Geschichten:Der Name des Namenlosen - Die Mutter aller Mysterien

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Dramatis personae:



»Er, der liegt, wird sich erheben und uns sein wahres Antlitz zeigen!«
–gehört im Tempel des Güldenen zu Leihenbutt


Simiona und Claudio schritten die Stufen zum Bergfried empor. Ein Wachsoldat machte respektvoll Platz und öffnete die mit einem schweren Schloss verhangene Eingangspforte. Die beiden betraten das kalte Gemäuer und schritten die Wendeltreppe herauf. Simionas Ziel war das oberste Stockwerk unterhalb der Dachplattform. Als die beiden nach etlichen erklommenen Schritt Höhe den großen Raum erreichten staunte Claudio nicht schlecht.

Im Zentrum befand sich ein wuchtiger über drei Schritt hoher Steinbogen mit einer Dicke von über einem halben Schritt. Er war äußerst ebenmäßig geformt, und seltsame Runen, Zauberzeichen und arkane Glyphen waren in die Oberfläche eingelassen. Claudio konnte sich den Sinn eines solchen Konstruktes nicht so recht erklären.

Der Zwerg Jandor und zwei weitere Helfer waren dabei, den letzten Schliff anzulegen. An einem Tisch an der Stirnseite des Raumes saß Bartholomäus, und studierte in Schriftrollen und Pergamenten und machte sich Notizen. Auch ein großer aufgeschlagener Foliant mit auffälligem Einband war dort zu sehen.

„Wie weit sind die Arbeiten fortgeschritten?“, fragte Simiona in die Runde. Erst jetzt schienen die vier ihre Anwesenheit überhaupt bemerkt zu haben. Bartolomäus erhob sich von seinem Platz. „Du bist schon da? Ich hatte dich erst später erwartet, Simiona!“

„Jaja, isch wurde frü’er im Tempel fertig als gedacht. Und, wie weit seid ihr mit den Arbeiten?“

„Wir sind noch beim Anlegen der letzten Arcanoglyphen. Alles muss exakt mit den Vorlagen übereinstimmen. Der kleinste Fehler kann fatale Folgen haben. Aber das sagte ich ja bereits.“ Er sah kurz zu Claudio herüber. „Ich sehe, dein Freund ist zurückgekehrt. Habt ihr Nimmgalf die Trollklinge abgejagt?“ Claudio trat heran. „Leider nicht, ich konnte..“ „Schweig!“ unterbrach ihn Simiona. „Wir `aben die Trollklinge nischt. Zumindest jetzt nischt. Aber das spielt für misch keine Rolle – dann muss es eben ohne ge’en.“

Bartholomäus blickte sie verständnislos an und schüttelte den Kopf. „Das wird kaum möglich sein! Ich hatte dir doch gesagt, dass die Trollklinge für das Ritual absolut unverzichtbar ist. Das Portal ohne den Fokus aufzustoßen wäre Wahnsinn – ja glatter Selbstmord. Simiona – das kann nicht dein ernst sein!“

Claudio stutze. „Ich höre immer Portal. Wohin soll dieses Portal denn führen? In den Limbus?“ Bartholomäus zog kurz die Luft ein und schüttelte leicht verächtlich den Kopf.

Simiona funkelte erst Bartholomäus an, dann sah sie zu Claudio rüber. Kommt mit – isch werde Euch zeigen worum es hier ge`t. Ihr anderen macht an den Glyphen weiter. Spätestens übermorgen muss alles fertig sein.“ Sie zog an einem in der Wand eingelassenen Hebel, und in der Decke öffnete sich eine große doppelflüglige Luke. Mit einer Leiter gelangten sie auf die Dachplattform. Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Schon bald würden die Tage ohne Namen auf Deren Einzug halten mit all ihren ersehnten und gefürchteten Folgen.

Simiona wies ans Firmament. Direkt über ihnen zwischen den Sternbildern von Stute und Greif war die Namenlose Sternenleere deutlich auszumachen. „Dort oben genau über uns ´aben die sogenannten Zwölfgötter den All-Einen dereinst an die große Bresche geschmiedet. Äonen sind seitdem vergangen. Und äonenalt ist sein Hass auf alles, was diesen Götzen dient.“ Sie machte eine Pause um ihre Worte wirken zu lassen. „Irgendwo dort draußen existiert noch Kerb`old, der vor vielen Zeitaltern einst der `ohepriester des All-Einen auf ganz Deren war. Auch er wurde von den Göttern gestraft – verbannt für alle Zeiten ziellos durch den Raum zu treiben o`ne `offnung auf Befreiung oder ein Ende seiner äonenlangen Qual.“

Sie sagte ihnen nichts Neues, die alten Legenden waren ihnen wohlbekannt. Dennoch wagte keiner von beide Simiona zu unterbrechen, die von einer leicht purpurnen Aura umgeben zu sein schien und ihnen nun ein lange gehütetes Geheimnis offenbaren wollte.

Sie atmete noch einmal tief durch und ein seltsames Knistern lag in der Luft. Dann fuhr sie fort: „Ich spüre, dass die Zeit gekommen ist, das alles zu ändern. Und isch sah es in meinen Visionen. Es ist die Zeit des Umbruches, die Zeit großer Taten. Den Zauderer erwartet nischts als Vergessenheit – den Wagemutigen jedoch erwarten Triumph und Macht – me`r Macht als Sterblische sisch auch nur erträumen können.“ Sie sah Claudio an. „Du willst wissen, wohin misch das Portal bringen soll? Isch werde es dir sagen. Es wird mir einen Weg zu Kerb`old dem Ketzer bereiten. Isch werde ihn finden, und ihn befreien oder von seinen Qualen erlösen. Doch zuvor wird er mir sein Wissen weitergeben. Das Wissen über das letzte und größte Geheimnis im gesamten Kosmos – das Wissen… UM DEN WAHREN NAMEN DES ALL-EINEN!!!“ Ihre letzten Worte waren mit unheimlicher Macht ausgesprochen und hallten in den Ohren wieder. In der Ferne war Donnergrollen zu hören.

Bartholomäus und Claudio blickten Simiona an, als sei sie jetzt komplett dem Wahnsinn verfallen. „Du.. willst..“ „Ja, das will und werde isch! Und ihr werdet dabei sein! Kerb`old ist die letzte Kreatur, die den Namen des All-Einen kennt. Der Name des Namenlosen, die mäschtigste Waffe im ganzen Kosmos.“ Sie ballte die rechte Hand zur Faust.


„Es heißt, alleine das Wissen um SEINEN Namen sei ausreischend um einen `albgott zu zerschmettern. Ausgestattet mit dieser Macht, werden wir die Eterniumketten des All-Einen sprengen. Dann wird er sich mit all seiner gewaltigen Kraft er`eben. Sein Zorn und sein `ass werden unendlisch sein, und er wird uns teil`aben lassen an seinem Triumphzug dursch die Sphären. Er wird die Feste Alveran zerbersten lassen, und wie Götter werden wir als SEINE höchsten Legaten zurückke`ren und mit unserer Herrschaft über den ganzen Derenrund dann das Dreizehnte Zeitalter einläuten. Unser Zeitalter!“ Sie machte eine Pause und atmete tief durch. „Jetzt endlisch wisst Ihr was isch will! Und nischts und niemand wird misch davon abbringen!“


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30. Rah 1031 BF
Die Mutter aller Mysterien
Aufkommende Finsternis


Kapitel 3

Ins Graue Nichts
Autor: IBa