Geschichten:Die Definiton von Ehre - Teil 1

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Die Definition von Ehre

Dramatis Personae:


Waldfang, 12. Rondra 1034 BF: "Ich versteh das nicht! Das nennt sich Ritterschaft? Das also sind die ach so gerühmten Pfortenritter, denen meine Tante angehörte?" Tsaiana stapfte in der Schreibstube auf und ab. "Aber Baroness, es ist doch legitim, seine Ehre zu verteidigen und sie wiederherzustellen." Ungulf versuchte sie zu besänftigen. "Ehre? Pah! Hilbert war weitaus mehr in seiner Eitelkeit gekränkt denn in seiner Ehre. Das waren doch Eure eigenen Worte, oder?" Sie sah den Vogt Waldfangs durchdringend an. "Nein … ich meine ja, Tsaiana, aber ein Ritter muss solche Schmach nicht auf sich sitzen lassen." "Das mag ja sein Ungulf, aber kann man das dann nicht untereinander lösen? Muss man gleich eine Ritterfehde ausrufen? Ich habe irgendwie gedacht, Ritterlichkeit bedeutet, die Schwachen zu schützen und denen zu helfen, die Hilfe nötig haben, und nicht selbst die Unschuldigen in Not zu bringen." Ungulf blickte nachdenklich zu Boden. Wie sollte er Tsaiana erklären was wohl nur ein Ritter wahrlich erklären konnte? "Und warum das alles? Weil der Pfalzgraf sich wie ein verzogener Bube jammernd hinter den anderen versteckt." Die schöne Baroness verdrehte die Augen. "Ich weiß nicht, ob es die richtige Entscheidung war, in die Fußstapfen meiner Tante zu treten und mich den Pfortenrittern anzuschließen. In den Geschichten von Vater hörte es sich so edel an. Und so großherzig." Sie strich sich eine widerspenstige Strähne ihres glänzenden Haares aus dem vollkommenen Gesicht. "Ungulf, lass einen Boten bereit machen. Ich denke, ich wende mich in dieser Sache an jemanden, der mir sicher weiterhelfen kann." Fragend blickte der Vogt die junge Frau an, verneigte sich und beeilte sich sodann an die frische Luft zu kommen.


An Seine Hochwohlgeboren Danos von Luring, Graf zu Reichsforst

Verehrter Lehnsherr,
 
 
 
 
verzeiht bitte, dass ich mich erdreiste, Euch diese Zeilen zu senden. Ich bin mir bewusst, dass es einer jungen Baroness nicht zusteht, Euch mit meinem niederen Anliegen zu belästigen. Doch ich weiß nicht an wen ich mich sonst wenden könnte. Es geht um eine Frage, die ich mir, naiv und unerfahren, einfach nicht erklären kann. Es geht um das Wort "Ehre".

Ich habe das Erbe meiner Tante Tsaburga von Waldfang-Angerwilde angetreten, die Ihrerseits Mitglied der Pfortenritter war, wie Ihr als Schirmherr sicher wisst. So ersuchte ich auch bei diesen um Aufnahme und wurde dort als neues Mitglied begrüßt. Doch nun bin ich mir unschlüssig, ob ich den rechten Weg gewählt habe. Die Fehde, die zur Zeit die Pulethaner und die Pfortenritter zwistet, ist mir unverständlich. Mir selbst war bislang ein Bild von Rittern zueigen, die die Schwachen schützen, das Unrecht bekämpfen und ein Beispiel an Mut und Ehre sind. Doch scheint diese "Ehre" bei mir etwas anderes zu bedeuten. Verzeiht meine Dummheit, dieses nicht so zu verstehen, wie es wohl die Ritter tun. Ist verletzte Ehre gleichbedeutend mit verletztem Stolz und dem Streben nach Rache und Vergeltung? Ist es tatsächlich von größerer Wichtigkeit, sich gegenseitig zu bekämpfen, statt geeint mit denselben Prinzipien wider das Unrecht und der vielerlei Bedrohungen in unserer Welt zu streiten? Bitte, verehrter Graf Danos, könnt Ihr meinem Geist erklären was mein Herz nicht sehen kann? Ich bin gewiss zu jung und unerfahren um "Ehre" zu verstehen, doch Ihr kennt die Pfortenritter seit vielen Jahren und habt schon sehr viel erlebt. Bitte, als mein Lehnsherr wende ich mich an Euch und hoffe, dass Ihr mir Erkenntnis schenkt und Euch meiner dreisten Frage annehmt.
 
 
 
 
Tsa und die Zwölfe mit Euch,

Hochachtungsvoll,
Tsaiana von Waldfang-Angerwilde

Burg Waldfang im Rondra des Götterlaufes 1034 BF