Geschichten:Der Truchsess von Oberhartsteen - Das Geld im Kasten
Sakristei des Praiostempels der Reichsstadt Hartsteen, Hesinde 1043 BF
„Wie vereinbart ist hier ist das Lösegeld für meinen Vater. Wollt Ihr Euch von der Vollständigkeit der Summe überzeugen, Wohlgeboren?“
Hagen von Hartwalden-Hartsteen klappte den Deckel des eisenbeschlagenen Kastens hoch, der randvoll mit matt glänzenden Münzen gefüllt war. In den letzten Wochen hatte er alle Hebel in Bewegung gesetzt den geforderten Betrag aufzubringen, doch hatte er erfahren müssen, dass seine Familie herzlich wenig dazu beisteuern konnte oder wollte: Die Fehdeführung verschlang offenbar mehr Geld als ihr lieb war. Und so war zu guter Letzt Hagens Lehnsherr Ardo von Keilholtz eingesprungen und hatte den noch fehlenden Rest beigesteuert: eine große Verpflichtung für die Zukunft, aber dem jungen Greifenfurter Ritter war es das wert.
Sein Gegenüber, Irmhelde von Gneppeldotz, winkte ab: „Ich vertraue darauf, dass Ihr im Tempel des Götterfürsten nicht die Sünde der Unwahrheit begeht.“
Unter den Augen des ebenfalls anwesenden Tempelvorstehers Arnhold von Wengenholm klappte sie den Deckel zu, schloss ab und steckte den Schlüssel ein: „Verwahrt es gut, Hochwürden. Hartsteen wird seiner bald bedürfen.“
Der Lichthüter nickte bedächtig bei den Worten der Zeugmeisterin – oder war es doch ein leichtes Kopfschütteln? – und murmelte: „Als wenn Silber das einzige wäre, dessen Hartsteen bedarf...“
Dann winkte der Greis seinen Stellvertreter Aribert von Hirschenrode herbei, der den Kasten mithilfe zweier Tempeldiener hinunter in das sichere Gewölbe bringen und ihn erst an Graf Odilbert aushändigen würde, wenn der vormalige Truchsess des verstorbenen Grafen Luidor aus seinem Kerker entlassen und wohlbehalten in der Reichsstadt angekommen wäre.
◅ | Zwischen Tür und Sattel |
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Eins, zwei, drei und frei | ▻ |