Geschichten:Die Qual der Wahl – Aus Acht werden Vier
Burg Alrikshorst, Rondra 1046 BF:
So vergingen die Tage mit intensiver Recherche. Die jungen Frauen nutzten ihre guten Beziehungen, um weiterführende Informationen über die verbliebenen acht Kandidaten herauszufinden. Sogar der alternde Storko von Gareth empfing die Frauen in der Alten Residenz, um ihnen mit Rat beizustehen. Sowieso hatten die Vier die Liste der Kandidaten im Vorfeld mit Storko und Xanjidas Vater Gerwulf abgestimmt. Schließlich handelten sie im Auftrag der beiden Granden des Hauses Gareth. Anschließend empfing Burggräfin Yrsya von Gareth ihre Freundinnen Caya von Gareth, Pernula von Zolipantessa, Nedime Eorcaïdos von Aimar-Gor, sowie Xanjida von Sanzerforst wieder auf der Wasserburg Alrikshorst und war voller Neugier, was die vier herausgefunden hatten.
„Beginnen wir mit Rondrian Blasius vom Eberstamm.“ Caya erhob ihre wohlklingende Stimme. „Dieser wird in zwei Götterläufen seinen Ritterschlag von Prinz Edelbrecht vom Eberstamm bekommen, dem Gemahl der Greifenfurter Markgräfin. Er soll charakterlich eher nach seinem Großvater kommen, dem wohlbekannten Haudegen und Veteranen vielen Schlachten Ardo vom Eberstamm. Er soll sehr loyal und zuvorkommend sein und tut sich bereits als guter Reiter und Kämpfer hervor, ist auf dem diplomatischen Parkett jedoch noch sehr unerfahren.“
„Bestimmt kann er mit dem Hirschmesser besser umgehen als mit der Gabel“, feixte Pernula.
„Da magst du nicht Unrecht haben. Seine bevorzugte Waffe ist das Bastardschwert“, fuhr Caya fort.
„Kommen wir zu Danos Gero von Luring-Gareth, einem entfernten Verwandten von dir, Yrsya.“ Mit einem verschmitzten Lächeln hob Pernula ein Portrait in die Höhe. „Dein Urgroßvater Alderan ist sein Ur-Urgroßvater. Eure Blutlinie ist also weit genug voneinander entfernt. Besagter Alderan war übrigens ein Enkel von Barduron von Gareth, dem Vater von Kaiser Perval. Danos trägt seinen Spitznamen `der Tollkühne´ nicht zu Unrecht, soll er doch abenteuerlustig sein und gerne mal ein paar Risiken eingehen. Wie von Caya schon richtig angemerkt, ist er ein enger Freund von unserem Großfürsten. Als wirklich politisch versiert ist Danos nicht aufgefallen, so strebt er kein offizielles Amt an, noch sonst wie eine hohe Stellung. Auch ist seine Linie vergleichsweise unbedeutend und hält nur ein Rittergut.“
„Es kann von Vorteil sein, das eigene Blut zu stärken.“ Pernula hob ihre rechte Augenbraue.
„Von dem wirst du nicht viel sehen, denn er ist stets im Umfeld meines Gemahls zu finden.“
„Auch ein mögliches Erfolgsrezept für eine gute Ehe: Distanz!“ Xanjida kicherte in sich hinein.
„Das kann hilfreich sein, bei meinem ersten Gemahl war es das. Aber machen wir weiter. Roban von Ehrenstein ist der zweitgeborene Sohn von Kronvogt Hal von Ehrenstein“, fuhr Nedime fort. „Sowohl sein Vater als auch seine ältere Schwester Melina sind etablierte Größen in der garetischen Politik. Kronvogt Hal hat den Vorsitz im Concilium Königlicher Vögte inne und ist ein Vertrauter der Krone. Melina ist vor allem im Reichsforster Adel gut vernetzt und eine ENGE Freundin von Nimmgalf von Hirschfurten. Zudem ist sie die Ritterin Eslamsgrund am garetischen Großfürstenhof. Robans jüngerer Bruder Tawil ist obendrein mit einer entfernten Base von mir vermählt. Er selbst ist ein gestandener Mann, jedoch nicht so großgewachsen. Er scheut weder Kampf noch Abenteuer, war der doch lange auf einer Expedition im Raschtulswall auf Ferkinajagd.“
„Es würde gute Beziehungen mitbringen“, bemerkte Pernula. „Das Haus Ehrenstein hat zwar in Eslamsgrund den Grafentitel verloren. Aber sie stellen immer noch den Grafen von Ragath und den Herzog von Tobrien“
„Eine Heirat könnte das Haus wieder enger an das Haus Gareth binden“, ergänzte Nedime ihre vorigen Ausführungen.
„Doch lasst uns jetzt über unseren Perricumer Edelbastard Etillian von Perricum sprechen“, Pernula kicherte in sich hinein. „Er wird in Kürze wohl seinen Ritterschlag von Cayas Schwiegervater Graf Gerwulf bekommen, gilt als gutmütig, grundfröhlich und sorgenfrei, aber auch als begriffsstutzig.“
„Er ist also nicht das hellste Licht unter denen von Hesinde Gesegneten“, erwiderte Nedime trocken.
„Ich würde gar behaupten, die allweise Hesinde hat den Paligan vollkommen übersehen, als sie ihre Gaben verteilt hat.“ Xanjida lachte lauthals los.
