Geschichten:Die Samen Argareths – Aufbruch nach Silz

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Goldene Au, Praios 1046 BF

Die Krönungsfeierlichkeiten des Großfürsten und das anschließende Kaiserturnier boten Emer von Heiterfeld, Savertin von Vairningen und Salix von Hardenstatt genügend Zerstreuung.

Emer hatte gierig die Luft am entstehenden Hofe aufgesogen und knapp mit ihrer Mutter per Bote korrespondiert, außerdem ließ sie sich ein Schwertgehänge für das neue Tuzakmesser anfertigen, dass ihr tatsächlich überlassen worden war als Belohnung.

Salix indes, hatte die Zeit für seine eigenen Erledigungen genutzt und einem entfernten Bekannten ein ganz besonderes Mahl zubereitet. Ansonsten hatte er sich an dem Waldsteiner Praiostempel interessiert gezeigt sowie mit einigen Adligen aus dem Reichsforst gesprochen.

Die eindringlichen Worte des Truchsessen noch im Ohr, plante Savertin die Abreise so, dass die Drei wie befohlen am 20. Tage des Praiosmondes in Silz eintreffen würden.

Zuvor nutzte er jedoch die Zeit, die er hatte, um alte Bekannte in der Kaiserstadt zu treffen und einige Zeilen an seine Mutter zu verfassen. Ein zweites Schreiben verfasste er an seinen Vetter Leubrecht, den Brachenwächter wollte er unbedingt an den neusten Gerüchten rund um die Brache teilhaben lassen. Dem Brief bei, legte er den Dolch, den er während ihrer kleinen Queste gefunden hatte. In der Hoffnung, dass ihm dieser bei seiner Pflicht gute Dienste erweisen würde.


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Mit Pferden aus dem großfürstlichen Marschstall führte sie ihr Weg erst nach Burg Heiterfeld, wo sie sehr gastlich empfangen wurden und nächtigten.

In der gemütlichen, lichtdurchfluteten Burg inmitten der wogenden Felder der Goldenen Au hatte man es sich gut gehen lassen. Die typisch-sprichwörtliche Heiterkeit der Familie atmete aus jeder Pore des Gemäuers und der dort lebenden Menschen, das war ansteckend gewesen und Emer hatte ihren Gefährten das ganze stolz und voller Freude präsentiert.

Salix ließ sich alles genauestens zeigen und genoss sichtlich die Art der Heiterfelder. Als guter Gast, hatte er dem Junker eine Auswahl an eslamsgrunder Marzipan mitgebracht und sich für dessen Gastfreundschaft bedankt. Nebenbei ließ er sich ein bisschen in die Lokalpolitik einführen.

Auch Savertin hatte sich den Hof interessiert angesehen. Das Blut seiner Familie mochte alt sein, doch die Linie in Garetien hatte erst in den letzten Götterläufen die Verantwortung der Lehensführung übernommen und so war er möglichst unterschiedlichen und zahlreichen Einblicken in dieses wichtige Thema nicht abgeneigt.

Frisch ausgeruht brachten ihre Pferde sie am nächsten Tag quer durch die Baronie Rallerspfort - mit einem kleinen Zwischenhalt in der gleichnamigen Stadt - ins Waldsteinische. In der Stadt Leihenbutt kehrten sie ein und fanden im Gasthaus "Zum weißen Hirsch" direkt am Marktplatz einen guten Platz für die Nacht, sowie eine reichhaltige Mahlzeit. Während der Fehdejahre wurde die Stadt von einigen Fehdeparteien als Umschlags- und Handelsplatz für Waffen und Ausrüstung genutzt, was nicht wenige Silbermünzen in das Stadtsäckel gespült hatte. Doch dieses Silber floss nicht mehr.

