Geschichten:Die Pforte aufgestoßen - Badetag
In einem kleinen Dorf irgendwo im Königreich Garetien, 23. Tsa 1047 BF
Es war ein sonniger Tag im Tsa, die Strahlen der Praiosscheibe durchbrachen kraftvoll die Wolkendecke, welche der Herr Efferd schickte, um das Land zu wässern. Einige wenige Singvögel trällerten bereits ihr erquickendes Lied und das Leben kämpfte sich langsam seinen Weg zurück in das Bewusstsein der Bewohner Aventuriens.
Das kleine Dorf war trotz allem noch immer in einer Starre gefangen, die typisch für die bitterkalte Jahreszeit war, welche von Firuns Atem durchwoben war. Die meisten Bewohner bevorzugten daher noch immer die warme und bequeme Stube ihrer Heimstatt und gingen nur ungern ins Freie. Die Kälte nahm einen zentraler Teil der Tagesplanung ein, vor allem auf den Feldern mit ihren noch immer gefrorenen Bodenschichten, die nur langsam zu tauen begannen. Dennoch sah man an der ein oder anderen Stelle bereits grüne Punkte als Vorboten des sich ankündigenden Frühlings.
Etwas abseits vom Dorf stand ein kleines Hüttchen. Die Dachschindelnd bestanden aus dünnem Holz und waren windschief, obgleich das Haus selbst erst wenige Götterläufe alt war. Der Mann, der es vor geraumer Zeit erworben hatte, war einerseits für seinen Geiz bekannt, andererseits verdingte er sich lediglich als Tagelöhner, der mal hier mal dort der verschiedensten Arbeit nachging.
Die Leute hier nannten ihn nur den Tobrier. Ein mehr als eindeutiger Hinweis auf sein Ansehen in der dörflichen Gemeinschaft. Er hatte sich über all die Zeit nie wirklich eingefügt, weshalb die Dörfler ganz zufrieden waren, wenn sie nichts mit ihm zu tun hatte. Deshalb würdigte auch niemand den beiden Fremden vor seinem Haus einen zweiten Blick. Weder ihnen, noch den vier Pferden, die hinter dem Haus standen oder den Waffenknäufen, welche man erst bei einem zweiten oder eher dritten Blick erkennen konnte.
Der blonde Mann in gedeckter Kleidung saß auf einem schlecht gezimmerten Stuhl und hatte die aktuelle Ausgabe des Herolds aufgeschlagen, welche er ausgiebig im Licht der wenigen Kerzen welche aufgestellt waren, studierte. Der Raum hatte lediglich ein kleines Fenster, dessen Laden man fest mit einem Holzriegel verschlossen hatte. Eine Wanne aus Holz stand in der Mitte des Raums, daneben fand sich ein kleiner Beistelltisch, auf dem verschiedene Werkzeuge ihren Platz fanden. Eine Frau mit dünnen, glatten, schwarzen Haaren stand an der Holzwanne und blickte stumm hinein. Ein leises Blubbern ging von der Wanne aus und durchdrang den Raum. Wasser spritzte und der Geruch von Talk als auch Schweis hing in der Luft.
Der Mann auf dem Stuhl schlug die Zeitung zusammen und blickte zur Frau. „Zieht ihn hoch, vielleicht hat das Bad ihm ja etwas Verstand eingespült und er ist nun… Bereit sich zu unterhalten“. Mit einem kurzen Seitenblick blickte er zu besagtem Mann, der in der Wanne lag, nach Luft schnappte und der Grund für das herumspritzende Wasser war.
Die Wanne selbst war lediglich eine Hand breit mit Wasser gefüllt. Ansonsten war sie von einfacher Machart, mit der kleinen Besonderheit, dass die badende Person mit auf dem Rücken gefesselten Armen bäuchlings darin lag und erschöpft nach Luft rang, indem sie immer wieder den Rücken durchstreckte und den Kopf in die Höhe zu recken versuchte. Die Frau neben der Wanne nickte knapp, ergriff den Gefesselten am Kragen und zog ihn ruckartig auf die Knie.
Er hustete etwas Wasser aus und befüllte seine Lungen gierig mit frischer Luft. Der blonde Mann, der die Zeitung zur Seite gelegt hatte, blickte mit zuckersüßen Lächeln dem Tobrier ins Gesicht und musterte ihn kurz. „Also… Hat das Bad Euch eure Unwissenheit abspülen können oder müsst Ihr noch etwas mehr eingeweicht werden?“.
Der Angesprochene riss die Augen auf und schüttelte den Kopf, „bitte! Bitte nicht noch mal! Ich sage Euch was ich weiß, nur bitte legt mich nicht noch mal in die Wanne!“. Das dunkle Haar klebte an seiner Stirn und in seinen Augen stand die Angst geschrieben.
Der Mann in gedeckter Kleidung blickte zufrieden zur Frau und dann zum Badenden, wobei er seine Lippen schürzte. „Wundervoll, weshalb nicht gleich so? Also, wo fangen wir da an…?“. Das Lächeln wurde wölfisch und dem Tobrier ging auf, dass es nicht darum ging wie er aus dieser Situation kommen, sondern viel eher wie lang sie andauern würde. Sein Blick ging zu dem Tischchen, auf dem Hämmer, eine Säge, Bohrer sowie ein Dolch lagen, er schluckte, die Augen des Sitzenden versprachen, dass es nur einen Ausweg aus diesem Haus für ihn gab…
Salix hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und beobachtete, wie Espejo und Vrak den Leichnam drapierten. Die Wildschweine sollten es so einfach wie möglich haben, sich an dem Aß gütig zu tun. Immerhin konnten diese nicht in einen warmen Stall flüchten und darauf vertrauen, dass ihnen die Menschen genügend Nahrung brachten.
Die Nägel, Zähne sowie Haare hatten sie bereits entfernt und würden sie an anderer Stelle gesondert verschwinden lassen. Vrak hatte darauf hingewiesen, dass diese Dinge zwar ebenfalls verspeist werden konnten, doch bei Schweinen zu Problemen in der Verdauung führten. Wenn man schon ihre Dienste nutzte sollte man darauf achten ihnen nicht unnötige Probleme zu bereiten.
Der Perricumer lächelte schmal, die meisten Zähne und Nägel waren sowieso bereits gezogen worden. Ein flüchtiger Blick huschte zu Farnlieb, welche mit kaltem emotionslosen Blick ebenfalls den beiden Männern zuschaute. Der Befragte hatte zuerst den Eindruck gemacht kooperativ sein zu wollen. Doch am Ende war es ein mühseliges Spiel aus Drohung aussprechen, Drohung ansetzen und Drohung durchführen geworden, um Antworten aus ihm herauszubekommen.
Die Lippen schürzend dachte Salix daran, wie sie dem Mann einen Knebel verpassen mussten, ehe seine Schreie doch noch jemanden alarmiert hätten. Sauber war die Arbeit nicht gewesen und es hatte einiges an Arbeit gekostet die Blutflecken aus dem Holz zu schrubben. Doch echte Beweise für ein gewaltsames Verschwinden wollte er nicht zurücklassen. Wenngleich die Gefahr, dass ein gewisser Baron von ihren Handlungen Wind bekam, verschwindend gering waren. Salix wollte dahingehend kein Risiko eingehen.
„Sobald wir in Rallerspfort sind werdet Ihr Lingmar unterrichten. Er soll das Aufspüren veranlassen, wir selbst reiten weiter nach Leihenbutt“. Farnlieb nickte verstehend, schwieg darüber hinaus jedoch. Sie lies lieber andere reden, auf die eine oder andere Art.