Geschichten:Die Höhle des Löwen - Ein Gast auf Trollhammer 2
Burg Trollhammer, später
Entschlossen schloss er mit einer Frage, „Habt Ihr Beweise, mit denen Ihr Simiona der Ketzerei anklagen könnt Euer Hochgeboren?
„Beweise? Nein, leider keine handfesten, also keine, die vor Gericht etwas zählen. Ich kann lediglich mehrere Vorfälle nennen, die mit ihren finsteren Machenschaften in Verbindung stehen, jedoch ohne dass ich konkret von ihr ausgehendes ketzerisches Wirken belegen könnte. Zum einen habe ich unheilige Kreaturen – wiederbelebte Leichen - in den Gewölben meiner Burg entdeckt, die mich damals schaudernd die Flucht aus Leihenbutt haben ergreifen lassen. Kurz darauf wurde ich von einem Dämonen attackiert, der mich umbringen wollte, und den zu bezwingen mir nur mit Hilfe meiner Freunde gelang. Gut, dies wird wohl das Wirken ihres Schwarzmagierknechtes – sein Name ist übrigens Bartholomäus – gewesen sein, doch gehe ich davon aus, dass es in ihrem Auftrage geschah. (*) Dann hat sie während meiner Abwesenheit die Burg Trollhammer in persona und obendrein ganz alleine überfallen um meinen Sohn zu entführen, wobei sie dreizehn Menschen umgebracht hat, darunter auch meinen Onkel Radulf. Welcher Mensch könnte so etwas alleine bewerkstelligen wenn nicht mit Hilfe unheiliger Kräfte? Aber das was mir eigentliche Gewissheit verschafft, dass sie sich dunkler Mächte bedient, ist eine Vision, die mir vor einiger Zeit in den Rakulahöhen zuteil wurde. Ich sah Simiona in einem schwarz-purpurnen Gewand, ihr Gesicht war hinter einer goldenen Maske verborgen, und sie war dabei einen gezackten Dolch in das Herz eines Wehrlosen zu stoßen. Zwar kann auch dies nicht vor einem Gericht als Beweis angeführt werden, doch ich bin mir absolut sicher, das diese Vision bald schon wahr wird, oder schlimmstenfalls bereits wahr wurde.“ Er machte eine Pause, und Alfred Beradje bemerkte wie aufgewühlt er durch das Revuepassieren der Ereignisse war. „Deswegen muss ich endlich Gewissheit haben.“
Alfred verzog das Gesicht, als er hörte, wie Nimmgalf das namenlose Grauen beschrieb und nickte ihm gegen Ende seiner Worte zu und meinte dann, „Was gedenket Ihr nun zu tun in den nächsten Tagen und wie kann ich Euch unterstützten?“
„Ich werde erneut den Tempel der Schweigenden Wacht zu Waldfang aufsuchen, wie ich es bereits im Praios tat. Vielleicht können mir die Borongeweihten ja helfen, meine Vision besser zu verstehen, die Traumdeutung ist schließlich ihr Steckenpferd. Ich wäre froh, Euch dabei an meiner Seite zu wissen, Leutnant.“
„Visionen sind eine heikle Sache, Euer Hochgeboren und Eurer Ansinnen, die Geweihten des Herrn Boron aufzusuchen ist eine gute Eingebung, bei der ich gerne mit Euch reise. Wenn ich recht informiert bin, ist der Tempel dort auch der Stützpunkt einiger Ritter des Heiligen Golgaris?“
„Das ist korrekt!“ antwortete Nimmgalf. „Ich hoffe auch bei dieser Gelegenheit ein paar Worten mit den Oberen der Golgariten wechseln zu können, um auch diesen Orden auf die bevorstehenden Ereignisse vorzubereiten und als möglichen Verbündeten zu gewinnen. Gerade dort könnte mir Euer Wort auch sehr von Nutzen sein.“
„Der Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra unterhält durchaus freundschaftliche Kontakte zum Orden des Heiligen Golgari.“, erwiderte Alfred. „Vor allem in den östlichen Landen und bei unserer Burg Travinianshall am Ochswasser gelegen gibt es Berührungspunkte. Sobald es Dinge berührt, für deren Beseitigung dieser Orden eintritt, werden Euch deren Streiter sicherlich unterstützen.“
