Geschichten:Die Rabenbrücke - Ein neuer Anlauf

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Villa Casilla, Stadtteil Heldenberg, Reichsstadt Alt-Gareth, Praios 1046 BF:

Schon viel zu lange war es her, dass er sich wegen der Rabenbrücke an den Kaiserhof gewendet hatte. Nicht nur einmal, inzwischen hatte er seine Eingabe bereits vier Mal gemacht und wartete noch immer auf eine Entscheidung des Reisenden Hofes. Mit der Ernennung eines Großfürsten bot sich ihm jedoch endlich eine neue Möglichkeit. Das kaiserliche Privileg der Brücke für die Reichsstraße bestand, somit konnte der Hof der Kaiserin hier, in der geeigneten Interpretation, als nicht weiter involviert erachtet werden. Schäden und unrechtmäßige Bereicherung durch garetische Grafschaften, fielen künftig jedoch in die Domäne des Großfürsten. Ein Provinzherr mit einem festen Sitz, eindeutig ein Vorteil, auch wenn sich sein Hof erst arrangieren musste. Allerdings hoffe Basin in dieser Angelegenheit auf einen seiner zahlreichen Kontakte zurückgreifen zu können. Ein Kontakt, der in dieser besonderen Angelegenheit auch noch in einer ausgezeichneten Position saß. Wollte es doch der Zufall oder auch das Engagement gewisser Strömungen, dass der neue Truchsess ein guter Bekannter war, Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor. Reto mochte deutlich älter sein, doch teilten sie gewisse Einstellungen und Ziele, sodass sich schnell über den gegenseitigen politischen Nutzen hinaus eine Freundschaft gebildet hatte.

“Eigentlich wollte ich mit einem guten Freund guten Wein genießen, doch nun habe ich den Truchsess Garetiens vor mir.” Begrüßte Basin Reto freundlich, während sein Page hinter ihm Stand und eine Flasche Wein hielt. Schon bald würde Yasin als Knappe an den Fürstenhof nach Albernia gehen, so fand Basin ihn die richtige Wahl als Begleitung, um dessen Oheim zu treffen. “Doch vielleicht gelingt es mir ja dennoch, mit einem Freund einen Wein zu trinken und zugleich ein wenig zu bewegen.”

“Das Schicksal hat es gut mit uns gemeint, mein lieber Freund.” Reto schmunzelte und nickte seinem Freund zu. Anerkennend, dass auch Basin mit seiner Berufung zum Landvogt der Mark Rommilys seine Karriere weiter vorantrieb - was den großfürstlichen Truchsessen und Reichsvogt Reto in keinster Weise überraschte. Er hatte das Gespür für Macht und für diejenigen, die sie ausübten. “Besonders freut es mich, meinen lieben Neffen Yalsin wieder in die Arme schließen zu dürfen. Er hat sich unter Eurer Obhut prächtig entwickelt. Mein Page Siyandrion und er unterhalten einen regelmäßigen Briefwechsel, sodass ich mit großer Freude seine Entwicklung verfolgen konnte - und somit auch die Eure.”

Nachdem der Wein eingeschenkt war und es sich beide gemütlich gemacht hatten, ließ Basin erst Raum für allgemeine Themen. Erst etwas später kam er auf ein eher geschäftliches Thema zu sprechen. “Es freut mich sehr Euch zu sehen und noch mehr, dass dieses Mal der inspirierende Charakter unserer Unterhaltungen zu verspüren ist. Leider habe ich noch ein Thema, das unser beider Ämter betrifft und das ich schon seit längerem geklärt wissen möchte. Die Rabenbrücke oder vielmehr die Nicht-Rabenbrücke. Seit über einer Dekade ist sie zerstört. Ich möchte nicht abstreiten, dass hier klare Versäumnisse auf Seiten der Rommilyser Mark oder vielmehr der Traivamark liegen - denn man blieb bedauerlicherweise untätig. Allerdings ist es mir als Landvogt, aufgrund ihres provinzverbindenden Charakters, ein einseitiges Vorgehen nicht möglich - zumal es möglicherweise gewisse Verstöße auf garetischer Seite gibt. Umstände, die ich gern mit Euch auf für alle Beteiligten angemessene Weise klären möchte.” Kam Basin letztlich doch auf das Thema zu sprechen, dass ihn seit seiner Bestallung als Landvogt ein Dorn im Auge war.

