Geschichten:Die Ein-Jahres-Fehde - Kapitel 3: Schäferstündchen
Auf Burg Trollhammer
„Was wird wohl die Baronin sagen, wenn sie uns hier im Bett findet“, fragte Rovena.
Brandulf winkte ab. „Sie hat hier nichts zu sagen. Ich bin hier der Herr und sie hat zu folgen.“ Für Lorinda empfand er nichts mehr. Sie hatte ihren Zweck erfüllt und ihm zwei kräftige Kinder geschenkt.
„Was hat Alherd gesagt?“, fragte er schließlich. Rovena war erst vor ein paar Stunden wieder auf Burg Trollhammer angekommen, nachdem sie mit den Oberhäuptern der Häuser Cres und Treuenbrück gesprochen hatte. „Hält er sich aus der Fehde heraus?“
Rovena verzog bedauernd das Gesicht. „Er ist ein sturer alter Mann. Ich fürchte, er wird den Keres weiterhin sein Geld zur Verfügung stellen“, sagte sie und kraulte seine Brust.
„Das ist bedauerlich“, sagte Brandulf. Mit Alherds Geld war Rondred im Stande die schlagkräftige Söldnerarmee weiterhin zu bezahlen, mit denen er seine Güter in der Eslamsmark überfiel.
„Und Barabrecht?“ Der Treuenbrücker hatte zwar keinen großen Anteil an der Fehde, aber das könnte sich ja noch ändern. Und dem wollte er zuvorkommen.
„Er wird sich heraushalten“, sagte Rovena zuversichtlich. „Ich habe eine Vereinbarung mit ihm getroffen.“
„Eine Vereinbarung?“, fragte Brandulf. „Was für eine Vereinbarung?“
„Eine die er nicht ausschlagen konnte“, sagte sie vieldeutig.
„Gut, von mir aus. Hauptsache er mischt sich nicht ein.“
Rovena schien nachdenklich. „Weißt du, dieser Barabrecht hat mich sehr an mein Vater erinnert“, sagte sie mit leicht bekümmerter Stimme.
„Ach ja?“
„Ich habe meinen Vater geliebt. Er war es, der mir auch alles beigebracht hatte, was ich heute weiß.“
„Muß ein guter Mann gewesen sein“, meinte Brandulf.
„Das war er“, stimmte Rovena zu und lächelte versonnen. „Aber letztendlich habe ich ihn umgebracht“, sagte sie. Als er nichts dazu sagte und sie nur fragend ansah, erzählte sie weiter. „Eines Tages wollte er sich an mir vergreifen. Ich wehrte mich, doch er ließ nicht locker. Und so stieß ich ihm einen Dolch in den Hals.“
„Du bist eine gefährliche Frau“, sagte Brandulf und fuhr mit seiner Hand die Kurven ihrer Brüste nach. „Das mag ich an dir.“
„Und was ist mit dem Grafen?“, fragte sie schließlich um wieder auf das Thema zurück zu kommen. „Unterstützt er dich?“
„Der Graf?“ Brandulf schnaubte. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob der Graf mein Anliegen überhaupt mitbekommen hat. Er ist wahnsinnig!“ Auf die Frage hin, ob dieser in seiner Fehde beisteht, hatte er nur gefragt, was er von der neuen Mode aus Kuslik halte und daß er sich doch auch solch einen Mantel zulegen sollte, wie ihn Graf Quanion trug.
„Meine Lehnsleute halten aber zu mir“, sagte Brandulf dann schließlich. „Und durch die Einnahmen meiner Baronie und der Eslamsmark waren wir im Stande gute Söldner anzuheuern. Leider kann ich aber ihn selbst nicht überfallen, da sein Schloß zu nahe bei Gareth steht. Seitdem der Kaiser vor der Stadt seine neue Residenz bauen läßt, wimmelt es dort nur so von kaiserlichen Soldaten. Es wäre unklug dort mit einer Söldnerarmee aufzutauchen. Stattdessen begnüge ich mit den Gütern, die Rondred im Umland besitzt und überfalle diese.“
„Bei meinem Besuch bei den Treuenbrücks habe ich noch etwas erfahren, das du vielleicht wissen solltest“, sagte sie. „Die junge Enkelin Rondreds, diese Duridanya, soll in Kürze mit Vargold von Rabenmund verheiratet werden.“
„Was? Wenn sich die Rabenmunds auf die Seite Rondreds stellen, haben wir so gut wie verloren!“ Aber Brandulf traute Rondred solch einen raffinierten Zug nicht zu. Das war zweifellos die Handschrift seines Sohnes Sighelm. Dieser Mann war ohnehin der gefährlichere. Sein Vater war hingegen berechenbar.
Dann stutzte er. „Du sagtest, sie sollen noch verheiratet werden? Das heißt sie sind es noch nicht?“
Rovena lächelte und nickte. Das heißt, daß die Rabenmunds noch nicht auf Rondreds Seite stehen. Es war also noch nicht verloren.
„Bei Barabrecht habe ich auch erfahren“, fuhr sie fort, „daß Duridanya Anfang Peraine nach Rommilys fahren soll. Dort soll es dann zu einer Heirat kommen.“ Und jetzt zeigte sich das entzückendste Lächeln auf ihrem Gesicht, das Brandulf so an ihr liebte. „Und wenn sie nicht auftaucht, ist der Vertrag zwischen den beiden Familien hinfällig und die Verlobung wird aufgelöst. Das wäre doch eine günstige Gelegenheit, meinst du nicht auch?“ Nun lächelte auch Brandulf. „In der Tat, das ist sie. Ich weiß schon warum ich dich auf mein Hof rufen ließ“, sagte er und küßte sie.