Geschichten:Die Rückkehr der Pfortensteiner - Heiße Stimmung auf der Hochzeit
04. Travia 1044 BF, Gut Berstenbein, abends
Die Hochzeitsfeierlichkeiten waren in vollem Gang. Bereits am Vormittag fand die eigentliche Zeremonie statt, die von der Traviageweihten des Marktes Berstenbein durchgeführt wurde. Ebenfalls waren Albin und Rassia von Radewitz in ihrer Rolle als Geweihte vor Ort, um dem Paar im Namen Rondras und Rahjas den Segen zu geben und die Gerüchte wollten nicht verstummen, dass auch ein Geweihter des Grauen zugegen war, der dem Paar seinen Segen gab.
So war der Vormittag und allgemein der größte Teil des Tages vorübergegangen und das Brautpaar, die Famlienangehörigen sowie die weiteren geladenen Gäste feierten und lachten miteinander und ließen das Brautpaar hochleben.
Die Feier selbst fand auf Wunsch von Xaviera nicht auf der Burg statt - ganz hatte sich der Zeitplan für die Renovierungen sehr zu Kolkjas Verdruss doch nicht einhalten lassen. So hatte er schließlich zähneknirschend zugestimmt, die Feierlichkeiten doch auf Gut Berstenbein stattfinden zu lassen.
Nach all dem Trubel der letzten Stunden gab es nun tatsächlich ein paar Minuten, die das Brautpaar für sich hatte.
“Sag, mein Liebster Göttergatte, hast du deinen Vetter Ischtan die letzten Stunden eigentlich gesehen?”
“Das letzte Mal beim Hauptgang, seitdem tatsächlich nicht mehr, warum?”
“Liebster Kolkja, ich hatte den Eindruck, dass er sich mit meiner Brautjungfer sehr gut verstand - auch diese habe ich schon einige Zeit nicht mehr gesehen…”
“Ah, da mach dir keine Sorgen, die werden sich schon zu beschäf… Was ist denn das?”
Außerhalb des Gutes, im Marktflecken Berstenbein, schien Hektik ausgebrochen zu sein. Man hörte Geschrei, Hufgetrappel und andere Geräusche, die so gar nicht zu dem idyllischen Abend passten.
“Was geht da vor sich?” fragte Xaviera ein wenig irritiert.
“Wenn ich es nicht besser wüßte würde ich sagen, wir bekommen späten Besuch von ungebetenen Gästen. Schnell!”
Kolkja und seine frisch vermählte Braut eilten zurück zu den anderen. Kolkja eilte zu den Waffenknechten des Gutes, da traf auch schon ein Bote aus dem Ort ein:
“Euer Wohlgeboren, es ist schrecklich! Ein Überfall auf den Ort erfolgt, der Hof von Schulze Godebrodt steht schon lichterloh in Flammen und andernorts bedienen sie sich wie es ihnen gefällt!!”
Kolkja hieb die Faust in die andere Hand. “Welche Farben?”
“Herr, sie tragen gelb und grün, einer hatte einen Schild mit drei Blättern auf gelb”
“Diese götterlosen Halunken! Kann man denn noch nicht mal in Ruhe Hochzeit feiern, bei Rahja? Schnell, zu den Waffen!” rief er nach dem Bericht den Waffenknechten zu. Dann eilte er zur Hochzeitsgesellschaft, um diese zu warnen.
“Liebe Gäste! Es tut mir sehr leid, unsere gesellige Runde so rüde zu unterbrechen, doch gibt es Kunde, dass die widerlichen Erlenfaller unsere Hochzeit nutzen, um einen Überfall auf Berstenbein durchzuführen. Da man diesen Widerlingen alles zutrauen muss habt Acht auf euch. Ich habe den Waffenknechten schon Anweisungen gegeben und hoffe, dass sie so viel Anstand haben, uns hier in Ruhe zu lassen, rechne allerdings nicht damit.
