Geschichten:Die Dienerin - Gehe und diene
1045 BF in einer, den meisten unbekannten Höhle bei Feshaven
Sie hatte das Wesen, das sie nun schon seit etlichen Jahren "unterwies", beobachtet. Es war lange Zeit fort gewesen, nicht körperlich, aber der Geist des fast Stutengroßen "Ungetüms" hatte für Monde innerhalb der letzten Jahre oft nur wie in Trance dagesessen, mit hängendem, seicht schwankendem Kopf. Nur zwischendurch hatte es ihr An- und Unterweisungen gegeben. Dann hatte es sich in der Entrückung hin und her gewälzt, beinahe etwas unehrhaben für dieses alte Wesen. Als hätte es einen inneren Kampf geführt, war es schließlich zuckend in sich zusammengefallen und hatte Monde zur Erholung gebraucht. Das erste mal war es ihr verletzlich vorgekommen.
Als es wieder erwacht war, hatte sich etwas in dessen Blick geschlichen, dass sie sonst nur aus menschlichen Augen kannte, als hätte es sich jüngst an etwas erinnert. Auch seine weisen Worte hatten sich verändert. Es waren immer noch die Worte eines alten, mythischen Wesens, doch es schwang Demut oder eine gewisse Willfährigkeit mit. Und wie die Worte des Wesens schon zuvor ihren Geist genährt und geformt hatten, taten sie es auch diesmal.
Und in diesen Worten erkannte sie Stärke in etwas, in dem andere meist nur Schwäche sahen – dem Dienst an anderen. Sie erkannte, dass Stärke darin lag andere zu unterstützen, ihnen zu dienen. Denn was waren Königinnen ohne ihre Scharen von Dienern? Die Rücknahme des eigenen Verlangens, war ein Schild gegen die Zwietracht und den Streit, war eine Gabe, war Selbstlosigkeit.
"Unser Dienst, mein Kind, ist der Dienst an der Schöpfung, an deren Urmächtigen, am Leben, am Land und den Meeren und allem dazwischen. Wo andere stets nur an sich selbst wachsen oder in ihrem Verlangen nach mehr Macht vergehen, sind wir Diener. Sei es gleich welchen Namen unsere Herren tragen, wir sind ihr Fundament, das sie erden soll.", sprach das Wesen, nach einer langen Ruhe und sie erkannte die Weisheit darin.
Dennoch überkam sie eine Unsicherheit, so viel hatte sie über die Jahre in dieser Höhle nur vage vernommen, doch sie wusste, dass eine Zeit gekommen war, in der Traditionen wankten und die Mächte sich neu ordneten. Die Frage, die in dieser Unsicherheit lag vernahm das Hohe Dienende und sprach weiter: "Deine Sorge/Frage ist gerecht und auch die meinen verzweifelten dereinst daran, dennoch ist es unsere Pflicht und unser Wesen, danach zu streben, die Wogen zu glätten und den Herrinnen treue und (ge)rechte Diener zu sein, auf dass sie erkennen, was zu tun das Richtige ist. Gerade in einer Zeit wie dieser, in der das Streben nach Macht und Einfluß, eine stete Verführung ist. Diene denen die rechtens sind und deinen Dienst und deine Selbstlosigkeit zu schätzen wissen. Aber vorallem diene - auf das auch solche, die Selbstlosigkeit und Tugend noch nicht kennen, an deinem Dienste wachsen können. Selbst wenn es derer Herrinnen viele sind. Selbst wenn sie dir dafür Namen der Schande geben, weil sie deine Art der Treue nicht verstehen."
Sie kam der Wahrheit in den Worten nahe, aber durchdrang sie noch nicht gänzlich, wusste aber, wie viel Stärke und Treuherzigkeit darin steckte. "Was soll ich also tun, edles, dienendes Wesen?"
"Gehe und diene. Helfe, unterstütze, beweise Treue und Demut an so vielen wie du kannst. Zuletzt wurde ich Zeuge eines Risses, wurde Zeuge von Abkehr und Eigensinn, gehe und zeige Ihnen Selbstlosigkeit, auf dass ihr Streben sie nicht vereinnahmt. Die Rätselhafte von Rash'Lamashu wird dir helfen können. Sie kennt die Fragen, die du dir noch nicht stellst."