Geschichten:Die Klagen des Junker Xerber

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Baringen, 30. Hesinde 1047 Ein älterer Mann, anscheinend ein Bediensteter, öffnete schließlich nach dem dritten Klopfen das Tor. „Ihr wünscht?“

„Praios zum Gruße! Mein Name ist Silvano von Hagenau-Ehrenfeldt, Erzgeweihter des Götterfürsten. Ich bin hier um die Probleme mit dem Lehnsmann zu untersuchen, die der Kirche von Junker Xerber von Cronenfurt gemeldet wurden.“

Das Tor öffnete sich nun ganz, und der Haushofmeister bat den Geweihten einzutreten, und sich noch einen Moment zu gedulden. Der Junker würde ihn gleich persönlich begrüßen. Silvano sah sich einen Moment um, der kleine Wehrhof machte einen eher rustikalen Eindruck. Das Junkertum schien jedenfalls nicht besonders viel abzuwerfen, so dass hier weitgehend auf Luxus verzichtet wurde.

Schließlich kam ein jüngerer Mann so um die 30 auf ihn zu: „Praios zum Gruße, Euer Gnaden!“ „Ehrwürden“, korrigierte ihn Silvano, und machte damit deutlich, dass er den Rang eines Lichtträgers, eines Erzgeweihten der Praios-Kirche, innehatte.

„Natürlich. Ich bin Junker Xerber von Cronenfurt, sehr erfreut Euch kennen zu lernen. Ihr seht mich etwas überrascht, tatsächlich hätte ich gar nicht damit gerechnet, das sich noch vor dem Frühling jemand der Sache annehmen würde.“

„Nun, manche Dinge dulden eben keinen Aufschub“, erwiderte Silvano. "Und so weit ich weiß, liegt die Sache ja nun schon seit längerem im Argen?“ „Ja, das stimmt!“ bestätigte Junker Xerber. „Aber kommt doch erstmal herein in die Kaminstube. Ihr seid sicher erschöpft von der Reise und solltet Euch erstmal etwas aufwärmen.“ Das Angebot nahm Silvano gerne an.

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Bei etwas Brot, Wurst und Bier in der warmen Stube berichtete Xerber dann, was ihn zu seiner Klage bewogen hat: „Jedenfalls hat dieser Franwin es noch nicht einmal für nötig befunden, meiner Einladung Folge zu leisten. Tatsächlich habe ich ihn noch kein einziges mal gesehen, und auch in seinem Rittergut ein paar Meilen nördlich von hier hat er sich wohl schon lange nicht mehr blicken lassen. Er gehört so weit ich weiß zu den Beratern oder Freunden des Grafen in Luring. Er hält sich wohl für was Besseres, weil er ein Luring im Namen trägt, so dass er es nicht für nötig erachtet, meiner Aufforderung endlich mir gegenüber seinen Lehnseid zu leisten, nachzukommen.“

Silvano war den Ausführungen aufmerksam gefolgt. „Ein Lehnseid, egal auf welcher Ebene, ist stets ein heiliger Akt, der die Rechtmäßigkeit und Wahrhaftigkeit der göttlichen Ordnung besiegelt. Ihn nicht zu leisten ist ein Zeichen von Untreue oder Unwillen, sich der göttlichen Ordnung zu unterwerfen.“ Er machte eine kurze Pause und ließ die Worte wirken.

„An wen habt Ihr Euch denn in dieser Angelegenheit schon gewandt?“ fragte Silvano.

„Ich habe mich zuerst bei Baron Drego über meinen Ritter beschwert.“ „Baron? Ich dachte, er sei Graf?“ warf Silvano ein. „Nein, ich meine Drego von Altjachtern, den Baron zu Schwarztannen. Er hat zufälligerweise denselben Vornamen wie der Graf. Ihr glaubt gar nicht, wie häufig das hier schon zu Verwechslungen geführt hat. Aber zurück zum Thema: Baron Drego teilte mir nach etwa einem halben Jahr mit, dass er auch keine Handhabe bezüglich Ritter Franwin hätte, da sich dieser wohl dauerhaft am Grafenhof aufhielte. Ich sollte mich also mit meinem Anliegen gleich dorthin wenden. Was ich dann auch tat. Ich habe schon drei Briefe nach Luring geschickt, doch auf keinen einzigen gab es irgendeine Form von Reaktion. Offenbar ist das Thema dort einfach nicht wichtig genug.“

Silvano bemerkte den großen Ärger, den Junker Xerber empfand, da er sich in seinen Rechten verletzt sah, um die sich keine höhere Instanz kümmern wollte. Diesen Gesichtsausdruck hatte er zuletzt bei Alrike gesehen. Erneut konnte er den Ärger gut nachvollziehen.

„Nun gut, Ihr habt richtig gehandelt, dass Ihr euch in diesem Fall an die Praioskirche gewandt habt. Ich werde Euch helfen, eine Lösung herbeizuführen. Ich werde zunächst dem Rittergut des Beklagten einen Besuch abstatten, und mich dort einmal umhören. Sollten sich Eure Vorwürfe bestätigen, und das Gut von ihm vernachlässigt werden, dann werde ich umgehend ein weiteres Schreiben an ihn aufsetzten, nur dieses mal mit dem Kirchensiegel direkt zum Grafenhof. Dort werde ich ihm eine Frist setzen bis zum, sagen wir, 1 Tsa, hier in Baringen bei Euch vorstellig zu werden, um seiner heiligen Pflicht nachzukommen und Euch den Lehnseid zu leisten. Ich bin gerne bereit, diesen heiligen Eidsegen dann zu sprechen und zu besiegeln.“

Die Miene des Junkers hellte sich umgehend auf. „Hervorragend! Ich danke Euch, sehr sogar. Aber was passiert, wenn der Ritter auch dieser Aufforderung nicht nachkommt, und die Frist verstreichen lässt?“

Silvano blickte den Junker ernst an: „Dann überlegen wir uns, wie wir einen Lehnsheimfall bewirken können!“