Geschichten:Der Storchenbund - Am Abend der Herrin, die Satzung
Dramatis Personae
- Ulfried Darolf von Jendrackh, Junker zu Jendrafels
- Gerding Rodiak, Haushofmeister
- Ährengard von Spornstein-Nettersquell, Äbtissin des Quelltempels
- Throndwig von Bregelsaum, berühmtester Pflanzenkundler Aventuriens
- Walpert von Täleshof, Junker von Täleshof
- Alabrecht von Perainenhold, Junker von Peraineau
- Praiosward Geron von Sturmquell, Junker zu Perainsheim
- Salix Phextreu Burgherdal, Kaufmann & Privatbankier in der Sighelmsmark (Einladung ging zu dessen Verlobte Antara von Sylberhofen)
Quelltempel zu Nattersquell , 9. Peraine 1034 BF
"Ich glaube, dieser Mann ist einem jedem von Euch bekannt: Trondwig von Bregelsaum. Einst Markgraf, nun Abt des Drei-Schwester-Ordens wider die Pervertierung der Schwarzen Lande. Und bei ihm, meine Freunde, sieht jeder von Euch den Beweis dafür, dass unser Orden, unsere Bruderschaft gebraucht wird. Noch bevor Ihr einen Blick auf die Satzung werft, höret mir zu, was ich selbst erst vor wenigen Stunden mit Unwohlsein erfahren habe."
Ulfried entfaltet den Brief, breitet ihn aus und wirft einen Blick zu Walpert, der ihm den Brief gegeben hat ...
"Euer Wohlgeboren Ulfried Darolf von Jendrackh zu Jendrafels,
Ihr schimpft Euch einen dem Volke nahen Junker. Ein Junker, der selbst erfahren durfte, was es heißt, arm, hungernd und arbeitend in den Tag zu treten. Ihr bemüht Euch nun um einen Orden der Peraine? Einen Orden zum Schutze der Landbevölkerung? Welch Hohn! Welch Spott! Welch Scham!
Es mag sein, dass Ihr einst einer wart, der nahe am einfachen Volke lebte. Doch mit welch Gestallten umgebt Ihr Euch nun? Welche Freunde habt Ihr nun in Eure Mitte gelassen?
Hagwulf von Eslamsberge, Ritter zu Eslamsberge, steht mit euch im Zeichen des Storches? Er pries dieses öffentlich! Oh, Ihr Götter, wie verzweifelt müsst Ihr sein, wenn ein solcher Herr der Peraine folgt! Ein Wohlgeborener, der sich bezahlen lässt, damit seine eigene Bevölkerung ihn nicht zu fürchten braucht?
Nie werde ich oder einer meiner Brüder und Schwestern euch Respekt zollen. Nicht bei solcher Gesellschaft.
Auf dass die Götter immer mit EUCH seien.
Hochachtungsvoll ...." Er beendete den Brief, ließ ihn langsam sinken und erhob sein Haupt.
"Den Namen lasse ich an dieser Stelle außen vor. Es war jedoch kein Niederadel, der mir diese Zeilen zukommen ließ. Nur zeigt uns dieser Brief, dass schon jetzt der Bund Aufsehen erregt. Und nicht immer im Guten."
Throndwig erhob sich, seine grauen Haare schienen im Licht des Saales eher silbern, und stemmte die Hände auf den Tisch. "Ulfried, ich verstehe Eure Sorge. Ein schwarzer Fleck auf einem Wams, der die Hände der Schneiderin noch nicht verlassen hat, ist schwer zu übertünchen. Und doch ..." Er schaut in die Runde; sieht gespannte Gesichter: "Ihr befindet Euch in sehr guter Gesellschaft. Viele sind eine lange Reise angetreten, um hier zu sein und den Orden zu tragen. Selbstverständlich darf die Äußerung über den Herrn zu Eslamsberge nicht einfach hingenommen werden. Aber eine zu harte Kritik könnte eine Beleidigung sein. Eine Beleidigung führt zu Streitigkeiten. Und Streitigkeiten oft zu Fehden. Und diese liegen in keinster Weise im Interesse des Bundes oder des Einzelnen."
