Geschichten:Deutung von Felians Traum - Felian erzählt seinen Traum
Reichsstadt Perricum, Ende Tsa 1040 BF, Kloster des Vergessens
Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden gerade hinter dem Horizont, als der Reiter das Kloster des Vergessens erreichte. Erschöpft und doch gleichwohl energisch zog er an dem Strang, der im Inneren der Klosterpforte eine Glocke ertönen liess.
Nach einer Weile öffnete sich ein kleines vergittertes Fensterchen in der Pforte und eine heisere Stimme frage: "Wer begehrt Einlass"? "Boron zum Gruße", antwortete der Reisende, dessen schwarzer Wollmantel zunächst verhüllte, ob die riesige Gestalt hohen oder niedrigen Standes war. "Mein Name ist Junker Felian von Perainsgarten, ich würde gerne Ihro Gnaden Bishdaryan von Tikalen sprechen wegen eines Traumes, der mir seit Tagen und Nächten keine Ruhe lässt. Und", der Junker drehte sich zum letzten hellen Lichtschimmer im Westen um, ehe er sich wieder der Pförtnerin zuwandte, "ich bitte um ein Nachtlager, falls das nicht zu viel verlangt ist."
Eine Übernachtung im Narrenhaus – in der Abenddämmerung war Felian das noch wie eine brauchbare Idee erschienen. Doch jetzt, da aus den nahen Zellen das Stöhnen und Seufzen und Plappern der Schutzbefohlenen des Klosters zu ihm klang, überlegte er doch, ob es nicht besser gewesen wäre, in der Stadt zu nächtigen und erst am folgenden Morgen mit Vater Bishdaryan zu sprechen. Immerhin: Der Noionit würde noch heute zu ihm kommen, hatte ihm eine stotternde Dienstbotin versichert.
Schließlich war dieser Augenblick gekommen: Ein vierschrötiger Akoluth zog die Tür zur Zelle auf, die man Felian zugewiesen hatte und ließ grußlos einen hageren Mann in der Ordenstracht eintreten. Felian entspannte sich – eine beruhigende Aura war mit dem Neuankömmling in den Raum getreten, die auch auf den Junker wirkte.
Bishdaryan von Tikalen musterte den Gast freundlich, ehe er ohne Umschweife fragte: „Ihr wolltet mich sprechen. Ich ahne, weshalb. Doch berichtet mir in eigenen Worten, was dieser Diener Bishdariels für Euch tun kann.“
"Zunächst habt Dank Euer Gnaden, dass Ihr mich empfangt noch zu dieser Stunde. Ich will deshalb auch gleich zur Sache kommen: In meinen Landen fand sich unlängst ein altes Hügelgrab. Die Inschriften sind klar, doch noch nicht entziffert, und einige alte Sagen der Angroschim im Schlund sprechen von einer Zeit, als noch Ferkinas durch die Schlunder Wälder zogen. Doch ich schweife ab. Im Traum fand ich an der Hügelflanke einen zweiten Eingang - der garantiert nicht da ist, das erste was ich am nächsten Morgen überprüfte, das könnt Ihr mir glauben. Doch im Traum war er da, sogar ein mannshohes Tor war es. Steinerne, ordentlich behauene Stufen führten in die Tiefen, kein Vergleich zum anderen Gang. Mit einer Fackel in der Hand stieg ich hinab und fand mich in einer Höhle wieder."
Felian hielt kurz inne und fuhr dann fort: "Purpurne Steine an den Wänden spenden Licht. Das Zwölfgöttliche Brevier sieht den Amethysten der Göttin Rahja nahe, doch irgendwie passt das einfach nicht zusammen mit dem was danach kam. Verzeiht, ich schweife erneut ab. Wirklich zu sehen im Raum ist nur ein alter Altarstein mittendrin. Dann ist die Fackel plötzlich weg und an ihrer Stelle habe ich einen schweren Hammer in der Hand und nur noch das Verlangen diesen Stein zu zerschlagen, keine Ahnung weshalb. Der Stein zerbricht und aus seinem Innern kommt ein immer stärker werdendes Licht. Ich will weg, doch da ist kein Ausgang mehr. Das Licht scheint ein Loch in die Wand zu schlagen, plötzlich strömt schwarzes Wasser in dem Raum und will mich ertränken. Der Kampf ist schnell vorüber, die Kammer voll, meine Luft verbraucht. Das Letzte was ich sehe sind die Reste des Steins, wo sich plötzlich acht Wasserschlangen winden und da ist noch etwas im Raum, etwas irgendwie Mächtiges. Das einzige was mir noch einfällt, während mir die Sinne schwinden, ist ein Name: "Korgond". Mit aller Kraft, die mir bleibt, rufe ich ihn... und sitze hellwach und schweissgebadet im Bett! Euer Gnaden, was bedeutet dies? Ich habe gegen Untote und Dämonen gefochten, doch nichts von alledem war derart unheimlich. Ich kann mich auch jetzt noch an jede Einzelheit erinnern, was geschieht mir?"
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