Geschichten:Der Ruf des Einhorns - Den drohenden Brand löschen
Reichsstadt Eslamsgrund, 30. Efferd 1036 BF, kurz nach Mittag, direkt im Anschluss an die Predigt des Einhorns
„Dieser Tor, dieser Tor, dieser zwölfmal verfluchte Tor!“
Edorians Miene war eine Maske des Entsetzens.Sein Bruder sah ihn fragend und mehr als nur ein wenig verunsichert an.
„Verstehst du es denn nicht, Sequin! Yesatan, der letzte Graf derer von Eslamsgrund! Der Verfasser von 'Wider Fron und Lehen'. Sie haben ihn nicht vergessen. Auf ihn lief alles hinaus! Er ist der Alte, Narbosios ist sein Sohn, er muss in der Stadt sein und die 'alten Bekannten' sind seine Leute. Sie wollen wieder einen von Eslamsgrund auf dem Thron der Grafschaft. Und unserer Kirche haben sie sich bedient wie die Mirhamiomettenspieler und wir sind ihnen auf den Leim gegangen! Wir sind eine Schande vor dem Herrn Nandus ... dabei hatte ich alle Informationen die ich brauchte. Ich war nur zu ... zu...“
„Edorian, wovon sprichst du?“
Edorian überging die Frage seines Bruders einfach:
„Hör zu Sequin, du hast Geld und Beziehungen zu den Jüngern des Fuchses. Die nächsten Augenblicke sind unsagbar wichtig. Geh zur Hauptfrau der Gerbaldsgarde, lass dich von einem ihrer Leute zu ihr führen. Dort drüben ist einer. Die Offiziere der Garde hier sind verkommen bis ins Mark, aber sie verbergen es hinter einer Maske der Ehrhaftigkeit. Du musst Verina von Silbershuf klarmachen, was hier vorgeht. Sie muss die Menge beruhigen ... jeden Aufstand unterdrücken, mit allen Mitteln. Mach ihr klar, dass ein Aufstand in Eslamsgrund, und sei es nur eine Unruhe, dass jede Parteinahme für den alten Grafen, den Frieden des Reiches, Garetiens, der Grafschaft und damit auch den Frieden der Stadt nur stören kann ... erinnere sie an den Ruhm, den sie dabei gewinnen kann, für sich, für die Garde und für ihre Familie ... mach ihr auch klar, dass der Handel und der Wohlstands Eslamsgrunds in Gefahr sind und damit die Einnahmen aller, aller, die davon profitieren. Die Nanduskirche wollte dies nicht, wir stehen hinter ihr ... Geh Sequin, geh!“
Sein Bruder sah ihn immer noch unschlüssig an, aber dann wandte er sich um und lief zu dem völlig überforderten Stadtgardisten hinüber.
Währenddessen rannte Edorian durch die Menge auf das Verlagsgebäude zu und drängte sich durch die zusehends enger zusammen stehenden Leute. Auf sein panischen Trommeln hin, öffnete Sharban die Tür des Verlagshauses. Er war kreidebleich.
„Edorian du ... du hattest Recht ... es ... sie ... das wollten wir nicht.“
Edorian schenkte seinem Bruder im Glauben ein mitleidiges Lächeln. Wie konnte man den siebten Grad der Erkenntnis erlangen und dennoch so töricht sein? Warum hatte Marvan Nandrash Alfessir nur nicht auf ihn gehört? Der Geweihte stand noch immer oben auf dem Balkon, sprachlos und völlig erschüttert von der Reaktion, die sein Vortrag hervorgerufen hatte. Die übrigen Geweihten wirkten ebenso ratlos. Keiner schritt ein, als Edorian Marvan von hinten am Kragen seines grünen Skapuliers pakte und ihn mit aller ihm zur Gebote stehenden Kraft nach hinten zerrte. Dann stand er selbst auf dem Balkon.
„Volk von Eslamsgrund, Bürger des Raulschen Reiches, treue Diener der Kaiserin ... hört mich an...“
Seine Stimme hatte eine ungewöhnliche Entschlossenheit, Durchsetzungskraft und Stärke. Die übrigen Geweihten starrten wie gebannt auf ihn. Der Blick seines Herrn ruhte auf ihm, er spürte es. Seine Gedanken waren mit einem mal klar und geordnet und doch dachte er mit einer ihm bisher unbekannten Schnelligkeit ... Nandus war mit ihm.
◅ | Mit Phex im Bunde |
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Worte gegen die Flut | ▻ |