Geschichten:Des Zackens Schatten - Eine neue Stütze
Barönlicher Hof zu Zackenberg, Baronie Zackenberg, 25. Efferd 1045 BF
Der Herbst hatte in den Zacken Einzug gehalten. Am besten konnte man das an den aufziehenden Nebelschwaden erkennen, welche teils tagelang in den Tälern verharrten und den Blick in die Ferne versperrten. Dann brachen die Strahlen der Praiosscheibe nur ungenügend durch den Nebel und tauchten Täler und alles in ihnen in ein dämmriges Zwielicht.
Bran von Hardenstatt stand auf der Greifenbastion und ließ den Blick schweifen. Von hier konnte man, bei guten Tagen, die ferne Stammburg derer von Zackenberg sehen. Heute hatte sich allerdings eine Glocke aus Nebel, welche alles was hinter ihr lag vor neugierigen Blicken versteckte, über die Burg gelegt. Er seufzte leicht, das waren die Tage, an denen die Menschen um ihn herum eine Vorstellung davon bekamen, wie er die Welt wahrnahm.
Der Schwertgeselle wurde von Schritten aus seinen Gedanken gerissen. Er blickte hinter sich und sah die Ritterin Gesine von Altbeil, “Herr von Hardenstatt? Ihre Hochgeboren von Bennstedt empfängt Euch nun, folgt mir”.
Bran folgte der Ritterin schweigend, die sich nicht die Mühe machte die gemeinsame Zeit mit Plauschereien zu füllen. Der Hardenstätter hatte schon länger den Verdacht, dass die gebirgskundige Frau nichts für ihn übrig hatte. Schon ihr erstes Treffen war nicht unter guten Sternen gestanden. Zu verschieden waren die Persönlichkeiten. Wo Bran lieber Karten spielte und eine Vorliebe für horasischen Wein hatte, mahnte Gesine immerzu zur Achtsamkeit und mied alkoholische Getränke.
Schließlich kamen sie vor dem Arbeitszimmer der Vögtin zum stehen. Die Hausritterin kündigte den Schwertgesellen an und zog sich daraufhin zurück. Die Baronin, welche in Abwesenheit ihres Gatten sich um die Belange der Baronie kümmerte, saß hinter einem breiten Holztisch und bedeutete, mit einem warmen Lächeln, ihrem Gast sich auf einen der beiden Stühle vor sich zu setzen.
“Den Zwölfen zum Gruße, Herr von Hardenstatt, schön dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid”. Ohne auf eine Erwiderung des Angesprochenen zu warten fuhr sie fort, “die Familie Hardenstatt ist eine gewichtige Stütze für unsere Baronie und letztlich auch für meine Familie. Euer Onkel wacht über den Nord-Westen der Baronie, Euer jüngerer Vetter kümmert sich um die barönliche Korrespondenz und Euer älterer Vetter dient unter meinem Mann im Heer. Auf die Angehörigen Eurer Familie ist verlass, deshalb lasst mich direkt zu meiner Bitte kommen: Mein Mann und ich hoffen, dass auch Ihr eine zuverlässige Stütze werdet”.
Bran hob eine Augenbraue, er hatte sich schon gefragt was genau der Anlass für seine Einladung sein könnte. Nun verstand er, die Zackenberger hatte einen Auftrag für ihn. Er war gespannt, um was es gehen sollte. Augenscheinlich um keine einmalige Sache, die Formulierung der Baronin ließ eher auf eine dauerhafte oder zumindest längere Aufgabe schließen. “So es in meiner Macht steht, werde ich mein Bestes tun, um Euch und Eurer Familie zu helfen”.
Efferdana nickte zufrieden, “nichts anderes habe ich von einem Angehörigen Eurer Familie erwartet. Lasst mich also konkreter werden. Die bisherige Verwalterin der Familiengüter, Elida von Zackenberg wird mit einem Junker aus Monvaldorn vermählt. Da zwischen Zackenberg und Monvaldorn doch einiges an Strecke liegt, möchten wir sie nicht allein in die Ferne ziehen lassen, davon abgesehen, hat Elida um ein vertrautes Gesicht aus der Heimat gebeten”. Die Baronin machte eine kurze Pause, damit Bran die Gelegenheit bekam, das eben vernommene zu verarbeiten.
Tatsächlich hatte dieser den Ausführungen seiner Gastgeberin genauestens gelauscht. Monvaldorn, das war diese Baronie, in welchem vor zwei Götterläufen der damalige Baron seine namenlose Maske hat fallen lassen. Die Krone zog daraufhin das Lehn ein und stellte es unter eigene Verwaltung. Grundsätzlich konnte sich der Schwertgeselle ein Umzug dorthin vorstellen, kam er dadurch doch in die Nähe Almada, dessen Wein er fast genauso schätzte, wie den des Horasreichs und wer wusste, welche Abenteuer in den fernen Landen auf ihn warteten?
“Euer Vetter, Salix, hat uns erzählt, dass Ihr in Eurer Jugend einige Zeit im Fürstentum verbracht hattet. Darüberhinaus seid Ihr jemand, der über Erfahrung in den unterschiedlichsten Dingen verfügt. Deshalb denke ich, dass Ihr genau der Richtige für diese Aufgabe seid”.
Der schnauzbärtige Mann wurde hellhörig. Sein Vetter hatte der Baronin von seiner Vergangenheit in Almada erzählt? Das hatte diese Schlange sicherlich nicht ohne Grund getan, er musste gewusst haben, dass dies die Baronin darauf bringen könnte ihn für diese Aufgabe auszuwählen! Oder war er zu misstrauisch? Immerhin hatte sich sein Vetter geändert, hatte auf Ausgleich innerhalb der Familie gesetzt und keinen Grund Bran wegzuschicken. Langsam schüttelte er seinen Kopf, unterließ es jedoch abrupt, als ihm auffiel wie Efferdana ihn ansah. Der Schwertgeselle räusperte sich knapp, “tatsächlich verbindet mich mit Almada eine gemeinsame Vergangenheit! Darüber hinaus wäre es mir eine Freude und besondere Ehre, Euch und Eurer Familie durch diesen Dienst helfen zu können”.