Geschichten:Des Greifen Tatzen - Perricumer Grenzreiter in Neerbusch
Königlich Neerbusch, Grafschaft Waldstein, zweite Hälfte 1044 BF:
Es war bereits Abend als die Glocke der 'Langen Hallermine' erklang. „Reiter! Reiter!“, rief der Wächter vom Bergfried herab. Wenig später nahm eine ein Schwadron starke Reiterschaft vor dem Tor der Hochnjerburg Aufstellung. Das kaiserliche Banner, sowie das der Perricumer Grenzreiter, flatterten im abendlichen Wind. Kronvogt Leomar von Zweifelfels hatte seinerseits mit seinen Neerbuscher Grenzwächtern unter Hauptmann Radobert von Waidbrod vor dem Tor Aufstellung genommen.
„Perricumer in Waldstein?“, flüsterte Hauptmann Radobert Leomar zu. „Die verrichten die Drecksarbeit für die Marschallin“, raunte der Kronvogt ungehalten zurück.
„Mein Name ist Leomar von Zweifelfels, Vogt der Neerbuscher Lande im Namen der Krone, Träger des Schwertes Seelensäufer. Was ist Euer Begehr?“
Die Frau an der Spitze der Reiter spukte zur Seite. Sie mochte 40 Götterläufe schon überschritten haben. Ihre Haut war wettergegerbt und von eher dunkleren Teint. Die kurzen, schwarzen Haare waren schon mit einzelnem Grau durchzogen „Mein Name ist Rittmeisterin Baraya Andelar, auf Befehl von Marschallin Veriya von Gareth verlange ich Einlass und Gastung zum Schutze der königlichen Lande Neerbusch! Ach ja, und ich führe einen Säbel mit weit weniger wohlklingenden Namen, aber das tut hier nichts zu Sache.“ Gelächter innerhalb der kaiserlich-perricumer Reiter brauch aus.
„Mit Verlaub“, entgegnete Kronvogt Leomar mit einem aufgesetzten Lächeln. „Ihr seid sicherlich vom Weg abgekommen, Neerbusch liegt fern der Fehde, meine tapferen Männer und Frauen sind wohl befähigt für den Schutz der Lande der Königin zu sorgen.“
„Wollt Ihr Euch dem Befehl der Marschallin widersetzen?“, brüllte die Perricumer mit kehliger Stimme. „Macht Platz, oder wir werden uns gewaltsam Zutritt verschaffen!“
Zähneknirschend gab der Zweifelfelser den Befehl den Reitern den Zutritt zur Burg zu gewähren. Ihm dämmerte, diese Hauptfrau würde ihm Ärger bereiten, doch er hatte keine Ahnung wie er die Kaiserlichen Reiter wieder loswerden sollte.
Kronvogt Leomar saß mit seinen Getreuen, dem Mundschenk Caradan von Greifstein und der Kämmerin Algerte von Rossenrück, im obersten Turmzimmer der 'Langen Hallermine' zusammen. Eine Pagin reichte Wein, als es klopfte und Kastellanin Thalia Elida von Feenwasser eintrat.
„Herr, so kann das nicht weitergehen.“ Sorgenfalten gruben sich tief in die Stirn der Kastellanin. „Die Weinfässer sind schon wieder leer … ausgesoffen von den Kaiserlichen. Jeden Abend werden ausschweifende Festgelage gefeiert, so dass unsere Vorräte zur Neige gehen. Die Soldaten sind kaum aus der königlichen Therme herauszubekommen, dort pöbeln sie und zeigen deutlich unziemliches Verhalten ...also, es ging ja schon immer freizügig dort zu, vor allem seit Eure Gemahlin dort königliche Bademeisterin ist.“ Die Feenwasser hüstelte verlegen, wüsste sie doch um die Vorliebe des Kronvogtes für ausschweifende Feste. Sie wusste aber auch, dass er es hasste, wenn er nicht der Mittelpunkt war. „Ihr müsst dem Einhalt gebieten!“
Leomar nahm ein Schluck aus seinem Weinpokal. Er schien ihn zu genießen als ob es sein letzter wäre – im Grunde war er es auch. „Caradan, kümmer dich um mehr Weinfässer, Algerte, beziehe wenn notwendig die Einkäufe von außerhalb.“ Resignation lag in der Stimme des Kronvogtes.
„Wieder den guten Perricumer Roten?“, wollte der Mundschenk wissen.
„Ja … wobei, nein!“ Leomar überlegte einen Moment. „Wird in der Gegend nicht irgendwo Wein angebaut?“
„Ja in Uslenried, aber das ist eine saure Plörre.“ Caradan rümpfte angewidert die Nase.
„Sehr gut, nimm den. Wir wollen doch nicht, dass sich die Kaiserlichen hier zu wohl fühlen.“