Bemerkenswert war der Tempel der Erneuerung. Der neue Tempel der Tsa wurde am nördlichen Ufer des Püschelbachs, gegenüber der Marktinsel, errichtet. Der große Tempelbau aus Holz war in den Farben des Regenbogens gestrichen und ansonsten eher schlicht, erfreute sich allerdings über regen Zulauf der Stadtbewohner. So wurden sie Zeuge, wie die wortgewandte Tsa-Geweihte Alruna Salmfang energisch die städtische Freiheit pries und gegen die Willkür der Adelsherrschaft wetterte.

Nach der Befreiung Leihenbutts von der Namenlosenbuhlerin Simiona – und auch der blutigen garetischen Fehde - war vor allem die ewig wandelbare Tsa die in Leihenbutt die größte Verehrung erfuhr, was sich auch in den Ansichten der Bürger widerspiegelte. Der adligen Obrigkeit wurde seither im großen Maße misstraut und der Stadtrat verteidigte mit aller Härte die wiedergewonnene Freiheit gegenüber dem Baron. Zugleich sahen sich die Leihenbutter als letzte Bastion der Zivilisation vor dem verwunschenen Reichsforst. Mit Kopfschütteln sahen sie auf die Bewohner von Tannwirk und Silz herab. In ihren Augen waren diese alle mit Waldschraten und anderen Waldkreaturen im Bunde.

Durch viel Zeit bei Hofe, hatte sich der Vairninger daran gewöhnt, nicht zu zeigen oder auszusprechen, was er sich dachte. Doch das Gebaren der Leihenbutter und die große Verehrung für die wandelbare Tsa mochte im Sinne der Wandelbarkeit zu begrüßen sein, Führung und Herrschaft sollten dann am Ende aber wohl doch in den Händen des Adels und des Herren Praios oder den ritterlichen Händen der Sturmleuin liegen. Ganz besonders, wenn es eine Vergangenheit mit Namenlosen Umtrieben gibt.

Die zur Schau gestellte Überlegenheit gegenüber den Waldsteinern, belächelte er innerlich aufs Herzlichste - denn für Kaisermärker konnte bereits Leihenbutt diesem Bild entsprechen.

Emer hingegen neugierig sowohl auf den hiesigen Tsa-Kult, als auch auf die Bewohner des Forstes, wenn auch mit respektvollem Abstand, sie war eine bodenständige Adlige, die dem Land und den ihnen nahestehenden Göttern huldigte.


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Die Gruppe verließ Leihenbutt aus dem nördlichen Tor. Von hier aus mussten sie den Elfenpfad, auf dem sie immer wieder Ritter des Sturmflug-Ordens antrafen, nur noch ein paar Meilen zum besagten Marktflecken Tannwirk folgen. Dem Vorschlag vom Truchsess folgend, kehrten sie im Gasthaus „Zur Goldenen Gans“ ein. Das Gasthaus war nicht nur ein gutes Wirtshaus, wie sie bald feststellten, sondern auch der hiesige Travia-Tempel. Herbergsmutter und vorstehende Geweihte Mutter Herdlinde war eine resolute ältere Dame, die mit ihrer um einiges jüngeren Gemahlin Traviata Gänselieb auch für das leibliche Wohl der Gäste sorgte. Das Bier war gut, der Eintopf fantastisch und die Preise waren schon fast lachhaft gering, allerdings wurde von wohlhabenderen und adligen Gästen eine angemessene Spende erwartet. Die Savertin bereitwillig für ihre kleine Reisegesellschaft großzügig leistete.

Das Gasthaus war in einem schmucken, zweistöckigem Fachwerkhaus untergebracht, dessen Holzbalken mit traviagefälligen Schnitzereien verziert waren. Über dem Eingang hing das namensgebende Schild einer vergoldeten Gans. Der Schankraum, der gleichzeitig auch als Andachtsraum während der Messen diente, war im Erdgeschoss. Im ersten Stock war ein großer Schlafsaal, der Platz für 20 Reisende. Die Übernachtung war kostenlos, aber auch hier wurde eine Spende erwartet.

