Geschichten:Das dritte Kind – Nur mein
Ritterherrschaft Praiosborn, 3. Rondra 1045
„Geht‘s wieder?“, hob Lonán Walsh besorgt an.
„Ich hab mich noch nie so Elend gefühlt“, erwiderte Ailsa ni Rían und richtete sich auf.
„Wasser?“, damit reichte der Waffenknecht der Reichsritterin seinen Wasserschlauch.
Dankbar ergriff sie ihn, spülte sich zuerst den Mund aus, trank anschließend das gesamte Wasser, das sich darin befand und gab ihn zurück, wobei sie sagte: „Wir können weiter.“
„Wohl kaum“, erwiderte er da, „Habt Ihr Euch mal angesehen? Eure Beine zittern und werden Euch jedweden Dienst versagen, weder kommt ihr damit auf Euren Gaul...“ Beithir drehte seine Ohren zu Lonán ganz so als höre er aufmerksam zu. „... noch werdet ihr so reiten können. Abgesehen davon seht Ihr aus wie der Herr Boron höchst selbst.“
„War das der klägliche Versuch eines Kompliments?“, würgte die Reichsritterin da leicht amüsiert hervor.
„Wenn Ihr das so sehen wollt“, er zuckte mit den Schultern, „Ihr solltet erst einmal etwas essen.“
„Ich weiß nicht, ob ich etwas bei mir behalten kann...“, erwiderte sie knapp.
Während er ein kleines Bündel aus seiner Satteltasche nahm legte sich ein schelmisches Grinsen legte sich über seine Wangen: „Tja, so ist das eben wenn die Herrin Tsa einen gesegnet hat...“
Da legte sich ein Lächeln über das Gesicht der Reichsritterin und ein Leuchten trat in ihre Augen, dass er so bei ihr noch nie gesehen hatte. Und nach langer Zeit wirkte sie endlich wieder versöhnt mit ihrem Leben und schien glücklich. Zumindest einen winzigen Augenblick.
„Ich hab‘s in Euren Augen gesehen“, erklärte er und reichte ihr etwas Brot, „So wie bei Mirya damals.“ Er hielt einen Moment inne. „Bereits am Tag Euer Ankunft. Damals fühltet Ihr euch noch wohl. Vermutlich habt Ihr es da noch nicht gewusst, aber ich wusste es. Ich habe es gesehen. Es lag damals bereits in Euren Augen. Sie wirkten ungewöhnlich... hm... beseelt.“
Ailsa nahm einen Bissen und gestand anschließend mit glitzernden Augen: „Es war die Herrin Rahja, die mir mit ihrer Schwester Tsa dieses Kind zum Geschenk machte. Es war kein Versehen, es war geplant. Dennoch... dennoch war ich überrascht. Ich hatte nicht erwartet dass ein einziges Mal ausreichen würde...“
Lonán nickte verstehend: „Da wird sich Euer Gatte gewiss freuen.“
„Er weiß nichts davon“, sie schüttelte energisch ihren Kopf, „Und das soll auch so bleiben. Es geht ihn nichts mehr an. Dieses Kind ist mein Kind. Nach all dem was ich die letzte Zeit erleben musste, nach meiner schrecklichen Haft auf Rallingstein, den unzähligen Stunden alleine in diesem finsteren, kalten Loch indem ich nicht wusste, ob nun Tag oder Nacht war oder gar ob ich am Leben war oder doch schon tot und Drego einfach nur zusah und untätig blieb und nichts, aber auch gar nichts unternommen hat um mich zu retten...“ Sie holte Atem. “... werde ich mir nun nehmen, was mir zusteht. Dieses Kind ist mein, nur mein.“