Alfred trank etwas von dem Wein, welcher ihm – so stellte Nimmgalf augenscheinlich fest – wohl sehr mundete und meinte dann, „Mir macht dieser Magus, Bartholomäus Sorgen. Wenn dieser Mann in der Lage ist widerwärtiges Gezücht zu beschwören, so wird er womöglich auch imstande sein, großes Leid in kurzer Zeit zu verursachen. In einem bewaffneten Konflikt wird womöglich er der erste sein, den man ausschalten sollte. Könnt Ihr mir darüber hinaus noch Auskunft geben, welcher Mittel sich Simiona sonst in einer Auseinandersetzung bedient? Gibt es sonst noch etwas, was wir wissen sollten – jedes auch noch so kleine Detail ist wichtig, um die Kampfkraft unserer Gegner korrekt einschätzen zu können, Euer Hochgeboren!“
Der Baron überlegte kurz, dann antwortete er: „Nun ja, Simiona ist eine wahre Meisterschützin. Sie besitzt mindestens eine dieser seltenen modernen horasischen Torsionswaffen aus zwergischer Fertigung – weiß der Himmel wie sie da ran gekommen ist - die sie mit absolut tödlicher Präzision einzusetzen vermag. Auf unseren damaligen Jagdausritten – vor den ganzen Ereignissen - habe ich ihre Treffsicherheit stets bewundert. Bei dem Angriff auf meine Burg im Travia 1028 wurden die meisten meiner Wachen durch gezielte Kopfschüsse getötet. Das passt exakt zu ihrer Skrupellosigkeit. Diese Fähigkeiten könnte sie auch in einem Konflikt einsetzen, z.B. um in einer Schlacht gezielt gegnerische Offiziere auszuschalten. Mich schaudert bei dem Gedanken daran.“
„Dies ist eine sehr wichtige Information gewesen Euer Hochgeboren. Ich will hoffen, dass unsere Gesandten in Leihenbutt dieser Waffe nicht angesichtig werden beziehungsweise deren Wirkung entgehen können, sollte es zu einem Konflikt kommen. Diese Information ist auch für die Beteiligten eines etwaigen Waffengangs wichtig.
Über welche Reichweite verfügt diese Torsionswaffe, Euer Hochgeboren? Kann sie es mit einem soliden Langbogen aufnehmen?“ „Nun, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, da dieser Vergleich aufgrund der unterschiedlichen Ballistik ein weinig hinkt. Aber geht davon aus, dass die Reichweite immens ist, und in Simionas Händen mit ziemlicher Gewissheit tödlich.“ Nimmgalf überlegte kurz und fuhr dann fort: „Desweiteren verfügt sie meines Wissens nach über mehrere leichte und schwere Söldnereinheiten, die sie im Laufe des Jahrs des Feuers unter ihre Kontrolle gebracht haben muss. Mit diesen kontrolliert sie Leihenbutt und das Umland. Wie sie das geschafft hat, weiß ich allerdings auch nicht.“
„Die genaue Mannstärke und deren Bewaffnung ist Euch vermutlich nicht bekannt, Euer Hochgeboren?“, fasste Alfred nach. „Nun gut die edle Dame saba Melin wird uns hoffentlich dahingehend Auskunft erteilen können.“
„Das hoffe ich auch, denn auch damit bin ich leider überfragt. Ich gehe davon aus dass sie über zwei bis vier Sölderbanner verfügt, die sich größtenteils aus leichten Reitern oder leichtem bis mittelschwerem Fußvolk rekrutieren. Auch hat sie meinen Informationen zufolge einige Bogenschützen in ihren Reihen.“
