Geschichten:Die Heilige St. Perainia

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Anfang Peraine 1043, Wehrturm Hardenfels, Baronie Zackenberg

Isabella von Erlenbruch und Ariana von Alxertis saßen gemeinsam auf einer Bank bei den kleinen Stallungen des hardenstatter Familiensitz und genossen das wärmende Praiosmal, das sich über sie erhob und sowohl die Zacken als auch den Wald in ein wohlig warmes Licht tauchte.

“Sag, kennst du die Geschichte der Heiligen Perainia zu Zackenberg, der Grund weshalb der Ort an dem Zackenberg liegt, so fruchtbar ist?”, wollte die alte Dame von ihrer Schwiegertochter wissen. Die blickte etwas verträumt auf und schüttelte langsam den Kopf, “nein, ich glaube nicht? Aber es wäre mir eine Freude mehr darüber zu erfahren”, erwiderte sie und blickte Isabella mit einem warmen Lächeln an.

Die nickte zufrieden und schnalzte mit der Zunge, “Perainia zu Zackenberg oder genauer gesagt Perainia zu Zck’Mur lebte irgendwann in den dunklen Zeiten hier in dem Gebiet der heutigen Baronie”, begann die Alte und ließ bedeutungsschwer ihren Blick über die Landschaft gleiten.

“Sie war eine junge Frau, die von der Gütigen gesegnet war. So soll jede Pflanze die sie aussah größer und prachtvoller gewesen sein, als die Anderen. Jedes Tier, bei dessen Geburt sie dabei war und geholfen hatte, soll um ein vielfaches stärker gewesen sein als seine Artgenossen. Doch nicht nur die Herrin Peraine soll ein besonderes Augenmerk auf sie geworfen haben, nein auch das Land selbst, vom kleinsten Grashalm bis zur höchsten Tanne, von den höchsten Gipfeln der Zacken bis zum tiefsten Steinchen, zu allen soll Perainia ein besonderes Band gehabt haben”, Isabella hielt inne und ließ ihre Worte sacken. Ariana hatte bis jetzt an ihren Lippen gehangen und löste sich nun um ebenfalls ihren Blick durch die Gegend schweifen zu lassen. “Zck’Mur? Du meinst den Markt Zackenberg oder? Dort wo auch der Tempel der Peraine steht?”, wollte die junge Frau von ihrer Schwiegermutter erfahren. Die lächelte und nickte zustimmend, “ganz genau. Dieser Tempel steht angeblich genau dort, wo auch Perainia ihre Hütte hatte”, fuhr Isabella fort, “Perainia kümmerte sich also darum, dass die Siedler dieser Gegend im Einklang mit der Göttin und dem Land lebten. Ja das konnte sie gut. Obwohl wir hier tiefer in den Zacken leben als die Bewohner Bergthanns oder Knoppsbergs konnten die Siedler in Zck’Mur immer eine reiche Ernte einfahren. Das Korn gedeihte auf den Feldern, das Vieh wurde groß und dick und all das war Perainia zu verdanken”, die alte Geschichtenerzählerin nahm einen Schluck aus ihrem Tonbecher als der Waffenknecht Gero herannahte.

“Hohe Damen! Der Hausherr schickt mich euch mitzuteilen, dass das Essen fertig ist”, rief er als nur noch wenige Schritte zwischen ihm und den Frauen lagen. “Ah, dann wollen wir die Anderen nicht warten lassen! Ariana, ich werde dir später mehr von der Heiligen Perainia erzählen, zuerst sollten wir uns stärken, ich glaube Firunwin hat heute morgen einen guten Fang gemacht”, zwinkerte Isabella ihrer Gesprächspartnerin zu.


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Das Praiosmal tauchte den Himmel in ein angenehmes rot-orange und die Gipfel der Trollzacken schienen zu glühen, während Isabella und Ariana oben auf dem Turm an einem kleinen Tisch platz nahmen.

“Ein schöner Anblick, an dem ich mich bis heute nicht sattsehen kann. Es scheint fast so als ob die Gipfel in Flammen stehen würden”, stellte Ariana mit einem Funkeln in den Augen fest während sie das Farbenspiel betrachtete. Die alte Dame neben ihr nickte zustimmend, “ja, die Schönheit dieses Landes ist atemberaubend. Man muss nur aufpassen, dass man den Blick dafür nicht verliert”. Nach einigen Augenblicken, in dem die Beiden die Natur bewundert hatten erhob die Ältere von Beiden ihre Stimme, “hm, wo waren wir noch gleich? Ach ja, das Land gedeihte durch den Einsatz Perainias”, wissend nickte Isabella. “Doch das brachte nicht nur gutes, nein nein. Wo immer die zarte Knospe des Erfolgs blüht ist ein Neider nicht weit, der lieber seinen Garten mit dieser Knospe schmücken würde. So war es auch in Zck’Mur. Der Herr dieser Gegend war ein bodenständiger Mann gewesen, er wusste von der Wichtigkeit des Bundes zwischen Menschen, Götter und Land doch mit den Jahren, in dem die Abgaben seiner Untergebenen immer mehr stiegen, verfiel er der Gier. Er feierte immer ausschweifendere Feste, verlangte immer mehr von den Siedlern und dem Land. Er vergaß in seiner Gier nach immer mehr sogar dem heiligen Bund zwischen Herrscher, Göttern und Land zu huldigen”, Isabella schüttelte langsam und enttäuscht den Kopf, fast so als hätte sie die Geschehnisse damals selbst miterlebt und war bis heute über diese Entwicklung enttäuscht. “Der Herr dieser Lande begnügte sich nicht mehr nur mit dem Flecken Dere, den er hatte, nein er strebte nach mehr Land, auf dass er noch reicher werden würde. Also schickte er seine Männer in die Umgebung und verlangte auch von den Bauern ihre Waffenpflicht. Während der Herr also seine Herrschaft vergrößerte fehlten die Bauern und Bäuerinnen auf den Feldern. Denn es sät sich schwer aus, wenn man in der einen Hand ein Schild und in der anderen ein Schwert trägt”, stellte die Alte fest.

