Geschichten:Die Qual der Wahl – Aus Zwölf werden Acht

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Burg Alrikshorst, Rondra 1046 BF:

Es war ein schöner Spätsommertag, als der Alrikshorst hohen Besuch empfing. Großfürsten-Gemahlin Caya von Gareth hatte sich bei der frisch bestallten Burggräfin Yrsya von Gareth angekündigt. Beide jungen Frauen waren schon seit vielen Götterläufen freundschaftlich miteinander verbunden. Seit Caya am Markgrafenhof von Perricum lebte, führten sie eine rege Brieffreundschaft. Wie weit es beide doch gebracht hatten.

Caya reiste mit ihren Freundinnen aus Perriumer Tagen an – der Perricumer Stadtadligen Pernula von Zolipantessa, die aus dem alten Khunchomer Grafenhaus stammende Nedime Eorcaïdos von Aimar-Gor, sowie ihre Schwägerin Xanjida von Sanzerforst.


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Burg Alrikshorst war eine kleine Wasserburg in einem künstlich angelegten See, der aus dem Flüsslein Siandes gespeist wurde, und wirkte hell und licht, da sie aus hellem Sandstein erbaut wurde. Einzig die Ruinen eines Turmes, der bis heute nicht wieder aufgebaut wurde, hatte eine unheilvolle Ausstrahlung und kündete von totgeschwiegenen Geheimnissen der Alriksmärker Burggrafenfamilie.


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Die fünf jungen Frauen hatten es sich auf einen der schattigen Balkone gemütlich gemacht. Mundschenkin Calderina von Karseitz sorgte für das leibliche Wohl und ließ Wein und Früchte bringen.

„Wie ist es nun, wieder hier zu sein, in der Wiege deiner Kindheit?“, wollte Caya behutsam wissen.

„Ich war sehr lange nicht hier, seit meine Mutter vor über 10 Götterläufen nach Al’Anfa ins Exil geschickt wurde, um genau zu sein. Die Schatten über meiner Blutlinie liegen schwer, aber nun ist es an mir, die Vergangenheit abzuschütteln und mir einen Namen zu machen.“

„Was ist mit deinem Vater?“, fragte Pernula unwissend.

„Der schmort im Schuldturm, so lange schon, wie meine Mutter im Exil ist.“ Eine Zornesfalte bildete sich auf der Stirn der jungen Burggräfin. „Er hat das ganze Unheil verursacht. Mit seiner Verschwendungssucht hat er die Alriksmark in den Bankrott getrieben.“

„Hast du vor ihn … .“ Weiter kam Pernula nicht.

„Nein, er hat sein Schicksal verdient!“

„Das passiert, wenn der Adel unter Stand heiratet“, warf Nedime ein.

„Gutes Stichwort.“ Caya zwinkerte Nedime zu. „Yrsya, du bist jung, aus dem Hause Gareth, Burggräfin und ledig. Was dich wohl zur begehrtesten Junggesellin des Herzes des Reiches machen dürfte. Es wird Zeit dich zu vermählen.“

„Ja, es wird echt Zeit.“ Pernula nickte heftig. „Ich bin schon vermählt, Caya ebenfalls, Nedime steht gar vor ihrer zweiten Hochzeit.“

„Da ihr es gerade ansprecht, der Sohn vom Bey von Ronissagam hat um meine Hand angehalten … ein gewisser Salim ay Ronissagam, der wohl als Gesandter von was weiß ich in Gareth weilt.“

„Oh wie exotisch“, frohlockte Pernula.

„Dieser Salim ist bestimmt ein prächtiger Jüngling, aber weit unter deinem Stand.“ Nedime fixierte Yrsya mit ernstem Blick.

„Das wohl, ich werde den Fehler meiner Mutter nicht wiederholen!“

„Sehr gut“, antwortete Xanjida, „wir haben uns nämlich gedacht, dass wir dich bei der Suche nach einem passenden Gemahl etwas unterstützen.“

Yrsya zog etwas ungläubig ihre Augenbrauen hoch.

