Geschichten:Der Liebe wegen – Minna
Peraine-Tempel zu Rallingen, 23. Ingerimm 1044 BF
Nachdem mein Besuch auf Burg Rallingstein anders verlaufen war als erwartete, führte mich mein Weg weiter nach Rallingen. Wie so oft ging ich zu Fuß. Zwar konnte ich inzwischen ganz passable reiten, aber so richtig hatte ich mich immer noch nicht mit diesen Pferden anfreunden können. Nicht nur, dass es auf ihrem Rücken schrecklich hin und her ging, sondern sie scharrten und schnaubten auch so unfassbar laut und waren noch dazu so groß. Wenn ich den Baron begleitete, dann ritt ich natürlich, alles andere hätte ihn und die seinen nur verlangsamt, aber wenn ich die Wahl hatte, dann ging ich zu Fuß.
In Rallingen wandte ich mich zum Tempel der Herrin Peraine. Der Tempel lag unweit des Marktplatzes recht zentral in Rallingen und war von verschiedenen Obstbäumen umringt. Vögel saßen zwitschernd in den Bäumen. Dieser Ort verströmte eine Ruhe, die ihres gleichen suchte. Ich ging auf den Tempel zu, trat in den Schatten eines der Obstbäume und fühlte augenblicklich wie angenehme Kühle sich über mich herabsenkte. Ich blickte nach oben, sah wie die Praiosscheibe durch das dichte Blätterdach hindurch funkelte, lauschte dem Gesang der Vögel und holte Atem. Und obwohl um mich herum auch noch das Treiben der Stadt herrschte, so fühlte ich mich plötzlich ruhig, geborgen und irgendwie auch zuhause.
„Ein schöner Ort nicht wahr?“, jemand war von der Seite an mich herangetreten. Ich blickte zu der Stimme. Es war eine junge Frau im Ornat einer Novizin der Herrin Peraine. Ihr braunes Haar trug sie zu einem praktischen Zopf geflochten. Aus ihren grünen Augen schaute sie mich aufmerksam an. Einige Sommersprossen zierten ihre Wangen. Sie schien am Ende ihres Noviziates zu sein. In ihrem Gesicht war beinahe nichts Kindliches mehr. „Peraine zum Gruße. Ich bin Minna“, stellte sie sich vor.
„Peraine mit Dir. Ich bin Lindegard“, erwiderte ich.
„Ah“, entfuhr es dem Mädchen und in ihre Augen begannen zu leuchten, „Dann bist Du also Lindegard Tempeltreu, die Hofkaplanin des Barons?“
Ich nickte.
„Dann willst Du sicherlich mit Hochwürden sprechen“, schloss sie und nickte dabei energisch, wobei ihr Zopf mitwippte.
Erneut nickte ich: „Hat sie von mir gesprochen?“
„Das ein oder andere Mal“, antwortete die Novizin mit einem vielsagenden Lächeln auf den Lippen, „Ich werde Dich zu ihr in den Garten bringen. Du musst wissen, sie ist über die Maßen an Pflanzen interessiert, vor allem an jenen...“ Sie ging nun in den Tempel hinein und ich folgte ihr. „... die hier nicht heimisch sind. Sie will versuchen die ein oder andere nützliche hier anzusiedeln, sodass wir sie für die Menschen hier nutzbar machen können.“
Dann trat ich in den Innenhof des Tempels und damit in den Garten hinaus. Im Zentrum stand ein großer Brunnen, darum herum gruppierten sich verschiedene Beete, dazu gab es einige Obstbäume und verschiedene Sträucher. Und zwischen alldem sah ich Perainidane, wie sie mit einer Hacke in einem der Beete Unkraut jätete.