“Aber was war mit Perainia? Hat sie denn nicht versucht den Herrn von seinem Irrweg abzubringen?”, wollte Ariana wissen. “Zuerst nicht. Es ist immerhin das Recht des Adels Krieg zu führen und du darfst nicht vergessen, es waren die dunklen Zeiten! Da konnte man nicht hoffen dass ein Markgraf oder Fürst sich um die Belange der einfachen Siedler in den Trollzacken kümmert. Viele Herrscher starben durch die Hand der benachbarten Herrscherin, bevor diese wiederum von einem entfernten Verwandten umgebracht wurde, der ihr ihren Besitz neidete”, erklärte Isabella wohlwollend ehe sie fortfuhr. “Doch als der Herr von Zck’Mur immer weiter nach den Ländereien seiner Nachbarn gierte und die Bewohner von ihrer Arbeit auf dem Land abhielt, da ging Perainia, die nun selbst im hohen Alter war, zu ihm und bat darum das Kämpfen sein zu lassen”, Ariana nickte verstehend, “und hat er auf sie gehört?”. Ihre Gesprächspartnerin lachte bitter auf, “nein wo denkst du hin? Er ließ sie aus seinen Hallen werfen und verhöhnte sie. Blind vor Gier nach mehr Reichtum erkannte er nicht, dass der Grund für das Erblühen seines Landes Perainia und der Bund zwischen Land, Herrscher und Götter war”.

Isabella ließ ihre Schultern hängen und tiefe Traurigkeit schlich sich in ihre Stimme, “so kam es wie es kommen musste und die Ernte verdorrte, das Vieh wurde krank und schwach und die Truppen des Herrschers wurden immer weiter zurückgedrängt. Perainia verfiel in tiefer Trauer, sie sah das Leid der einfachen Bevölkerung und des Landes. Da tat sie, was sie am besten konnte und begann die Felder allein zu pflügen und die Saat auszubringen. Es war eine harte und anstrengende Arbeit und wie sie alleine alle Felder um Zck’Mur bestellt hatte ließ sie sich vor ihrer Hütte nieder. Ausgelaugt und erschöpft blickte sie gen Himmel und begann zu weinen”, die Geschichtenerzählerin griff nach ihrem Becher und nahm einen Schluck des Absuds, das viele Reden erschöpfte sie zusehends und auch ihre Stimme war nicht mehr so kraftvoll wie am Mittag. “Dort wo ihre Tränen die Erde berührten bildeten sich Grasflecken und in ihrer Trauer bat sie die Herrin Peraine um Vergebung dass sie nicht früher eingeschritten war und das Land bat sie um Verzeihung für den Herrn von Zck’Mur, der das heilige Band nicht mehr würdigte und nach den Früchten der Erde gierte. Während sie abwechselnd zur gütigen Göttin betete und das Land um Verzeihung bat gruben sich ihre Füße in den Boden und ihre Hände streckten sich gen Himmel. Am nächsten Tag stand dort, wo Perainia gesessen hatte ein junger Baum, dessen zwei große Äste aussahen wie Arme mit Händen. Über Nacht hatte die Herrin Peraine und das Land die Bitten und Entschuldigungen Perainias erhört und die alte Frau in einen Baum verwandelt, der von nun an bis zum Ende aller Zeiten über dieses Land wachen sollte. Perainia gab ihr Leben, ihre Kraft, um das Land um und in Zck’Mur zu stärken und zu schützen. Das ist der Grund weshalb heute noch um Markt Zackenberg die Felder besonders prächtig gedeihen und auch die Landwirtschaft in der ganzen Baronie so verhältnismäßig stark ist, für eine Baronie die in den Zacken liegt”, schloss Isabelle, sichtlich zufrieden die Geschichte beendet zu haben und ihrer Schwiegertochter etwas über die alten Sagen und Legenden der Gegend beigebracht zu haben.

“Das heißt dieser große Baum, vor dem Peraine-Tempel ist Perainia, die auch die Namensgeberin des Tempels ist?”, schlussfolgerte Ariana, immer noch im Bann der soeben erzählten Geschichte. Ihre Schwiegermutter nickte zustimmend und lehnte sich in dem kleinen Stuhl zurück.