“Wie wohl, die Rabenbrücke und die Natter sind ein sehr komplexer Themenbereich. Brücke, oder keine Brücke, das ist hier die Frage. Auch in den großgaretischen Landen war dieses Thema höchst präsent. Die Warenströme aus der Reichsstadt Perricum gen Rommilys wurden seit dem Einsturz der Brücke nicht mehr über die Reichsstraße transportiert, sondern über den Zackenländer Landstraße am gegenüberliegenden Ufer des Darpat. Für die Grafschaften Schlund und Hartsteen, beide seit ihrer Trennung durch Rohal den Weisen in mythischen Zwist vereint, ergaben sich daraus ganz eigene Schlussfolgerungen zur Wahrung ihrer Interessen. Oder vielmehr zum UnterGRABEN der Interessen des anderen auf der einen - und ÜberBRÜCKEN auf der anderen Seite.” Der Truchsess und Spross aus altem Khunchomer Grafenhaus grinste amüsiert.

“Natürlich ist die Mark bereit, die Kosten für den Bau der Brücke zu tragen. Schließlich obliegt das Brückenprivileg der Feste Hohenfels. Allerdings wurden die verbliebenen Fundamente auf Geheiß des Grafen des Schlunds abgetragen, etwas wozu, zumindest meiner Rechtsauffassung nach, Seine Hochwohlgeboren keine Befugnis hatte. Zudem errichtete die Grafschaft Hartsteen eine alternative Brücke und erhebt dort Zölle, nach meinem Rechtsverständnis, ebenfalls rechtswidrig. Ich hoffe sehr, dass ich mit Euch eine Lösung finden kann, die für die Markgräfin und den Großfürsten zufriedenstellend ist.”

“Mein lieber Basin, Ihr werdet unseren Großfürsten als gerechten Herrscher erleben, der altes Recht achtet. Doch erlaubt mir einen kühnen Ausritt in die mythische Geschichte der Rabenbrücke und der Natter. Denn es gibt nicht nur politische Erwägungen zu beachten und es war in der Vergangenheit auch nicht nur das Versäumnis oder die Blockade auf der einen oder anderen Seite. Der Zwist der Grafschaften Hartsteen und Schlund begründet sich auf dem uralten Kampf zwischen dem Igelkönig und der Natternkönigin. Dabei wurde die Königin der Nattern, Galavisa genannt, durch mächtige Siegel in das Flussbett der Natter gebannt. Viele Jahrhunderte hielten diese Siegel, doch, durch die Umbrüche der jüngeren Vergangenheit - und die durch Abenteurer, die den Einflüsterungen der Natternkönigin erlangen - wurden diese Siegel eins nach dem anderen gebrochen - bis auf zwei. Was das mit der Rabenbrücke zu tun hat? Eines dieser Siegel lag in den Fundamenten der Brücke. Während es also unsere Aufgabe sein wird, den politischen Sachverhalt zu klären, sollten wir würdige Helden aussenden, um zu ergründen, was der Wiederaufbau der Rabenbrücke für die Siegel und Galavisa zu bedeuten hat.”

Der Richtwalder nickte zustimmend, wenn auch nachdenklich. “Ich weiß nicht, ob es gleich eines oder mehrerer Helden bedarf. Ebenso wenig, wie ich weiß, wie mit Galavisa zu verfahren ist. Aber ja, wir sollten ein paar tapfere Seelen auf diese Queste entsenden und Nachforschungen anstellen lassen. Sofern möglich, vielleicht auch mit Teilnehmern aus den Kirchen oder einer Magierakademie.” Nahm er den Faden von Reto auf und führte ihn weiter.



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10. Pra 1046 BF 12:00:00 Uhr
Ein neuer Anlauf
Was es gilt zu beheben


Kapitel 2

Mit Rohal dem Weisen