„Bitte was?!“ erwiderte der Leutnant nun ehrlich überrascht. „Wie in aller Zwölfen Namen hat sie denn das angestellt? Bitte verzeiht mir meine Bestürzung, aber wir reden hier über eine Mannstärke von 100 bis 200 Söldnern, Euer Hochgeboren. Ich will nicht vermessen erscheinen, jedoch ist es mir ein Rätsel, wie sie diese Stärke an Truppen unterhalten will; außer, sie schickt sie für Rationierungen über die Grenzen ihrer eigenen Baronie hinaus.“ Er pausierte kurz und fügte dann hinzu, „Ich hoffe, Euch ist bekannt, dass der Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra nicht annähernd so viele Streiter aufbieten kann?! Wir können helfen aber einen Krieg für Euch austragen können wir nicht! Wie viele Truppen stehen unter Eurer Fahne?“
„Darüber habe ich auch schon sinniert. Aus den Schatullen Leihenbutts alleine wird sie eine so große Streitmacht nicht finanzieren können. Sie hat also entweder externe Geldgeber von denen ich nichts weiß, überschuldet sich maßlos oder – und das befürchte ich – sie lässt die Leihenbutter Umgebung ausplündern. Vermutlich würde das so nahe an der Wildermark nicht einmal groß auffallen. Und mir ist durchaus bewusst, Leutnant, dass die Vorzüge der Zornesritter nicht in ihrer Kopfstärke liegen. Dafür ist anderweitig gesorgt: Die Reichsforster Liga verfügt zurzeit über sechs Banner, die Hälfte davon beritten, die meisten davon sogar auf Sollstärke. Die Verluste aus der Drei-Kaiser-Schlacht konnten wir inzwischen kompensieren. Die Kämpen sind gut ausgebildet und mir äußerst loyal ergeben. Meine direkten Untergebenen Tsaiane von Talbach und Friedward von Plötzingen sind die kommandierenden Offiziere, in Kürze erwarte ich eine weitere Edle – ihr Name ist Thara von Bodiak – der ich ein Kommando über ein Schwadron übertragen werde, sofern sie sich als geeignet erweist.
Ich hoffe stark, dass ich für den geplanten Feldzug noch einiges an verbündeten Truppen gewinnen kann. In Kürze wird ein Aufruf an alle Adligen des Reiches gehen, derer Unterstützung ich einzufordern oder zu erbitten gedenke.“
„Das klingt doch schon einmal sehr gut, Euer Hochgeboren.“, erwiderte der Leutnant. „Ich möchte gerne die kommandierenden Offiziere kennen lernen und auch die zweite Hierarchie interessiert mich, da ich gerne wissen möchte, welchen Gedanken die Eurigen hegen. Ein motiviertes Heer ist wiegt viel mehr als ein doppelt so großes welches eher darüber nachdenkt, wie schnell man desertieren könnte.“ „Nur keine Eile, ihr werdet meine Leute schon bald kennen lernen, und könnt Euch dann auch von der Kampfkraft und der Motivation der Truppen überzeugen. Ich werde im Übrigen in drei Tagen nach Syrrenholt aufbrechen. Mein Bundesbruder und Freund Erlan von Zankenblatt muss über die jüngsten Entwicklungen in Kenntnis gesetzt werden. Außerdem will ich ihn an meiner Seite wissen, wenn es los geht, denn ich weiß, dass ich mich auf ihn voll und ganz verlassen kann. Es wäre mir eine Ehre, Leutnant, wenn Ihr mich begleiten würdet!“
Alfred Beradje nahm dieses Angebot gerne an. Im weiteren Verlauf tauschten die beiden Gesprächspartner eher Belanglosigkeiten aus und schließlich war die erste Zusammenkunft, die Alfred durchaus beruhigt zurückließ, vorbei.
(*) Meisterinfo: Hier irrt Nimmgalf ein wenig: mit dem Morcan-Angriff war Bartholomäus etwas über das Ziel hinaus geschossen. Simiona wollte zu diesem Zeitpunkt nur „dem guten Nimmgalf einen ge`öigen Schrecken einjagen“.
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