Geschichten:Die Geheimnisse des alten Landes - Auf altem Stein erbaut

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Zerber von Mersingen saß auf der Terrasse von Burg Zwingstein und ließ seinen Blick über den Innenhof schweifen, dessen Schönheit weit angenehmer war als der bedrohliche Anblick der Dämonenbrache auf der anderen Seite. Neben ihm stand ein Mädchen, das zu sanften Harfenklängen melancholisch das Alte Lied der Goldenen Au vortrug. Zerber war wie immer in feinster Kleidung nach neuester Machart gekleidet und vermied das Rüschenhemd. Der Duft seines horasischen Parfüms überstrahlte das Essen. Genüsslich biss er in das nicht ganz durchgebratene Fleisch, was ihn gespenstisch vampirisch wirken ließ, als das satte Rot des Fleischwassers sein Kinn hinunterrann.

„Hochgeboren von Hirschfurten, Wohlgeboren, wünscht vorzutreten,“ kündigte ein Bediensteter den Gast an. Nimmgalf von Hirschfurten trat vor die imposante Erscheinung des Mittsiebzigers. Sein Schädel war gänzlich kahl, und ein geschmackvoller Ohrring zierte sein rechtes Ohr. „Wohlgeboren, habt Dank, dass ihr mich empfangt.“ Der Reichsforster war innerlich pikiert, dass der Reichsjunker ihm keinen Stuhl holen ließ. So kam er sich vor wie ein Bittsteller. Nicht dass er es nicht wäre, aber stehend vor einem Junker? Nun gut, er hatte bisher nur wenig Kontakt zu dem Reichsjunker von Zwingstein gehabt, aber er wusste, er würde hier auf eine extravagante Persönlichkeit treffen.

„Euer Wohlgeboren, ich möchte euch ein Geschenk unterbreiten, welches ich vor kurzem in Almada erstehen konnte: eine Flasche Aiguilloner Südhang, ein halbsüßer Rotwein aus Hérisson.“ Die Augen des Junkers erhellten sich, und als wäre Aiguilloner Südhang ein Geheimwort, brachten die Bediensteten auch Hochgeboren Hirschfurten einen hölzernen Stuhl. Nicht mit einem sanften Kissen bedeckt, aber immerhin eine Sitzgelegenheit. „Habt Dank, Hochgeboren. Was verschafft mir die Ehre? Euch zu Besuch und mein Lieblingswein als Geschenk.“ Genussvoll verspeiste er weiter sein nur kurz von beiden Seiten angebratenes Stück Fleisch.

„Wohlgeboren, mein werter Zerber, wie es euch sicher zugetragen wurde, ist mir die Ehre zuteil geworden, ein Herz in der Gemeinschaft des Ordens vom Heiligen Altar zu Korgond zu sein.“ „Glückwunsch,“ ließ sich Zerber leicht genervt sein Glas Rotwein füllen. Aalglatter Idiot, dachte der Hirschfurten, versuchte aber, gute Miene zu machen. „Wir vom Orden haben uns geschworen, das glorreiche Garetien zu schützen und zu ehren, unter Debreks Krone und Menzels Band.“ Mit unterstützenden Handbewegungen versuchte Nimmgalf, seinen Worten Ausdruck zu verleihen. Was Zerber ziemlich kalt ließ; der Reichsjunker taxierte den Reichsforster Baron eher danach, welcher Wert am Ende dabei herauskommt.

„Wohlgeboren, ich bin mystischen Pfaden gefolgt. Sozusagen Menzels Band. Als hätte mich die Krone Garetiens selbst geleitet. Die Urkraft spürte ich dann, als ich Zwingstein näher trat. Scheinen doch bereits vor Menschengedenken die uralten Trolle hier heimisch gewesen zu sein. Ich möchte nicht vermessen klingen, doch wir vom Orden möchten erfragen, ob Ihr uns Zwingstein zur Verfügung stellen könnt, auf dass das Leitbild Korgonds über Garetien erstrahle und für einen jeden allseits ansprechbar ist.“ Zerber verschluckte sich fast beim Schluck besten Rotweins. „Ihr wollt, dass ich euch Zwingstein, meine Burg, überlasse?“ Nimmgalf versuchte zu beschwichtigen: „Nun, nicht überlassen, es würde reichen uns als Mitnutzer mit einziehen zu lassen. Eure Burg ist groß, da wäre sicher noch genug Platz für eine dauerhafte Anlaufstelle für meine Ordensbrüder.“

Der Reichsjunker hatte vernommen, dass in Auenwacht der Torbelsteiner die Runde gemacht hatte, und fragte sich, ob der Baron sich hier vergiftet hatte? Aber nein, der überhebliche Kerl schien dieses wahnwitzige Angebot ernst zu meinen.

„Ich soll euch den Preis für mein Gut nennen?“ Während Nimmgalf nickte, servierten die Bediensteten dem Baron ebenfalls etwas zu trinken. Einfachen Garether Hauswein, nichts Besonderes. Gleichzeitig legten sie vor ihrem Junker ein Blatt Pergament und eine Schreibfeder ab. Zerber notierte etwas auf dem Zettel, pustete die Tinte trocken und faltete das Papier. Ein Diener brachte es hinüber zu Nimmgalf von Hirschfurten. Dieser klappte es auf und verlor die Contenance und spuckte den miserablen Wein halb über den Tisch. „Das ist Eure Forderung?“

Zerber nippte genüsslich an seinem Lieblingswein. „Meine Antwort auf Eure Frage. Es ist verkäuflich, wenn der Preis stimmt. Wie ich sehe, sagt er euch nicht zu, bedauerlich. Doch wenn ihr nun weiter reist, grüßt doch die Gattin des Reichsvogtes der Efferdstränen von mir.“ In seinem letzten Satz merkte man immer noch seinen inneren Schmerz nachdem er Jahre die Efferdstränen gehalten hatte, nicht als Baron oder Reichsvogt erwählt worden zu sein. Ausgespielt von einem Schlunder Hinterwäldler.