Geschichten:Das dritte Kind – Konsequenzen
Burg Scharfenstein, Firun 1045 BF
„Orknäschen“, hob Baron Drego in ungewohnt ernstem Tonfall an, „Wir haben zu reden.“
„Wir?“, erwiderte Ailsa ni Rían und setzte sich mühevoll auf, „Und dafür hast du Zeugen mitgebracht?“
„Meine Vertrauten“, erwiderte er und deutete auf Leudane von Leuenberg und Schwester Lindegard.
Nun lachte sie: „Eine Kaisermärkerin als Vertraute zu bezeichnen halte ich nach allem was vorgefallen ist für äußerst gewagt.“
„Wenn sie redet werden alle nur denken, sie will uns in den Schmutz ziehen“, erklärte er und warf einen Blick zu ihr hinüber, „Glauben wird ihr jedoch keiner. Und für jedes falsche Wort das sie spricht, wird sie wieder und wieder eingesperrt werden.“
Die Ritterin schluckte schwer.
„Du scheinst... gelernt zu haben“, stellte Ailsa etwas erstaunt fest.
„Ich will seinen Namen“, verlangte er.
Plötzlich wirkte die Reichsritterin niedergeschlagen und erschöpft: „Darüber habe wir doch schon gesprochen...“
„Nein“, meinte er da nur, „Gesprochen habe nur ich. Du aber nicht.“
Sie nickte verstehend.
„Ich habe das Recht...“
„Nein“, erwiderte sie und wandte ihren Blick von ihm ab, „Du hast kein Recht. Und... und du hast keine Ahnung. Keinen blassen Schimmer hast du.“
„Dann... dann rede doch mit mir“, flehte er regelrecht, „Bitte, Orknäschen, bitte.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Sag mir wer es war und ich werde denjenigen zur Rechenschaft ziehen“, erklärte er mit ruhiger Stimme, „Ich weiß, dass du das nicht gewollt hast. Ich weiß, dass man dir Gewalt angetan hat. Ich weiß...“
„Nichts weißt du!“, brach es plötzlich aus ihr heraus, „Keine Ahnung hast du!“
„Bei den Zwölfen, dann REDE!“, polterte er, „Rede endlich mit mir! Wovor hast du Angst?“
„Ich kann... kann nicht“, begann sie unter Tränen zu wimmern, „Es... es... es geht nicht. Ich muss an das Kind... an das Kind denken. Es... es braucht mich. Braucht... braucht seine Mutter. Ich muss... muss schweigen, sonst ist... ist alles aus. Alles.“
Ailsa ni Rian weinte und ihr Gatte schaute ihr dabei zu.
„Orknäschen, du...“, die Stimme Baron Dregos brach, „... du... du kannst hier nicht bleiben.“ Er schluckte schwer und wandte sich ab. Tränen glitzerten in seinen Augen. „Du... du...“ Er schüttelte seinen Kopf. „Du kannst hier nicht bleiben. Ich... ich ertrage das nicht. Ich...“ Er rang um Fassung. „Schlimm genug, dass du ein Kind eines anderen unter deinem Herzen trägst“, Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit, „doch du schweigst dich auch noch über den Namen jenes Bastardes aus, der dir das angetan hat. Er hat sich an dir vergangen und du schützt ihn indem du schweigst. Was hat er angedroht dir anzutun, wenn du seinen Namen preisgibst? Was, Orknäschen, was?“
Erneut schüttelte sie ihren Kopf. Inzwischen hatte sie sich beruhigt. „Es ist nicht so wie du denkst“, hob sie an, „Es ist... es ist...“
„Mir ist gleich, wie es ist. Ich bin dein Mann, ich bin dein Liebster, dein Vertrauter, die Person, die dir am nächsten steht. Du hättest mit mir reden müssen. Du hättest dich mir anvertrauen müssen. Du hättest mir von diesem Kind erzählen müssen. Du hast geschwiegen“, er schüttelte den Kopf, „Das... das kann ich dir nicht verzeihen.“ Er hielt inne. „Du wirst nach Esenfeld aufbrechen sobald dir dies zuzumuten ist. Dort kannst du erst einmal bleiben. Die Treleneck wird schweigen. Sie weiß, dass ich das von ihr erwarte.“
Die Rían nickte und ergab sich damit ihrem Schicksal.
„Dort warten wir die Geburt dieses Kindes ab und vielleicht erledigt sich dieses Problem dann von ganz allein.“
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