Geschichten:Die Ein-Jahres-Fehde - Kapitel 4: Das Recht des Stärkeren

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„Was für ein Glück Ihr doch habt, hohe Dame“, sagte Maline. „Ihr werdet mit einem edlen Mann verlobt.“

Duridanyas Vater hatte diese Verlobung mit dem Grafenhaus angestrebt. Er meinte „sie würde mit dieser Verbindung die Existenz ihrer Familie sichern“. Aber sie kannte ihren Verlobten noch nicht einmal! „Versuche einen guten Eindruck zu machen“, hatte ihr Vater gesagt. „Sonst überlegen sie es sich vielleicht noch anders. Also, meine Kleine, blamiere uns nicht.“ Anschließend hatte er sie zu der Kutsche gebracht, die sie nach Rommilys bringen sollte.

„Glaubst du er ist ein Held?“, fragte Duridanya ihre Zofe.

„Wer weiß“, zuckte Maline mit den Schultern. „Gut möglich. Aber er gehört zum Grafenhaus! Stellt Euch das nur vor!“

Duridanya lehnte sich vor und zog den Vorhang der Kutsche beiseite und betrachtete die Landschaft. Neben der Kutsche ritt Alonso heran. Er war der Onkel ihrer Mutter und ein Geweihter der Rondra und dafür zuständig, daß sie sicher nach Rommilys kam.

„Alles in Ordnung, meine Dame?“, fragte er und Duridanya nickte. „Ihr solltet wieder den Vorhang vor schieben, meine Dame. In diesen Wäldern soll es nicht ganz sicher sein.“

Wie als Antwort auf seine Aussage gab es einen Ruf, als sie um eine Kurve fuhren: „Da liegt ein Baum auf dem Weg!“ Kaum erschall dieser Ruf, sah Duridanya wie aus den Gebüschen links und rechts des Weges dunkle Gestalten heraus sprangen und sie angriffen. Alonso wandte sich im bestimmenden Tonfall zu ihr herum: „Bleibt in der Kutsche!“

Duridanya tat was ihr geheißen wurde und zog eiligst den Vorhang wieder zu, das ihr den Blick nach draußen verwehrte. Kurz darauf hörte sie, wie draußen vor der Kutsche gekämpft wurde. Sie hörte Schwertgeklirr, Schmerzensschreie verwundeter Männer und Befehle die gerufen wurden.

Maline, ihre Zofe, hatte einen Dolch gezogen und blickte genauso ängstlich wie Duridanya sich fühlte. Was war hier los? Sie wurden offenbar von Räubern überfallen. Aber Duridanya war sich sicher, daß ihr Onkel sie beschützen würde – schließlich war er ein Geweihter der Rondra! Diese Ritter gewann immer gegen finstere Räuber. Er würde sie wieder verjagen ... Ganz sicher.

Nach einer unendlich langen Zeit, zumindest kam es ihr so vor - wurde es still und sie hörte kein Kampfeslärm mehr. Wurden die Räuber verjagt? Hatten sie gesiegt? Sie hörte wie Schritte der Kutschentür näher kam.

Bitte laß uns gewonnen haben, betete Duridanya und Maline hielt ihren Dolch fester.

Plötzlich wurde die Türe aufgerissen und Duridanya schrie auf. Vor ihr stand ein grobschlächtiger Mann mit einer alten Narbe quer über seiner Wange und frisches Blut klebte auf seinem Wams. Hinter ihm sah sie den Onkel ihrer Mutter; er lag auf dem Boden und es bildete sich eine große Blutlache unter ihm.

„Na, wen haben wir denn hier?“, sagte der Mann mit der Narbe.

Maline stieß mit ihrem Dolch zu, doch der Mann griff mit schnellen Fingern nach ihrem Handgelenk und wandte ihr den Dolch aus den Händen. „So einfach geht das nicht bei mir, Kleines.“

Hinter ihm tauchten weitere Männer auf. „Es sind alle tot, Grenn“, sagte einer von ihnen.

„Gut“, antwortete Grenn ohne sich umzudrehen. „Nun, werden die reizenden Damen uns freiwillig begleiten oder muß ich grob werden?“

„Wie könnt Ihr es wagen!“ protestierte Maline. „Was gibt Euch das Recht uns zu überfallen!“

„Nun, meine Liebe“, antwortete Grenn sarkastisch. „Ich habe das Recht des Stärkeren.“