Geschichten:Die Geheimnisse des alten Landes - Thrakgorgond
Gut Nebelwacht, nahe des Dorfes Trollhütten in der Raulsmark
Felian und Ardo griffen nach den beiden Brecheisen, die im Raum lagen, und hoben einige Bodendielen an. Doch darunter war nichts als Stein. Korhilda lauschte dem Surren. „Es scheint, als würde der Stein das Geräusch transportieren.“
Nimmgalf trat zu einem Fenster, dessen Butzenglas größtenteils zerbrochen war. „Doch woher kommt es? Wo ist der Ursprung?“
Perrica folgte ihrem Gefühl, einem inneren Drang. Sie trat vor die Tür. „Das Surren ist hier draußen lauter.“
Ulmia folgte Felian, Ardo, Korhilda und Nimmgalf nach draußen, und alle blickten auf ihre Füße. „Es vibriert unter uns.“ Die junge Burggräfin wirkte etwas ängstlich, während die anderen eine Habachtstellung einnahmen und Perrica schlicht dem Gefühl nachging, die Spitze Ogerstarks gen Boden, den Griff mit beiden Händen fest umschlossen. Sie nickte.
Korhilda legte sich auf den Boden und versuchte, die Geräusche und Vibrationen in sich aufzunehmen. Es fühlte sich an wie damals, als sie dem Giganten trotzte. Auch dort vernahm sie Schwingungen, die sie sich nicht erklären konnte.
„Das ist doch eine Stimme?“ Felian versuchte, sie zu verstehen. „Nein, mehrere im Gleichklang,“ hörte Perrica.
„Irgendetwas mit Thar…“ vermutete Ardo. „Und am Ende grond,“ meinte Nimmgalf. „Doch nicht die Widersacherin Borons,“ sagte Felian skeptisch.
„Psst, seid still. Ich habe diese Sprache schon öfter gehört, aber ich spreche sie nicht,“ sagte Korhilda und legte ihr Ohr auf den Boden.
„Welche Sprache? Welche ist das?“ fragte Felian interessiert.
„Psst, habe ich gesagt – trollisch, meine ich.“ Die Baronin von Wasserburg konzentrierte sich. Die Stimmen klangen wie viele zusammen, nicht wie eine einzelne Stimme. Aber alle sagten dasselbe Wort: „Thrakgorgond (*),“ sagten die Stimmen.
„Und was bedeutet das?“ Nimmgalf sah Korhilda fragend an.
„Das weiß ich nicht. Im Raschtulswall kommt man öfter mit Trollen in Kontakt, aber das heißt noch lange nicht, dass ich ihre Sprache kann.“ Korhilda zuckte mit den Achseln.
„Gut, gehen wir von trollisch aus. Das gefällt mir besser als die Widersacher des Herrn Boron,“ sagte Ardo, der sich schon gedanklich dennoch darauf eingestellt hatte, Paktierern den Garaus zu machen.
"Trollisch ...", sinnierte Ulmia halblaut. "Der Ort Trollhütten trägt seinen Namen gewiss nicht ohne Grund."
Perrica, die erst vor wenigen Monden Das erstmal bewusst Trollisch vernommen hatte, kam das alles dennoch vertraut vor, ganz verstand sie es aber nicht. Zu viel Störgeräusche, aber die deutete mit einer Hand in Richtung Wald. „Dort wird der Ruf lauter.“
Langsam pirschten sich die Adligen an und folgten den Stimmen. Das Surren der Stimmen wurde immer verständlicher und das Vibrieren unter ihren Füßen nahm zu, als sie einen Hügel erreichten. Er war bewachsen und verwuchert, doch der Gleichklang der Stimmen war für alle zu hören: Thrakgorgond, Thrakgorgond, Thrakgorgond.
„Das ist kein normaler Hügel,“ sagte Ardo, der mehr ein Naturbursche war. Korhilda kratzte mit ihrer Hand etwas von dem satten Grün ab. „Dahinter ist Stein. Große Steinbrocken.“
Gemeinsam tasteten sie den Hügel ab und spürten die aufeinanderliegenden großen Felsbrocken. Schließlich stießen sie auf einen, der aufrecht davorstand. „Ein Grabhügel oder dergleichen. Hier scheint eine Tür zu sein,“ bemerkte Felian und griff nach seiner Streitaxt, um dem Gestrüpp zu Leibe zu rücken.
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(*) Trollisch Thrakgorgond = Thrak Hüter; gorgond = des Bodens (auch als Land gleichzusetzen)
