Geschichten:Der Ruf des Landes

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Burg Trollwacht, Baronie Zackenberg, 5. Ingerimm 1043 BF:

Es war ein schöner frühsommerlicher Tag. Salix stand auf der Greifenbastion von Burg Trollwacht und genoss den weiten Blick in das Tal. Unweit unterhalb des Burgberges schmiegte sich der beschauliche Markt Zackenberg, der Hauptort der Baronie.

Die Greifenbastion, benannt nach der Abbildung an der spitz zulaufenden Außenmauer, die einen in Abwehrhaltung befindlichen Greifen darstellte, beherbergte auch den Burggarten. Zwar war die Burg äußerst trutzig und wehrhaft, aber Burgherrin Efferdana von Zackenberg-Bennstedt wollte auf diese Schöngeistigkeit nicht verzichten. So blühten hier die unterschiedlichsten Blumen in allen erdenklichen Farben nur so um die Wette. Vergnügt zwitschernde Vögel labten sich an der steinernen Tränke und an der Burgmauer zum Gesindehaus hin, standen Mokoscha heilige Bienenkörbe, die den Bewohnern der Burg eigenen Honig schenkten.

Salix wendete seinen Blick nun zum Gewusel im Burggarten. Ausgelassen tollten die beiden Enkellinnen von Baron Zivko, Leonore und Melinara über die Grasfläche, stets begleitet von ihrem Kindermädchen Janne, die alle Mühe hatte die beiden Wirbelwinde wieder einzufangen. Kaum zu glauben, dass die beide Mädchen im Winter erst ihre Mutter verloren hatten, aber sie waren noch zu jung um es zu begreifen. Unweit der Vogeltränke kommandierte die erste Hofdame Alrike von Sturmfels eifrig und mit bestimmter Stimme die Pagin Yonara hin und her.

Von weitem sah Salix wie sich ihm seine Gemahlin Orlana in gemächlichen Schritten näherte. Ein liebevolles Lächeln huschte über ihre Lippen. Ihre funkelnden dunkelgrünen Augen bildeten einen Kontrast zu den kurzgeschorenen, schwarzen Haaren. Nach einer innigen Begrüßung wurden ihre Gesichtszüge etwas ernster.

„Meine Mutter möchte dich sprechen!“

„Ach, worum geht es denn? Wenn es um die Korrespondenz mit … .“

„Nein“, beschwichtigte die Hofkaplanin der Burg umgehend, „Sie möchte, dass du zum Kaiserhof nach Eslamsgrund reist.“

„Oh.“ Die Überraschung stand Salix ins Gesicht geschrieben.

„Die Kaiserin ist erstmalig seit Ausbruch dieser Fehde in ihren Stammlanden, meine Mutter möchte, dass du am Hof Auge und Ohr unserer Familie bist. Außerdem …“, Orlana stockte einen Moment, „wäre meiner Familie, wäre mir noch etwas sehr wichtig: Die Kirche des Götterfürsten hat zu heiligen Questen aufgerufen um die Ereignisse in der Baronie Höllenwall ans Licht der Wahrheit zu bringen. Ich selber würde auch mitkommen, werde aber hier gebraucht.“

„Praiosgefällige Questen?“, wiederholte Salix etwas verwundert.

„Ich weiß, deine Fähigkeiten liegen in der Diplomatie, weswegen du auch an den Kaiserhof geschickt werden sollst. Aber meine Familie ist, wie du weißt, sehr praiosfromm, von daher sind die heiligen Questen eine Sache der Ehre für uns.“ Orlana sprach das Folgende etwas vorsichtiger, da sie wusste, dass es Salix nicht gefallen würde. „Meine Mutter will, dass dich dein Vetter Ilmar als Schwertarm begleitet.“

Salix rümpfte kurz mit der Nase. Die Beziehung zu seinem Vetter war nicht die Beste. Das lag nicht unbedingt an gegenseitiger Abneigung, sondern viel mehr daran, dass Ilmar ein arroganter Heißsporn war, der auf jeden herabblickte, der nicht - wie er - mit dem Schwert umgehen konnte. Dann seufzte Salix kurz und lächelte seine Gemahlin an, „nun gut. Wenn es der Wunsch deiner Mutter ist werde ich Ilmar als Schwertarm mitnehmen. Vielleicht hilft die gemeinsame Reise dabei unsere Beziehung zu verbessern.“, stellte Salix fest.

„Ach ja, außerdem will Mutter, dass du Orwin irgendwo im zentralen Garetien unterbringen sollst. Eine ritterliche Ausbildung scheidet ja wohl aus, aber sicher wirst du was finden. Am Kaiserhof wimmelt es ja nur so voller Hofschranzen mit Verbindungen. Nutze deine Talente.“ Orlana zwinkerte ihren Gemahl zu.

Dieser schmunzelte nur über ihre Worte und gab mit einem knappen Nicken zu verstehen, dass er auch diese Aufgabe übernehmen würde. Mit einem Kuss verabschiedete sich die Hofkaplanin vom Meister der Schreibstube und ging wieder ihres Wegs. Dieser blieb noch ein bisschen auf der Bastion stehen und blickte dem Treiben zu ehe er sich abwandte und in seine Stube ging, er musste zwei Briefe aufsetzen.



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Texte der Hauptreihe:
5. Ing 1043 BF
Der Ruf des Landes


Kapitel 1

Autor: Bega, Vlad