterhin die traviagefällige Gastfreundschaft des Hauses genießen dürften, zumindest bis zum nächsten Tag, doch war man nicht gewillt dem Adel, mit der Ergründung der Reliefsplitter zu helfen. Dementsprechend hatten sich nun auch einige Adlige vor dem Hesindianer aufgestellt und protestierten, einige geschickt und mit seidener Zunge, andere polternd und ungeschickt.
Hlutharion ließ diese Szene aus den Augen, er wollte sich nach den Geschehnissen etwas zurück ziehen und schlenderte über den Hof, das Bein nachziehend. Zurück nach Gluckenhang konnte er nicht, dafür hatte er gesorgt, er hatte das Vertrauen seiner Schwester enttäuscht und die Scham darüber war so drückend, dass er sich nicht vor sie traute. Er hatte große Schrecken in der Vergangenheit erlebt, für die er nur selten Verantwortung trug, aber diese Scham hatte er sich selbst eingebrockt. Er konnte nicht zurück. Bis vor der Abstimmung hatte er noch gedacht sich vielleicht der Königlichen Brotmeisterin anschließen zu können, immerhin hatte sie ein ähnliches Schicksal getroffen. Doch dann hatte ihn ihre Entscheidung bei der Abstimmung gerade deswegen verwundert. Die Nanduriaten, allen voran dieser Elmenbarth, hatten sie vorgeführt und dafür hatten sie so viel riskiert und trotzdem hatte sich die Eychgraserin, eine Pulethanerin, auf die Seite der Verbotsgegner geschlagen. Und das verstand er nicht.
Als Hlutharion wieder ins Licht des Hofes schritt erblickte er die Brotmeisterin nahe dem Eingangstor des Klosters stehen. Er würde sie fragen, was sie zu dieser Entscheidung verleitet hatte. Auch wenn das wohl nicht viel an seinen Gedanken ändern würde, zudem er unverhoffter Weise noch ein ganz anderes Angebot bekommen hatte.
„Verzeiht … Euer … Exzellenz“, sprach er die Schlunderin vor ihm direkt an, als er schließlich vor ihr stand.
Die Königliche Brotmeisterin trug einige Reliefteile bei sich und schien in Eile zu sein. „Mein F… Leidensgenosse, was kann ich für Euch tun?“ Hlutharion verwarf den Gedanken an das unrühmliche Boltanspiel, was seine und auch Treumundes Existenz bedrohte. „Eure Exzellenz, ich ... bin verwirrt. Verwirrt ... über die Abstimmung ... welcher wir beiwohnten. Der gestrige, wie nannte es die Kirche nett ... Tag der Besinnung, ist mir jämmerlich ... in Erinnerung geblieben. Die Hinterhältigkeit der Kirche, die uns, auch Euch, in Gefahr brachte ... und mir meinen Weg nach Hause ... versperrte, hat mir die Augen ... geöffnet. Wie kann es sein, dass Ihr ... diese Tatsachen anders ... wertet?“
Treumunde stellte die schweren Steinstücke beiseite. „Hlutharion, seid ihr sicher, dass die Kirche uns in die Irre geführt hat? Vielleicht haben sie auch unsere Augen geöffnet. Augen für Feinde, die bisher im Verborgenen blieben. Waren es nicht diese Götterlästerlichen Gefolgsleute des Rattenkindes die uns in Gefahr brachten? Was ist an diesem Relief so interessant, dass so viele Gruppierungen darum streiten? Ich erinnere an Oberst von Löwenhaupt-Berg, der von den Schergen des Sphärenschänders berichtete. Oder an die Traviageweihte Trautmunde Traviatreu, aus dem Greifenfurtschen, die von Druiden berichtete, die ebenfalls auf der Suche waren.“
„Treumunde, war es nicht...die Nandus-Kirche, die von anderen...Interessenten wusste? Sie...hätte den Adel...warnen müssen. Aber nein, sie hat uns...ausgenutzt und uns...wohlwissend der Gefahr, dieser ausgesetzt.“ Der Sturmfelser war entgeistert von Treumundes Interpretation.
„Mein werter Knappe, dann haben wir die Dinge unterschiedlich aufgefasst. Seid mir nicht böse, ich bin in Eile. Magister von Ox erwartet mich, um dem Rätsel weiter auf die Spur zu kommen. Mein Angebot, welches ich in der Spielhölle euch unterbreitete, steht. Ihr seid herzlich eingeladen mich auf meinen Reisen zu begleiten und den Ritterschlag will ich euch auch nicht verwehren.“
"Eure...Exzellenz, ich weiß...dieses Angebot sehr...zu schätzen. Doch...muss ich erst...über Eure Worte...nachdenken. Was ist...Euer nächstes Ziel? Wir...sollten in Kontakt...bleiben." Hlutharion war mit der Antwort der Brotmeisterin nicht zu frieden, aber er meinte eine gewisse Unsicherheit bei ihr zu spüren. Dennoch, er war anderer Auffassung, nicht nur dass die Kirche vermeintlich von den Gefahren wusste, nein, auch hatten sie sich schon lange mit den Hintergründen des Ganzen befasst, Jahre gar, und nie waren sie auch nur einen Schritt auf den Adel damit zugekommen, sondern hatten es für sich behalten. Und er wusste nur zu gut was für eine Art Spiel das war. Geschicktes Taktieren um dem Gegner letztlich ein Bein zu stellen. Es war im Politik wie im Krieg nahezu dasselbe.
„Meine Aufgabe wird meine Wege leiten. Zuerst werde ich einige Geschäfte mit der Familie Karfenck in Gareth regeln. Ihr Korn soll eine beachtliche Beschaffenheit aufweisen, genau richtig für die königliche Tafel. Anschließend führt mich mein Weg nach Ebenhain im Waldsteinschen. Der dortige Junker Edorian von Feenwasser möchte seine Schnapswaren an den Hof liefern. Ich werde daher den Eibenhainer Feentraum und den Eibenhainer Bärenfang auf seine Qualität gründlich überprüfen. Du weißt also, wo du mich findest.“
Hlutharion nickte immer noch uneins mit sich selbst woraufhin Treumunde schnellen Schrittes ihren Gesprächspartner in Richtung des Hauses verließ. Hlutharion konnte noch erkennen, wie sie hinter einer Ecke mit einer anderen Person, die ihm wiederum verborgen blieb, plauderte.
Der Sturmfelser entschloss sich phexgeschwind der königlichen Brotmeisterin zu folgen, doch er sah nur noch einen Schemen der von diesem Ort fortging. Treumunde hingegen hielt eine Pergamenttasche in der Hand, in der sie hastig wühlte. Ihr Gesichtsausdruck wechselte von aufgewühlt nach erleichtert.
Hlutharion konnte sich derweil vorstellen, was ihren plötzlichen Sinneswandel vollzogen hatte, hatte er es doch gespürt, dass da etwas im Busch lag. Diese Frau war eigentlich nicht die Person für solcherlei Zugeständnisse. Doch sollte er sie jetzt noch einmal direkt darauf ansprechen? Oder sollte er warten bis die Aufregung der letzten Tage wich, da sie beide nun sowieso in Kontakt bleiben wollten. Er hatte nicht das Gefühl das man sich das letzte Mal über den weg lief, doch musste er erstmal über das alles nachdenken, er war dieses Parkett nicht gewohnt. Und jetzt stand ihm auch noch ein ganz anderer Tanz bevor.
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Vor dem Bankett | ▻ |