Während die Gruppe den reichhaltigen Eintopf genoss, näherte sich ihrem Tisch ein blonder Mann. Seine spitzen Ohren verrieten, dass er einen ordentlichen Schuss Elfenblut in sich trug – vermutlich war er ein Feytala, ein Menschelf, oder Halbelf, wie Auswärtige zu sagen pflegten.

„Meine Herren, meine Dame!“ Der Feytala deutete eine übertriebene Verbeugung an. „Willkommen im wuchernden Wald. Mein Name ist Isfarion Morgentanz, ich bin Händler und Gaukler. Und ja, ich habe euch bereits erwartet.“ Mit einem süffisanten Lächeln blickte er in die Runde. „Mir wurde aufgetragen, euch nach Silz zu geleiten. Wie es der Zufall will, habe ich mit meinem Handelszug das gleiche Ziel.“

Emer war freudig überrascht über das Anliegen Isfarions, sicherlich wäre ein Fremdenführer auf dem Elfenpfad durch den verwunschenen Wald hilfreich, sie fragte sich ob der Truchsess ihn auf sie angesetzt hatte.

Salix musterte den Halbelf etwas, lächelte dann aber freundlich, “welch schöner… Zufall, Herr Morgentanz. Bitte setzt Euch doch, damit wir alles weitere besprechen können”. Mit einer Handbewegung zeigte er auf einen der leeren Plätze. “Dies sind meine Gefährten, Emer von Heiterfeld”, er deutete auf die Dame, “und Savertin von Vairningen”, er zeigte auf den Herrn. “Mein Name ist Salix von Hardenstatt, sagt werter Freund, wer vom Silzer Hof schickt Euch?”.

“Der Landvogt natürlich!”, antwortete der Halbelf mit einem Lächeln.

“Ah, ich verstehe”, nickte Salix scheinbar zufrieden mit der Antwort. “Dann hoffe ich doch, dass wir mit eurer Hilfe weder Opfer von wilden Tieren, noch von einer Bande Strauchdiebe werden. Zumindest Letztere sollen sich ja seit geraumer Zeit ebenfalls im dichten Walde tummeln”.

“Auch mich freut es, deine Bekanntschaft zu machen, Isfarion. Doch lass es meine Neugierde sein, wie kommt es, dass du uns erwartet hast?” Freundlich willkommen geheißen zu werden und einen Führer zu haben, waren schön. Doch blindes Vertrauen, gerade bei Begegnungen wie dieser, konnten an anderen Orten Deres zu jähen, äußerst üblen Überraschungen führen und so obsiegte in Misstrauen über Wohlwollen.

“Das Rauschen der Blätter hat von eurer Ankunft gekündet, so würde es zumindest unsere Elfengräfin ausdrücken.” Mit deutlich ernsterem Unterton fuhr Isfarion fort. “Die Reste des Mittwaldes sind gefährlich, besonders dieser Tage. Von einem Augenblick auf den nächsten wechseln Bäume ihre Position, ganze Pfade und Wege wuchern zu. Hungrige Wölfe fallen über Mensch und Tier her und rücksichtslose Räuberbanden überfallen Reisende oder gar ganze Handelszüge. Es sollte niemand ohne Begleitung durch den Wald reisen, glaubt mir!”

Emer, eine gute Menschenkennerin, nickte und begrüßte Isfarion mit einem Handschlag, der sich darüber etwas wunderte. Sie glaubte ihm. “Da sprecht Ihr wahre Worte, vielleicht war dieses Rauschen der Blätter, ja ein Rauschen der Papierblätter und wir wurden angekündigt?” Emer lachte herzlich auf und gedachte die Stimmung damit aufzulockern. Was es auch tat, die Skepsis verflog und man tauschte sich aus, wie man gemeinsam reisen würde, was auch die letzten Zweifel zerstreute.