Geschichten:Das dritte Kind – Warnung und Aufgabe

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Burg Scharfenstein, Firun 1045 BF

Die Boron-Geweihte hatte die ganze Zeit über aufmerksam zugehört. Sie hatte geschwiegen, jedoch immer wieder an passenden Stellen genickt und mit der ein oder anderen Geste – aber ohne Worte – das ein oder andere Detail erfragt. Nun ließ sie sich einen Moment zurück in ihren Stuhl fallen, dann hob sie abrupt den Blick und schaute ihren Gegenüber mit ihren dunklen Augen an: „Eine Warnung und auch... eine Aufgabe.“

„Dann ist... ist dieser Traum wirklich von Bishdariel?“, wollte Baron Drego mit tonloser Stimme wissen, „Also von Boron selbst?“

„Er ist hier ganz nah“, kam ihre Erwiderung einige Wimpernschläge später, wobei ihre Stimme nicht mehr als ein zartes Hauchen war, „Ganz nah.“ Sie kreuzte die Arme vor ihrer Brust, ganz so als würde sie frieren. „Fast da. Fast da...“

„Eine Warnung“, wiederholte er, „dass ich meine Frau verlieren könnte.“

Sie nickte stumm.

„Und ich muss sie retten. Das ist die Aufgabe. Ich verstehe.“

Nun schüttelte sie traurig ihren Kopf: „Nein, Ihr versteht nicht, Hochgeboren. Ihr versteht einfach nicht.“

Er schluckte schwer: „Aber... aber... welche Aufgabe könnte es sonst sein als das Leben meiner Liebsten zu retten?“

„Ihres könnt Ihr nicht retten. Ihres hängt von dem eines anderen ab.“

„Das Kind“, entfuhr es ihm und augenblicklich verfinsterte sich sein Gesicht, „Aber wie soll ich das Leben dieses Kindes denn retten? Ich komme doch nicht an es heran. Es ist doch... doch in ihr.“ Er schüttelte sich weil er in jenem Moment daran denken musste, wie es dort hineingekommen war oder viel mehr daran, dass er es nicht an dessen Platz gebracht hatte.

Abwägend legte sie ihren Kopf von der einen zur anderen Seite: „Alles hängt mit allem zusammen. Ein jedes Tun hat eine Auswirkung. Jede Entscheidung bewirkt etwas.“

Er raufte sich die Haar: „Dieser Traum quält mich seit dem ich Orknäschen nach Esenfeld fortgeschickt habe jede einzelne Nacht. Jede Nacht. JEDE. Und anstatt mir weiterzuhelfen kommen von Euch nur weitere kryptische Botschaften, was soll ich denn jetzt tun? Wie soll ich sie retten, wenn ich sie nur retten kann, wenn das Kind gerettet wird?“

„Rettet das Kind.“

„Wie?“

„Es ist Eure Warnung und Eure Aufgabe, Hochgeboren“, erwiderte die ältere Geweihte da und zuckte etwas hilflos mit den Schultern, „Geht zurück zu jenem Punkt an dem die Dinge noch umkehrbar sind, zieht die richtigen Schlüsse und trefft die richtige Entscheidung. Doch vor allem: Trefft eine Entscheidung. Untätigkeit wird Leben kosten.“ Sie erhob sich um ihrem Gegenüber zu zeigen, dass für sie diese Unterhaltung nun beendet war. „Möge der Herr Boron Euch beistehen.“