Geschichten:Der uralte Bund - Zwiesprache mit dem Götterfürsten
Im Praios-Tempel der Pfalz Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF
Nachdenklich betrachtete Silvano den schweren Ring in seiner Hand. Irgendwie bereitete ihm dieses Kleinod beinahe körperliches Unbehagen, nein, schlimmer noch, in seiner Gegenwart schien dem Priester die Präsenz des Götterfürsten schwächer, ferner als sonst. Wie konnte dies sein? Der Praiot konzentrierte sich und ließ seine Seele die Kraft des Herrn wiederfinden und spüren; ein kurzes aber beruhigendes Gefühl von Sicherheit floss durch seinen Geist. Aber da war noch etwas anders, eine andere Kraft; bis jetzt verborgen, doch nun von der Macht des Praios´ seinem getreuen Diener offenbart: Der Ring war geweiht, jedoch keinem der Zwölfe!
Silvano schauderte bei der Erkenntnis und ließ unbewusst das Kleinod fallen, so als habe er bis gerade ein glühendes Kohlenstück in der Hand gehalten. Der Priester setzte sich und atmete tief durch, während er die Tragweite seiner göttlichen Erleuchtung realisierte: Irgendein Feind der Zwölfe mit karmaler Kraft hatte dieses außerordentliche Schmuckstück in seine unheiligen Finger bekommen und mit der Macht seines finsteren Herrn belegt! Allerlei Fragen nach dem wer und warum gingen dem Geweihten durch den Kopf, bis er seine Gedanken schließlich zur Ordnung rief und sich auf die naheliegendste und zugleich wichtigste konzentrierte. Silvano vertraute darauf, dass der Fürst der Götter ihm noch ein weiteres Mal seine Gnade schenkte und so hob er, wenn auch mit sichtlichem Widerwillen, den Ring vom Boden auf. Der Priester umfasste das Kleinod mit beiden Händen und vertiefte sich knieend ins Gebet, den Herrn preisend und zugleich seine Hilfe erflehend.
Als Silvano wieder ins Hier und Jetzt zurückfand, stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass er völlig nassgeschwitzt und erschöpft war, außerdem war die Praiosscheibe ein gutes Stück weiter gen Westen gewandert, wie ihm ein kurzer Blick aus dem Fenster verriet. Trotz seiner Erschöpfung war Silvanos Geist nun erfüllt von einer selten gekannten Klarheit und Kraft. Langsam öffnete er seine Hände, die bisher den Ring fest umschlossen gehalten hatten und betrachtete diesen. Er war für einen kurzen Moment von einem blutroten Nebel umgeben. Ein grimmes Lächeln umspielte des Geweihten Lippen. Nun wusste er um den Ursprung der göttlichen Präsenz!
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