Aus der Menge war eine Stimme zu hören. “Ich hab es doch gleich gesagt. Absagen hättet ihr die Hochzeit sollen!” Cassia keifte schon den ganzen Abend vor sich hin und nahm den Überfall zum Anlass, ihren Unmut nun auch laut zu äußern. Die umgebenden Radewitzer, aber auch die Pfortensteiner ignorierten ihr Verhalten recht diplomatisch, doch nun, als sie zunehmend über die Hochzeit, Kolkja, aber auch die Pfortensteiner lästerte, wurde Unmut laut. Doch da wurde die Aufmerksamkeit schon in Richtung des Tores gelenkt, denn dort entstand Aufruhr.
“Schnell! Ans Tor!” Kolkja eilte mitsamt einigen Waffenknechten zum Tor, dort waren andere Waffenknechte schon dabei, Eindringlinge zurückzuhalten. Ein Ritter, gewandet in die Erlenfaller Farben, saß an ihrer Spitze zu Pferde, begleitet von einigen Waffenknechten mit Spießen und Armbrüsten. “Seid Ihr der Junker hier? Radewitz?”
“Wer will das wissen?” erwiderte Kolkja und ging durch die Menge nach vorn, dicht begleitet von seinen Getreuen.
“Lechmin von Erlenfall ist mein Name. Ich bringe Euch beste Familiengrüße unserer Familie und wünsche Euch alles Gute zur Vermählung, Radewitz! Augen auf bei der Brautwahl, kann ich nur sagen!” erwiderte sie stolz, spöttisch.
Kolkja schaute sie ernst an. “Lechmin von Erlenfall also. Dann weiß ich ja, wem ich die Dankeskarte für diese … freundlichen Hochzeitsgrüße schicken darf. Und da Ihr ritterlich seid, habt ihr gleich ein paar weitere Gäste mitgebracht, damit ihr in der Überzahl seid, wie ehrenhaft.”
Ein Wort wechselte das andere, viele der Anwesenden musterten den Schlagabtausch und die Spannung, die in der Luft lag, stieg geradezu greifbar an.
Während Kolkja von Radewitz und Lechmin von Erlenfall in ihr Wortgefecht verstrickt waren, gab es auf einmal Unruhe unter den Gästen. Cassia drängte sich durch die Anwesenden nach vorne. “Lass mich durch! Niemand stört ungestraft die Hochzeit meines Neffen!”
Sie lief zeternd auf Lechmin zu und machte sich daran, diese vom Pferd zu ziehen, begleitet von einigen unflätigen Kommentaren, die unter anderem Vermutungen über die Verwandschftsverhältnisse der Pfortensteiner untereinander und zu diversen Nutztieren enthielten. Ein Schwall aus dem Brunneneimer, den sie sich in ihrer Rage geschnappt hatte, ergoß sich auf die Erlenfallerin, dann hieb sie mit dem Eimer nach dem ungebetenen Gast.
Doch allzu weit kam sie nicht. Ein Armbrustbolzen steckte plötzlich in ihrer Brust. Es wurde totenstill auf dem Hof, auch Kolkja und die Erlenfallerin hielten inne.
Dann brach der Tumult los. Waffen wurden gezogen, Kämpfe entbrannten. Die Erlenfaller waren vorbereitet, doch der plötzliche Ausbruch der Gewalt war eher zu ihrem Nachteil. Schon bald wandten sich die Erlenfaller auf das Signal ihrer Anführerin zur Flucht.
“Wir sehen uns wieder, Radewitzer!” sie hielt sich den blutenden Arm, an dem Kolkja sie erwischt hatte, dann setzte sie sich an die Spitze des Haufens und zog ab.
“Das will ich hoffen, damit ich dir deine hässliche Rübe vom Körper hacken kann, Erlenfallerin!” rief ihr Kolkja noch hinterher. Auch er hatte ein paar Treffer kassiert und blutete aus einer Wunde an der Schulter und einer Wunde am Hinterkopf.
Diese Hochzeit würde den Gästen wohl noch lange in Erinnerung bleiben.
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