Ulfried lief um den Tisch, stellte sich neben Throndwig und legt ihm die Hand auf den Arm: "Throndwig, mein Freund, Ihr habt Recht und seid eine Bereicherung der Sache. Wir hätten keinen besseren Gönner finden können. Bitte gebt mir, verzeiht; gebt UNS die Ehre und verlest die Satzung des Ordens." Ein Verbeugen, ein Schritt in den Hintergrund, und Throndwig hatte die Aufmerksamkeit der Gäste für sich.
"Meine Störche,
am neunten Tage des neunten Mondes des Jahres 1034 nach dem Falle Bosparans stehen wir hier. Diener der Herrin Peraine, der hilfsbereiten Göttin. Sieben an der Zahl stehen heute hier in der Ihr geweihten Halle zu Nattersquell, um eine Bruderschaft zu berufen, die sich dem Schutze der einfachen Bevölkerung verschreiben wird. Die Gesetze der Götter, Peraine vor, sind unsere Grundlage aller Taten und Gedanken.
I. Ein jeder Bruder, eine jede Schwester, angefangen beim Primus bis hin zum einfachen Laienbruder, verpflichten sich, ihre Vasallen und Untertanen und deren Hab und Gut stets angemessen zu behandeln."
Alabrecht blickt merklich auf und unterbrach Throndwig mit dieser kleinen Geste. "Euer Wohlgeboren, ist etwas nicht zu Eurer Zufriedenheit?"
Der Alte räuspert sich kurz und entgegnet zaghaft: "Angemessene Behandlung liegt immer im Auge des Betrachters, dieses sollten wir vielleicht umschreiben, um wenig Interpretation möglich zu lassen."
Throndwig nickt zustimmend: "Ein sehr interessanter und meiner Meinung wichtiger Einwand. Doch sollten wir Vorschläge erst im Anschluss der Satzung besprechen. Doch danke ich Euch für diesen!"
Throndwig grinst den Alten an und verliest weiter die Satzung:
"Die Bruderschaft extern;
II. Kein Vasall oder Untertan darf ungerecht gerichtet oder gar ohne Gericht bestraft werden. Der Herr Praios gab uns das Gesetz, Herrin Hesinde den Verstand, diesem zu folgen.
III. Abgaben, die zur persönlichen Bereicherung des Adligen eingetrieben werden, gilt es zu vermeiden.
IV. Misstände in anderen Junkertümern, Baronien und Grafschaften werden in der Bruderschaft besprochen und nicht auf eigene Faust geahndet.
V. Punkte II. und III sind Grundlage für Punkt IV
Die Bruderschaft intern;
VI. Sollte eine Katastrophe über Landstrich eines Bruders oder Schwester herfallen und es diesem Mitglied des Ordens nicht möglich sein, seine Bevölkerung allein zu versorgen, so verpflichten sich die anderen zur Hilfestellung.
VII. Der Orden wird vom Primus und vom Rat der 6 Störche geführt.
VIII. Einmal im Jahr, zum Tage der Gründung der Bruderschaft, wird ein neuer Primus und Rat gewählt – per Skriptum oder persönlicher Nennung beim vorstehenden Geweihten des Tempels zu Nattersquell.
IX. Ein Abzeichen, Orden oder anderes gleichwertiges Bildnis ist stets dabei zu haben und sichtbar zu machen.
Anhang für den Primus und dessen Rat der 6 Störche
X. Das Amt des Primus sowie die Ratssitze sind 12 Monde innezuhalten.
XI. Aufnahmen neuer Brüder und Schwestern sind nur durch eine Mehrheit des Rates oder Zustimmung des Primus möglich. Ehrenbrüder bedürfen der Zustimmung der Mehrheit des Rates und des Primus.
XII. Ehrenmitglieder dienen der Herrin repräsentativ und können nicht zu Ratsmitgliedern gewählt werden, haben aber auch keine direkten Verpflichtungen aus Punkt VI.
Möge die Herrin eure Händelenken und eure Taten stets zum Wohle der Bruderschaft Früchte tragen."
Ulfried tritt näher zum Tisch. " Eine Menge zu verdauen, der meinen Meinung nach."
Salix lacht "Sehr wohl junger Junker"
"Aber es darf keine Unklarheit bestehen. Mit Absicht und Vorsicht habe ich Strafen und Ahndungen für Verstöße bisher ausgelassen. Dies wollten Throndwig und ich nicht allein Bestimmen. Welche Maßnahmen seht Ihr für gerecht und göttergefällig an? Was gefällt Euch noch nicht? Alabrecht, Ihr hattet da vorhin eine Anmerkung"