Geschichten:Der Ruf der Treuenklamm – Eine Reise ins Ungewisse
Traviakloster Gansbach, Gräflich Silz, Grafschaft Waldstein. Rahja 1046 BF:
Mit zugewandtem, mütterlich anmutendem Lächeln schlenderte Mutter Tomalis durch den prächtigen Apfelhain. An der Seite der Äbtissin schritt mit gesenktem Blick Schwester Alwa.
Das Traviakloster Gansbach, mitten im Forst gelegen, war ein von der gütigen Travia gesegneter Ort. Mutter Tomalis hatte der Göttin und ihren Gläubigen ein Heim geschaffen, das Schutz vor den Gefahren des wuchernden Waldes bot und auch die Verlockungen des weltlichen Lebens fernhielt. Besonders der Landadel schickte seine Drittgeborenen gerne ins Kloster, bzw. jene, die sich schon etwas vor der Zeit der rahjagefälligen Leidenschaft hingegen hatten und dieses Abenteuer nicht folgenlos blieb. Tagein, tagaus gingen die Klosterbewohner ihrem Tagwerk nach. Sie pflegten den Obstgarten, erfreuten sich am Summen der Bienen, die ihnen reichlich Honig für ihre Kerzen spendeten und sie verarbeiteten körbeweise Äpfel, die ihnen der Apfelhain schenkte. Die Erzeugnisse, die nicht für den Eigenverbrauch genutzt wurden, verkaufte die Klostergemeinschaft im fast 10 Meilen entfernten Silz.
Dieses Mal war es Schwester Alwa gewesen, die die Erzeugnisse des Klosters, vor allem Wachskerzen und Apfelmost, auf einem Ochsenkarren zum Markt nach Silz brachte. Doch es war Rahjamond und in Silz tummelten sich Händler, Schausteller, Gaukler und Schaulustige zum `Markt der Alten Völker´.
„Möge die heilige Mutter mir vergeben, denn ich habe dich den Versuchungen der Fleischeslust ausgesetzt, mein Kind“, begann die Äbtissin mit ruhiger Stimme. „Silz steht während der Markttage im Rahjamond unter dem Sternbild der Stute von Traviens Schwester Rahja. So wir alle Zwölfe in Ehren halten, so sind wir doch den Geboten der Herdmutter verpflichtet. Du, mein Kind, trägst die Bürde, mit Liebreiz und einer aufblühenden Schönheit bedacht worden zu sein. Die Verlockungen sind groß, besonders wenn der `Markt der Alten Völker´ viel zweifelhaftes Gesindel anlockt.“
„Verzeiht, ehrwürdige Mutter. Der Charme der erquickenden Worte hat mein Herz erhitzt und haben mich für wenige Augenblicke im Glauben wanken lassen. So wie damals.“
„Die Herrin des Herdfeuers hat mir eine Vision geschenkt. Ich sah dich auf einem fernen Gipfel in den Trollzacken, in einem abgelegenen Heim unserer göttlichen Mutter. Schon sehr bald wirst du mit deinem Gemahl Bruder Marbert und dem kleinen Badilak in die Ferne aufbrechen und Mutter Trauthilde im Kloster Treuenklamm dienen.“
„Ja, ehrwürdige Mutter!“