Geschichten:Das neue Haselhain - Das Kolleg II
Baronie Haselhain, Junkertum Altmark, Dorf Sichlingen, am Hesinde-Kolleg, 18./19. Peraine 1041 BF
Das weitere Fest zog an ihr vorbei wie ein Sturm. Sie hatte nicht mehr Korkball sein wollen, doch war dies die richtige Entscheidung gewesen? Aus dem Bauch heraus.
Denn kaum hatte sie es ausgesprochen, vermeinte sie die Blicke einiger Gäste auf sich ruhen zu spüren und vorallem das Wispern des Altmärkers zu vernehmen, den sie nun um eine Handlungsoption beraubt hatte. Wenn Ailah von Altmark auch besänftigt war, war es die Familie und allen voran Voltan von Altmark noch lange nicht, jahrhundertelange Demütigung vergaßen die wenigsten so einfach. Doch sie war keine gebürtige Pfiffenstock, sie sollte dieses Joch nicht tragen müssen und so war es richtig es abzustreifen, auch wenn sie darauf schwor, dass damit nicht einfach Schluss war.
So zogen die Rede der Altmärkerin, noch etwas irritiert von Fatimes Ansprache, einfach an der Baronin vorbei, als eigentümliche Familienritual zu Ehren ihrer Stammlande kaum wahrnehmend. Auch die offizielle Einweihung durch die Aimar-Gor und so deren feierliche Übergabe der Schlüssel an den neuen Leiter Miran von Pfiffenstock.
Ebenso wie die Präsentation des geheimnisumwitterten Fundstückes, einer erzenen Lade, auf deren Deckel sich zwei geflügelte Wesen etwas reichten. Mehr bekam Fatime nicht mit da die Lade durch die Menge getragen wurde und Fatime sich etwas auf dem Podium zurück zog.
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Und während die Eröffnung in eine Feier überging ließ Fatime die Kinder besser bewachen und lief geistesabwesend und in Gedanken umher. Etliche Gäste beglückwünschten sie vorsichtig, viele hielten aber auch gebührenden Abstand. Sie konnte den Zwiespalt förmlich spüren während sie etliche, halbe Gespächsfetzen vage aufschnappte.
"Madas Fluch/Gunst im Blute der Säbel? Das ist wahrlich selten."
"Wer soll dem Jungen jetzt noch folgen?"
"Gezeichnet Außen wie Innen."
"Hatten die Alttreuen doch recht? Ein Fluch?"
"Man müsste einen Vogt bestellen."
"Er kann nicht herrschen."
"Und sie haben nur noch eine Tochter."
"Die Haimamuda plant doch ohnehin den Umsturz der altehrwürdigen/überkommenen Traditionen."
"Das wäre ein Skandal."
"Als wäre das etwas außergwöhnliches."
"Gut, für die Nebachoten vielleicht."
"Interessant. Hast du das Gesicht des Altmärkers gesehen? Schäumed wie der Darpat."
"Sollen sie ihn doch an die Akademie geben."
"Hast du dir das alte Ding genauer angeschaut, Säbelklingenartige Federn, die Schlangen umwobene Kugel, wie ein Auge. Und war das ein Sechs- oder Achteck?"
"Altes Erbe. Die Altmarks hatten dieses gewisse Lächeln."
"Gleich ein ganz großes Tamtam um das Kolleg, das ist doch gewollt. Die Baronin versteht doch was von Inszenierung."
"Das ist mir eindeutig zu viel Mystik, erst fallende Sterne, dann dieses Korgond, nun eine alte Truhe, wir sollten uns endlich mal wieder mit bodenständigeren und wichtigeren Dingen beschäftigen. Die eher dürftige Ernte dieses Jahr."
"Ach, es gibt gute und schlechte Jahre, andere Gegenden würden sich über eine solche Fülle freuen."
"Siehst du welche Gäste zu gegen sind, da wird doch gemauschelt. Die Damen spinnen hier ihre Netze."
"Warum sind hier eigentlich so viele aranische Malmer?"
"Aimar-Gor ... Barûn-Bari ... Palmyr-Donas ... Feqzaïl - das geht hier ja zu wie auf einem aranischen Bazar."
"Der Baron? Ach, der ist auf Reisen, mit diesem Prinzen. Ja, der. Seine Hochgeboren lässt sich hier nicht mehr blicken."
"Hast du die beiden Ritter des jüngen Dürsten gesehen, die können ja kaum voneinander lassen."
"Ja. Und diese Rondra-Predigerin - auch Knappin des Dürsterners - ist auch vor Ort, auch das erregt hier einige Gemüter."
"Hast du die Lanzenruh gesehen, als die Kiste enthüllt wurde? Kein Wunder, ist die doch mittlerweile selbst so Mystik umhüllt wie der Kasten. Und mit Sphingen hat sie's ja."
"Ich hörte am Hof, dass unser Baron eine Pagin aus der garetischen Familie Zweifelfels haben soll" - "Na und?" - "Die sind total ritterlich und so. Warum schicken die jemanden zu Nebachoten ... ich meine, hallo, NEBACHOTEN?"
"Der Baron scheint an Rittern gerade einen Narren gefressen zu haben, allein das anberaumte Turnier im nächsten Jahr."
"Na, das der Zolipantessa hier rumlungert ist ja keine Überraschung, der will bestimmt wieder irgendein Kunstwerk abgreifen."
"Die Herdentorer Pfiffenstock sieht aber nicht sehr glücklich aus."
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Vieles mehr drang noch an das Ohr Fatimes und sicherlich vermischte sie viel dabei mit den Gedanken um ihre Entscheidung. Es würde ein Nachspiel haben, doch mit offenen Karten spielte es sich bessser. Die Baronin fasste sich langsam wieder als die Tage sich küssten.
"Euer Hochgeboren, Fatime, meine Liebe, den ganzen Abend versuche ich euch einmal unter vier Augen zu erhaschen, doch ihr ward wie ein Geist. Als Frau des Geistes und des Schönen versunken in euch selbst. Ich denke ich weiß worüber ihr grübelt und ich kann Euch nur sagen, dass obwohl eine schwierige Entscheidung, ihr die richtige Wahl getroffen habt. Dieses Geheimnis muss schwer auf euch gelastet haben, aber Geheimnisse gehören gelüftet und ergründet, lehrt und uns die allweise Schlange, denn sonst würde Stillstand herrschen und wir könnten nicht über uns selbst hinaus wachsen, auch euer Sohn nicht.", sanft nahm Yurika von Aimar-Gor die Baronin Fatime an der Hand, "Aber lasst mich euch helfen Euch für diese Nacht Eure Bürden zu vergessen, auf dass Ihr sie am morgigen Tag mit weiser Gelassenheit betrachten könnt."