Geschichten:Die Prophezeiung der Silberschwäne - Geist der Ahnen

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1033 BF Burg Ox, Baronie Viehwiesen  

Die alte Familiengruft auf Burg Ox war ein Ort der Stille und der Erinnerung. Schwere Steinwände umschlossen die Gräber, deren Inschriften die Geschichten von Generationen erzählten. Eine einzige Fackel warf schwaches Licht auf die Szenen, die sich dort abspielten. Giselda von Ochs kniete vor den Gräbern ihrer Vorfahren, ihr Herz schwer vor Kummer und Angst. Tränen liefen unaufhörlich über ihre Wangen, während sie verzweifelt mit den Gräbern ihrer Familie sprach.

„Das fünfte Zeichen der Prophezeiung... es hat mir meinen geliebten Bruder Leomir im Dschungel von Maraskan genommen,“ klagte sie mit zitternder Stimme. Ihre Hände umklammerten eine alte, vergilbte Schriftrolle, während ihre Augen vor Angst und Verzweiflung brannten. „Ich hielt es für Humbug. Ich habe gelacht und es als Unsinn abgetan. Aber ich hatte Unrecht. Das sechste Zeichen... es hat sich fast erfüllt. Ich konnte es nicht aufhalten. Sechs von sieben Zeichen. Was soll ich nur tun?“

Ihre Worte hallten leise durch die Gruft, während sie verzweifelt Selbstgespräche führte. „Doch hoch in Walles Stegen, Giganten sie bezwingt.“, murmelte sie vor sich hin. „ Leobrechts Frau ist Teil der Prophezeiung geworden. Es ist geschehen.“

Die Dunkelheit der Gruft drückte schwer auf ihre Seele, als plötzlich ein kalter Windhauch durch den Raum strich. Der Schatten eines längst verstorbenen Ahnen bewegte sich. Aus einem Grab erhob sich ein geisterhafter Nebel, der die Luft um sie herum verdichtete. Giseldas Augen weiteten sich vor Schrecken, als sie die geisterhafte Gestalt erkannte.

„Gräme dich nicht, Tante,“ sagte der Geist, seine Stimme klang wie ein sanftes Flüstern im Wind. „Der Herr Firun und seine Tochter Ifirn weisen uns den Weg.“

Giselda keuchte und trat einen Schritt zurück, ihre Hände bebten. „... du wusstest von der Prophezeiung?“

„Ja,“ antwortete der Geist, seine durchscheinende Gestalt schimmerte im schwachen Licht. „In den Sachen meines Vaters habe ich sie nach seinem Tod gefunden. Die beiden Prophezeiungen von Liora und Leor.“

„Was soll ich tun? Ich verstehe es nicht,“ flehte Giselda, ihre Stimme brach unter der Last ihrer Angst.

„Hab keine Angst,“ beruhigte sie der Geist. „Der weiße Jäger und die glänzende Schwänin haben uns bedacht. Stelle dich nicht gegen ihre Weisungen. Es ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. Das sechste Zeichen steht kurz vor der Erfüllung. Das siebte Zeichen ist ungewiss und in beiden Versionen unterschiedlich. Verbrenne sie, vernichte sie beide. Vertraue Firun und Ifirn.“

Der Geist begann zu verblassen, seine Worte hinterließen ein gespenstisches Echo in der Gruft. Giselda warf sich verzweifelt auf den Grabstein und hämmerte mit beiden Fäusten auf die Steindecke. „Welche zweite Prophezeiung?“ schrie sie verzweifelt. Sie ließ sich weinend zu Boden sinken, ihre Tränen benetzten den kalten Stein.

Leobrecht, mein kleiner süßer Bruder,“ flüsterte sie schließlich, ihre Stimme war kaum noch ein Hauch. „Deine Blutlinie bestimmt über unser Haus. Wird es aufstreben oder untergehen? Ich weiß es nicht.“ Mit einem verzweifelten Schrei riss sie Lioras Prophezeiung in Stücke, die Pergamentschnipsel fielen wie sterbende Blätter zu Boden.