„Trotz seiner Einfachheit ist er jedoch ein sehr mitfühlender Jüngling.“ Pernula tat ihr Bestes Etillian in ein gutes Licht zu rücken.
„Der überdies zu Übergewicht neigt“, fuhr Nedime ihren Feldzug mit Worten fort.
„Meine Freundinnen, lasst uns lieber weitermachen.“ Cayas feste Stimme ließ die anderen Frauen wieder fokussieren. „Hlûthar Diemut Greifax von Gratenfels dient als Knappe bei der Honinger Gräfin Franka Salva Galahan in Albernia und steht kurz vor dem Ritterschlag. Er gilt als entschlossen, ist ein guter Kämpfer, allerdings nur ein leidlich guter Diplomat. Mitunter ist ihm eine Sturheit zu eigen, und er teilt die Welt gar zu leicht in Schwarz und Weiß ein.“
„Das ist definitiv kein Ja-Sager“, kicherte Xanjida, „bei dem würde es ordentlich zur Sache gehen.“
„Was ja auch durchaus interessant sein kann.“ Ein vielsagendes Schmunzeln zauberte sich auf Pernulas Lippen.
„Bleiben wir doch in Albernia.“ Xanjida kramte ein Pergament hervor. „Badomar Gerbald ui Bennain stammt aus der Abagunder Burggrafenlinie des albernischen Fürstenhauses. Seine Onkel und Tanten stellen eine Reihe von Baronen und Baroninnen in Albernia und gar in Almada. Auch ist er entfernt mit der Ragather Gräfin und dem Grafen von Yaquirtal verwandt. Er durchläuft keine ritterliche Ausbildung, sondern lernt bei Morgan Emerald ui Bennain, der als Verwalter über die Lehen dieses Familienzweiges fungiert und als diskreter Diplomat beschrieben wird. Er dürfte also einen guten Verwalter abgeben, auch ist er in den höfischen Umgangsformen gut geschult. Ob er jedoch an die hohen Ansprüche des Herzes des Reiches heranreich, dürfte fraglich sein. An den hiesigen Höfen dürfte der Albernier vermutlich gar ein wenig als Hinterwäldler rüberkommen, trotz seiner soliden Ausbildung.“
„Aber hat der nicht ein paar Götterläufe im Horasreich verbracht?“, wollte Nedime.
„Ja, er hat dort seine frühe Kindheit verbracht.“
„Kommen wir zu meinem lieben Verwandten Ramin Eorcaïdos von Aimar-Gor.“ Nedime schmunzelte. „Er ist ein ehrgeiziger, verwegener, nahezu tollkühner Perricumer Ritter. Unser Haus herrschte viele Jahrhunderte über die Grafschaft Khunchom, als diese noch des des Mittelreiches war. Ramin ist weit reifer als die meisten anderen über die wir gesprochen haben, da er auch schon älter ist. Überdies hat er gute Beziehungen in den Perricumer Perrinlanden und im aranischen Grenzgebiet. Auf dem politischen Feld Perricums ist er ein sehr aktiver Akteur – wie auch schon in der Großen Garetischen Fehde, während dieser er Hauptmann der Kaisermärker war.“
„Unterschlage mal nicht, dass er mit dem schmucken Waraqis liiert ist“, frotzelte Pernula genüsslich.
„Liiert ist nicht verheiratet.“ Nedime zuckte ungerührt mit ihren Schultern.
Zu guter Letzt Tolmario Silem von Aralzin.“ Xanjida hielt ein Portrait des blassen, braunhaarigen Jünglinges hoch. „Der Neffe der Gräfin von Bethana ist Knappe bei Truchsess Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor, deinem Onkel, Nedime. Ursprünglich sollte er, um den Vertrag von Mantrash’Mor zu erfüllen - der einen Knappenaustausch zwischen den Neuen Reich und dem Horasreich vorsah - nach Weiden geschickt werden. Er hat damals seine eigene Entführung vorgetäuscht, um dem zu entgehen.“
„Oh ja, mein Onkel redet sehr gerne über diesen Skandal.“ Nedime schmunzelte.
„Selbstverständlich hatte dein Onkel Reto am Ende eine Lösung parat, die sowohl die Erfüllung des Vertrages als auch den Bedürfnisse Tolmarios gerecht wurden.“
„Jetzt ist der Bursche offiziell Knappe beim großfürstlichen Truchsess, aber eigentlich wird er zum Alchimisten ausgebildet. Er soll sehr fähig sein und wurde von Nedimes Onkel auch schon im Namen des Großfürsten auf die ein oder andere geheime Mission geschickt.“ Caya nickte anerkennend.
„Mein Onkel ist ein guter Lehrmeister, in allen Lebensbereichen.“ Nedime grinste vielsagend.
Yrsya hatte ihren Freundinnen aufmerksam zugehört. „Gut, gut. Ich danke euch für eure Mühe. Nach reiflicher Überlegung werde ich vier in die enge Auswahl nehmen.“
Die Burggräfin der Alriksmark legte die Portraits folgender Kandidaten vor sich:
- Hlûthar Diemut Greifax von Gratenfels
- Badomar Gerbald ui Bennain
- Roban von Ehrenstein
- Tolmario Silem von Aralzin
Aus Acht wurden Vier.
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