„Wir haben uns die Freiheit genommen, eine gewisse Vorauswahl zu treffen und entsprechende Vorbedingungen definiert. So sollte er mindestens Abkömmling eines Grafenhauses sein. Dabei sind wir auf göttergefällige 12 potenzielle Kandidaten gekommen.“ Nedime kramte einige Pergamente heraus, die Namen und Stammbäume erhielten.

„Sollen wir loslegen?“ Caya zwinkerte Yrsya zu.


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Auf einem großen Tisch hatte Xanjida die einzelnen Dokumente mit Stammbäumen gut sichtbar für alle ausgelegt.

„Also“, begann Caya, „fangen wir in Garetien an. Da hätten wir jemanden aus der Nachbarschaft, und zwar Rondrian Blasius vom Eberstamm, er ist Sohn und voraussichtlicher Nachfolger von Burggräfin Alara vom Eberstamm. Als Page diente er am Hof des Weidener Grafen Emmeran von Löwenhaupt. Nunmehr ist er Knappe bei Prinz Edelbrecht vom Eberstamm in Greifenfurt.“

„Hier hätten wir Danos Gero von Luring-Gareth, genannt „der Tollkühne“. Ein ehrbarer Ritter aus deiner Verwandtschaft. Ein entfernter Vetter wie es scheint. Es kann nicht schaden, das Blut des Hauses Gareth dicker werden zu lassen.“ Pernula tippte während sie sprach auf den Stammbaum der Familie Luring-Gareth.

„Noch dazu kommt, dass er ein enger Freund meines Gemahls ist“, fügte Caya hinzu.

„Schauen wir doch nach Eslamsgrund, da hätten wir Roban von Ehrenstein. Das Haus Ehrenstein stellt die Herzöge von Tobrien, die amtierenden Grafen von Ragath und ehemals die Grafen von Eslamsgrund. Roban stammt als der Halhofer Kronvogtslinie.“ Nedime empfand den Ehrensteiner als gute Wahl.

„Oh, hier ist jemand aus Greifenfurt. Tsadan Godefried von Rabenmund, seine Schwester ist die Markgräfin der Rommilyser Mark, auch war er Knappe bei der Kaiserin. Bemerkenswert!“ Anerkennung lag in der Stimme von Xanjida.

„Aber gab es da nicht einen Skandal um ihn in der Rommilyser Mark“, wollte Yrsya wissen.

„Ja ja, er hat mit einer Bürgerlichen einen Bastard gezeugt“, wusste sich Nedime zu erinnern. Ihr Onkel Reto hatte mit großer Belustigung über die frömmelnden Gänse und Ganter in der Rommilyser Mark gesprochen.

„Ui, das dürfte in der Traviakirche nicht gut angekommen sein.“ Pernula kicherte in sich hinein. In Perricum, wo die Traviakirche wenig Verbreitung und Einfluss besaß, sah man solcherlei sehr viel entspannter. „Wenn wir schon das Thema Bastard haben, dann ja vielleicht Etillian von Perricum, er ist Neffe von Markgraf Rondrigan Paligan.“

„Aber eben ein Bastard“, gab Xanjida zu bedenken.

„Aber ein markgräflicher Edelbastard aus hohem Hause, auch wenn er etwas einfach gestrickt ist“, erwiderte Pernula kichernd.

„Vielleicht dann doch lieber Hlûthar Diemut Greifax von Gratenfels. Er ist zweiter Sohn von Landgraf Alrik Custodias-Greifax von Gratenfels.“ Caya blickte auf den Stammbaum des Nordmärkers. „Landgraf Alrik ist jedoch auch ein Bastard, aber das Haus Greifax hat sich stets loyal zum Haus Gareth verhalten.“

„Blicken wir doch nach Almada, wie wäre es mit dem letzten verbliebenen Nachfahren des einstigen Ragather Grafen Tolak von Harmamund? Maquedar Violante von Harmamund ist darüber hinaus noch Verwandter des amtierenden Fürsten von Almada. Dom Maquedar ist jedoch schon etwas älter … .“ Nedime kannte sich im almadanischen Adel gut aus, stammte doch ihr Vater aus Almada.

