Geschichten:Der Quelltempel zu Nattersquell - Sankt Ermengild von Ordrinsbruck
In dem gemütlichen Dorf Benget, im Gasthaus „Kuhjacker“, herrschte reges Treiben. Die Taverne war erfüllt von lebendigem Lachen, angeregten Gesprächen und dem wohligen Duft von deftigen Speisen. Vor dem heimeligen Kamin saßen die Peraine-Geweihte Matrissa von Mohnfeld, der Peraineritter Torben von Eychgras sowie die Novizen Herdan von Storch und Ophelia von Ochs. Der Peraineritter war genesen und am morgigen Tag wollten sie ihren Pilgergang fortsetzen. Während sie einen deftigen Gemüseeintopf genossen, begann Torben, seine packende Geschichte zu erzählen. Vor allem auch für die jungen Novizen, damit sie sich auf ihren nächsten Pilgerort vorbereiten konnten.
„Meine Freunde, lasst mich euch die außergewöhnliche Geschichte von Ermengild erzählen!“, rief Torben aus und sprang auf, seine Augen leuchteten vor Begeisterung. In der Taverne herrschte geschäftiges Treiben: Kinder rannten fröhlich umher, spielten Fangen und lachten lauthals. Die Mägde balancierten geschickt Tabletts mit Bierkrügen und Weinkaraffen, während sie zwischen den Tischen hindurchflitzten, um die durstigen Gäste zu bedienen. Bauern strömten nach einem langen Tag auf den Feldern herein, ihre Gesichter gezeichnet von der harten Arbeit und ihre Kleidung staubig. Sie setzten sich an die Holztische, froh über die Möglichkeit, sich zu entspannen und den Geschichten zu lauschen. In einer Ecke nahmen fahrende Händler Platz, ihre Warenkörbe neben sich gestapelt, während sie sich mit warmem Essen und Trinken stärkten und Geschichten von ihren Reisen austauschten.
„In den dunklen Tagen der Magierkriege, im Jahre 591 BF, gab es eine tapfere Peraine-Geweihte namens Ermengild, die in Gallstein lebte. Als eine unheilige Seuche den Ort Traunstein heimsuchte, war es Ermengild, die unermüdlich den Kranken beistand,“ begann Torben, seine Stimme übertönte kurz das fröhliche Lachen der Kinder.
Die Gäste, die in kleinen Gruppen beisammen saßen, schauten neugierig auf, einige von ihnen legten sogar ihre Gespräche auf Eis, um Torbens Erzählung zu lauschen. „Stellt euch vor, Tag und Nacht kämpfte sie gegen die Seuche, ihre Kräfte scheinbar grenzenlos. Doch eines Tages, als sie nahezu erschöpft war, erschien ein kleines Mädchen aus dem nahen Wald und rief sie zu sich. Erschöpft, doch unerschrocken, folgte Ermengild dem Kind.“
Torben bewegte sich weiter durch die Taverne, hielt ab und zu inne, um den Zuhörern tief in die Augen zu sehen. „Der Wald war dicht und düster, und bald verlor sie die Spur des Mädchens. Zehn Tage und Nächte irrte sie umher, hungrig und durstig, dem Tod nahe. Doch in ihrer Verzweiflung ergab sie sich ganz ihrer Herrin Peraine, bereit, ins Alveran einzutreten.“
Im Hintergrund war das Klirren der Bierkrüge zu hören, als die Mägde neuen Nachschub brachten und sich freudig unterhielten. „Aber haltet euch fest, meine Freunde“, rief Torben, seine Stimme erhob sich wieder und übertönte die Geräusche der Taverne. „Gerade als alles verloren schien, hörte sie erneut das Lachen des Kindes! Dieses Lachen war wie ein Funke der Hoffnung in der Dunkelheit. Ermengild folgte dem Klang und trat auf eine Lichtung, wo eine Schar fröhlicher Kinder um einen gewaltigen, majestätischen Baum tanzte und lachte.“
Torben drehte sich im Kreis, als ob er selbst Teil des Reigens wäre, und setzte mit großer Geste fort: „Das Mädchen, dem sie gefolgt war, nahm sie an der Hand und führte sie in den Tanz der Kinder. Sie tanzten und sangen voller Freude um den Baum. Die Worte ihres Liedes sind unvergesslich:
‘Komm. Komm. Nimm Traschbart aus dem Haar des alten Mannes, der Einbeere wirft hoch bis zum Drachenschlund. Sieh doch, dort ihn stehen, gibt Donf und Silberfarn dem Narrensparn und hütet Zwölfblatt auf schattigem Grund.’
„Ermengild, geschwächt und hungrig, sank schließlich vor Erschöpfung in einen tiefen Schlaf. Als sie erwachte, waren die Kinder verschwunden, doch der alte Mann aus dem Lied stand deutlich vor ihr: Es war der Baum selbst, ein majestätisches Wesen, das Traschbart in seinem Haar trug.“
Ein lautes Lachen erklang von einem Tisch in der Ecke, wo ein paar Dorfbewohner über einen alten Witz lachten, doch Torbens Stimme zog die Aufmerksamkeit schnell wieder zurück zu seiner Geschichte. „Ermengild begann, die Lichtung abzusuchen, und tatsächlich fand sie die Einbeere und den Drachenschlund, wie im Lied beschrieben. Tiefer im Wald entdeckte sie Donf und Silberfarn neben dem Narrensparn, einem Pilz, dessen Kappe einer Narrenhaube glich und der heilende Kräfte gegen Magenschmerzen und Fieber besaß. Schließlich fand sie das seltene Zwölfblatt, gut verborgen im schattigen Herzen des Waldes.“
„Mit diesen wertvollen Kräutern kehrte Ermengild nach Traunstein zurück und besiegte die Seuche. Die Dorfbewohner, dankbar für ihre Rettung, halfen, einen Schrein zu Ehren der Herrin Peraine zu errichten. Mit der Zeit entstand daraus ein prächtiges Kloster, in dem Ermengild als weise Äbtissin wirkte, bis sie schließlich ins Alveran hinaufstieg.“
Torben hob seine Hände, als er den Höhepunkt der Geschichte erreichte: „Zum ewigen Dank benannten die Bewohner den Ort um – in Perainefelden, zu Ehren der gütigen Peraine und der wunderbaren Heiligen Ermengild, die einst hier lebte und wirkte. Möge ihr Segen auch uns auf unserer Reise begleiten!“
Die Gäste der Taverne applaudierten begeistert, mitgerissen von Torbens lebhafter Erzählung. Die Mägde füllten währenddessen Bier und Wein nach, und das Lachen der Kinder erfüllte weiterhin die Luft. Das Feuer im Kamin knisterte leise, und die warme, heimelige Atmosphäre ließ die Geschichten und Legenden noch lebendiger werden. Die Bauern, die sich nach der harten Feldarbeit versammelt hatten, lehnten sich entspannt zurück, ihre Gesichter erhellt von dem flackernden Licht des Feuers und dem Glanz der erzählten Geschichte. Die fahrende Händler, die sich in einer Ecke niedergelassen hatten, tauschten Geschichten von ihren Reisen aus und genossen das wohlverdiente Mahl, das ihnen neue Kraft für ihre nächste Etappe gab.
(Mit Dank an BB/Gallstein für die tolle Beschreibung in der Wiki)