„Wenn wir schon bei einem Fürstenhaus sind, Badomar Gerbald ui Bennain stammt aus einer entfernten Seitenlinie des albernischen Fürstenhauses. Sein Vater war Burggraf in Albernia, er selbst hat jedoch die ersten Götterläufe seines Lebens im Horasreich verbracht.“

„Natürlich kann ich dir auch meinen lieben Vetter Ramin Eorcaïdos von Aimar-Gor anempfehlen, unser Urgroßvater war der letzte mittelreichische Graf von Khunchom, somit stammen wir ebenfalls aus einem Grafenhaus.“ Nedime schmunzelte. Sie war sich jedoch nicht sicher, ob die beiden wirklich zusammenpassen würden.

„Da wir eben schon das Horasreich genannt haben“, Xanjida räusperte sich, „wie wäre es mit dem Neffen der Gräfin von Bethana? Tolmario Silem von Aralzin ist bei Nedimes Onkel Knappe und kennt damit schon die Gepflogenheiten im Reich.“

„Warum dann nicht gleich den hübschen Wulthos von Pandlaril, der ist ebenfalls Knappe bei meinem Onkel und Vetter des Grafen von Bahlio.“ Es lag ein gewisser ironischer Untertan in Nedimes Stimme.

„Wäre eine Vertiefung der Verbindungen zum Bornland nicht wünschenswert? Mjesko von Kirschhausen ist ein nachgeborener Sohn der Herzogin von Kirchhausen und soll, ganz landesuntypisch, Meskinnes verabscheuen.“ Xanjida lachte belustigt auf.

„So, meine liebe Yrsya, nun haben wir dir 12 heiratsfähige Männer präsentiert, sprach Caya mit bedachter Stimme, „nun ist es an dir, vier auszuwählen, die es nicht werden sollen. Aus 12 werden 8.“


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Während Yrsya nachdachte, ließ sie ihren Blick über die ausgebreiteten Dokumente schweifen.

„Ich muss sagen, ich bin beeindruckt, was ihr mir hier präsentiert habt. Der Paligan sollte in Betracht ziehen, euch für den KGIA zu rekrutieren. Aber kommen wir zum Kern eurer Mühen. Wenn will ich nicht? Ich denke wir können den Rabenmund aussortieren, weniger wegen seinem Skandal, sondern ich halte eine Verbindung mit dem Haus Rabenmund für nicht opportun. Auch der Almadaner kommt nicht in Frage. Der Harmamund ist zu alt, außerdem hat Cayas Schwägerin Calderina bereits einen Almadaner aus einstigem Grafenhaus geehelicht. Wir wollen doch Almada nicht überforteilen. Was den hübschen Pandlaril angeht, so sollte ich wohl eine Ehe ohne Rahjafreuden durchleben, denn wie wir alle wissen, wird keine Frau den Weidener glücklich machen – und er auch keine Frau – sondern eher Nedimes Onkel. Und was das Bornland angeht, ein Bronnjar der keinen Meskinnes mag, ist mir suspekt.“

Somit waren Rondrian Blasius vom Eberstamm, Danos Gero von Luring-Gareth, Roban von Ehrenstein, Etillian von Perricum, Hlûthar Diemut Greifax von Gratenfels, Badmar Gerbald ui Bennain, Ramin Eorcaïdos von Aimar-Gor und Tolmario Silem von Aralzin noch im Rennen.

Yrsya beauftragte ihre Freundinnen weiterer Informationen über die verbliebenden Kandidaten einzuholen.




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10. Ron 1046 BF
Aus Zwölf werden Acht


Kapitel 1

Aus Acht werden Vier
Autor: Bega